MICHAEL SCHENKER GROUP - Speyer
Konzert vom 06.05.2022
Support: EVERDAWN
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MICHAEL SCHENKER
EVERDAWN
Tourneepläne und auch die Tour-Albumzuordnung wurden durch die Pandemie arg durcheinander gerüttelt. So habe viel Acts noch nicht die Songs vom letzten Album live vorstellen können, bevor das nächste erscheint, oder die Veröffentlichung erfolgt kurz nach der Tournee. So auch beim deutschen Gitarrengott, dessen „Universal“ am 27. Dieses Monats erscheint. Darüber hinaus gab es auch das fünfzigste Jubiläum seiner ersten Scheibe, „Lonesome Crow“ mit den SCORPIONS zu feiern. Mehr Anlässe benötigt die Konzertreise der MICHAEL SCHENKER GROUP auch nicht, die in der Halle 101 am Speyerer Rheinufer Halt machte.
Beim Betreten der Halle fiel das kleine Drumkit vor dem großen Riser auf und ein paar Sidedrops, von einer Vorband hatte ich nichts gelesen, man ließ sich überraschen. Schon als die Band loslegte hatte man das Gefühl, ihr melodischer Metal würde nicht so ganz zum Headliner passen. Als die später dazu stoßende Frontfrau Alina Gavrilenko loslegte verfestigte sich diese Meinung. Als geschulter Opernsopran blieb sie ganz ihrem Metier treu und jubilierte in höchsten Tönen. Seit NIGHTWISH sicher eine gelungene Mischung, für die auf klassischere Rockklänge gepolten Zuschauer jedoch nicht das Wahre.
Mir hätte das zugesagt, wenn EVERDAWN dieses Genre gut rübergebracht hätten, doch so wenig sie in das Billing passten, so wenig passte bei ihrem Auftritt zusammen. Fangen wir mit der Sängerin an, die es in vielerlei Hinsicht übertrieb. Dass sich klassische Klänge und Metal gut vertragen, haben schon ganze Armeen an Musikern unter Beweise gestellt, doch das verbindende Element wurde an dem Abend vermisst, zu sehr schmetterte sie typische Arien von der Rampe runter. Da fehlten einfach die Melodien, die sich festsetzen, das wirkte zu statisch, zu getragen, es kam nichts in den Fluss.
Auch ihr Sexappeal stellte sie zu sehr in den Vordergrund, man musste wirklich befürchten dass sich ihre Oberweite selbstständig machte. Enges Leder ist keine Seltenheit i dem Business, hohe Ansätze ebenso, doch das wirkte alles zu offensichtlich und sich anpreisend. Zumal die gute Alina zwar ein hübsches Mädchen ist, aber über wenig Ausstrahlung verfügt, weder von der Optik noch von der Stimme, die einfach nicht berühren konnte, so gut sie auch ausgebildet ist. Wenn ich als Künstler ernst genommen werden will, dann darf ich mich nicht so geben, das sendete teilweise echt die falschen Signale aus.
Das sie oft zu präsent war, lag ebenso am Mischer, der keine Transparenz hinein bekam. Zwar waren die Keyboards von Boris Zaks gut zu vernehmen, dafür jedoch die sechs Saiten von Richard Fischer nur bei seinen Soli zu hören, die Rhythmusgitarren gingen ziemlich unter. Auch ein Dimebag Signature-Modell von Dean fand ich etwas überzogen für diese Art metallischer Beschallung, wobei man als Ehrenrettung anmerken muss, dass der langjährige Schenker –Sidekick Wayne Findlay die selbe Klampfe spielt.
Was ebenso auffiel war dass Schlagwerker Dan Prestrup es nie vermochte die Soli oder was man von den Riffs hörte zu akzentuieren. Unter seinem Kopfhörer bekam er scheinbar nur die Clicktracks mit und nicht was seine Mitstreiter spielten. Konzentrierte sich der Zuhörer nur auf ihn, war das ganz gut anzuschauen, doch seine Arrangements gingen am Material vorbei. So kann man eben keine Songs voran treiben, egal wie schnell man auf das Kit eindrischt. Doch Timingschwankungen zogen sich ohnehin durch den ganze Gig.
Was man EVERDAWN eines nicht vorwerfen kann, dann das Engagement auf der Bühne, denn neben Fischer gab auch Viersaiter Alan D´Angelo richtig Gas und beackerte die Bühne. Oft poste er mit der umtriebigen Gavrilenko oder seinem Gitarristen, und suchte auch den Draht zu den Leuten da draußen. Doch den fanden weder die Fünf noch ihr Material vom Erstling „Cleopatra“ wie der Titeltrack, „Stranded In Bangalore“ oder „Heart Like A Lion“.
Ein Versuch die Leute wenigstens zum Mitklatschen zu bewegen verpuffte, beim zweiten Anlauf klappte es dann, zwischen den Liedern gab es Höflichkeitsapplaus. Dennoch wirft es die Frage auf, ob man keinen potenteren Support ziehen konnte, da hätte sich genug angeboten. Dass man die Formation einst aus MIDNIGHT ETERNAL mit Mike LePond am Bass aus der Taufe hob, ist mir als Grund zu dürftig, oder hat Endorser Dean nachgeholfen. Egal wie, warm war der Fan danach nicht.
Ein ganz anderes Bild gab der Hauptact des Abends ab, schon mit Erlöschen des Saallichts gingen die Anfeuerungen los, kaum einer, der nicht schon laut klatschte. Als Schenker auftauchte wurde es nochmal lauter, bevor sich dieser an sein Publikum wendete, was zweierlei verwunderlich war. Zuerst einmal lassen Musiker erst mal die Musik sprechen, zum anderen meldete sich die Legende eigentlich nie zu Wort, ein Indiz für seine gewonnene Selbstsicherheit der letzten Jahre. Seine Widmung für Ted McKenna war ihm wichtig, bevor es mit dem Instrumental vom MICHAEL SCHENKER FEST losging.
Als Einstimmung sehr gut geeignet, da die Menge voll da war, aber eben nicht komplett gefordert wurde. Das schnelle Tempo ließ die ersten Headbanger ihre Köpfe kreisen, die feinen Gitarrenmelodien bewiesen, dass er sein Händchen dafür nicht verloren hat. Auf dem Fuß folgte die nächste Überraschung, als Robin McAuley die Bühne betrat, man hatte eher Ronnie Romero erwartet. So stand fast das gesamte „Save Yourself“-Line-Up auf den Brettern, wobei man sich fragt, warum Steve Mann nicht noch seinen LIONHEART-Kumpel Rocky Newton am Bass eigeladen hat.
Das nährte die Hoffnung auf Titel aus der MCAULEY SCHENKER GROUP-Ära, doch leider muss der Rezensent weiter auf den Titeltrack von besagtem Longplayer warten. Das war aber nun wirklich der einzige klitzekleine Wermutstropfen, was angesichts des riesigen Angebots an Krachern zu verschmerzen war. Zu je einem Drittel bestand das Set aus Nummern der frühen MSG-Ära, Auszügen der jüngsten Releases, sowie natürlich UFO-Klassikern, welche zumeist in der Zugabe raus gefeuert wurden.
Man muss es Künstler zugestehen, dass sie auch ihre aktuellen Sachen bringen, anstatt nur ein Best Of-Programm durchzuziehen. Zumal sich speziell die Beiträge vom eher schwächeren „Immortal“ live viel besser präsentierten. Bei den Sachen aus den frühen Achtzigern waren nur die drei aus dem ersten MSG-Album gesetzt, bei den anderen Scheiben packte man dicke Überraschungen aus, schön solch seltene Perlen auch mal wieder erleben zu dürfen.
Auf den Opener folgten direkt mal ganz dicke Kracher und die Halle kochte. Ich muss zugeben, dass es sich erstmals seit Beginn dieser Leidenszeit für so viele wieder genauso anfühlte wie früher, wie es richtig ist. Die Unbeschwertheit war zurück, die große Euphorie, alles wurde abgefeiert. Alleine das Duell zwischen McAuley und Schenker im zweiten Song zaubert nach vierzig Jahren noch eine Gänsehaut.
Wer dann noch als drittes Lied einen so unsterblichen Klassiker servieren kann, ist sich seiner Sache sicher und kann das auch sein, wenn man alles so richtig macht wie in den zwei Stunden. Fast jeder Musiker würde für einen solchen Hammer töten, den eine nicht unbedeutende Metalband bis heute als Introtape laufen lässt, und ihn sich bis zum End aufsparen. MICHAEL SCHENKER hat das nicht nötig, er weiß auch was er in der Hinterhand hat, die Fans hingegen rasteten schier aus.
Was nicht nur an der langen Abstinenz von Präsenzkonzerten lag, sondern an der Darbietung der Truppe, die so viel Dampf in den Kesseln hatte. Mit seinen fast siebzig Jahren ist McAuley immer noch unglaublich bei Stimme, was er in den letzten Jahren schon mit BLACK SWAN bewies. Sein klares Timbre passt am besten zum gesamten Spektrum der Karriere seines Masterminds und wusste vor allem im melodischen Bereich zu überzeugen. Aus einer kleinen Ballade wie „After The Rain“ machte er ein emotionales Feuerwerk. Dazu verfügt er über die Ausstrahlung und Bühnenpräsenz, um das Publikum mitzureißen, zu dem er immer wieder engen Kontakt auf den Risern vor der Bühne suchte.
Steve Mann sprang in seinen weißen Turnschuhen sprichwörtlich fit zwischen seinen Keyboards und der Rampe hin und her und gab es als Rhythmusgitarrist richtig Druck hinter die Songs. Sein Bandleader überließ ihm sogar ein paar Soli, welche er ein Stück weit erdiger interpretierte. Neben ihm war Barend Curbois am Langholz ebenso viel unterwegs, wenngleich er ein wenig grimmiger dreinschaute.
Das hat er wohl bei BLIND GUARDIAN so gelernt, dass er hier mehr Möglichkeiten im Stageacting hat, schien aber zu gefallen. Immer wieder zielte er mit seinem Instrument in Richtung der Zuschauer, manchmal auch alle drei Saitenartisten zusammen in einer Reihe. Warum er jedoch bis zur Zugabe seine Jake anließ weiß nur er, durchgeschwitzt waren die meisten vor und auf der Bühne schon nach wenigen Songs.
Hinten zeigte sein Rhythmuskollege Bodo Schopf kraftvoll wie man Rockmusik richtig trommelt. Gerade in den Achtziger war sein knalliges Spiel absolut passend und auch heute noch kommt er genau dort auf den Punkt, wo die Betonung hin muss. Das trieb die Kompositionen so wunderbar voran, dass die Nackenmuskulatur einfach in Wallung kommen musste. Vor allem wenn die Becken mächtig schepperten gingen die Fäuste im in der Menge nach oben.
Ob der Mainman selbst seine Mitstreiter mit seiner Spiellaune ansteckte oder umgekehrt lässt sich nicht sagen, aber der Spaß bei der Sache war allen anzumerken, streckenweise spielte man sich in einen Rausch. Für Schenker war der ganze Gig ein Rausch, die heutige Lockerheit war vor ein paar Jahren nicht unbedingt zu erwarten. Ständig hatte er ein spitzbübisches Grinsen im Gesicht, obwohl die Flying V fest auf seinem rechten Oberschenkel saß war er viel mehr unterwegs als früher. Am schönsten jedoch zu sehen, wie er das sichtlich genoss, mit einer derartigen Energie war er schon lange nicht mehr unterwegs gewesen.
Sein Spiel war sowieso magisch, man könnte ihm permanent nur auf die Finger schauen, wenn man nicht so davon animiert wäre gnadenlos mitzugehen. Möglicherweise wiederhole ich mich, aber die Leichtigkeit mit der seine Finger über das Griffbrett wandern ist unfassbar. Ultraflinke Soli und Läufe gehen ihm von der Hand als wäre es Nichts, als würde das einfach so entstehen. Öfter riss er seine Axt nach oben, hielt sie mit einer Hand zwischen den Flügeln und tappte mit der anderen brillant über den Hals.
Dabei lehnte er den Oberkörper weit zurück zur ikonischen Pose. Ganz großartig, dass er aber keinen reinen Shredder gab, sondern gerade im melodischen Spiel so einen traumhaften Ton an den Tag legte, dass man darin versinken konnte. Meister aller Klassen, für mich der beste Gitarrist den dieses Land je hatte. Komplette Vollgasversorgung, eine einzige Party am Ende, die Band und Publikum erschöpft aber glücklich zurück ließ. Das Leben hat uns wieder!
Setlist MICHAEL SCHENKER GROUP:
Ascension
Cry For The Nations
Doctor Doctor
Sleeping With The Lights On
Looking For Love
Warrior
Into The Arena
In Search Of The Peace Of Mind
Red Sky
Emergency
Lights Out
After The Rain
Armed And Ready
Sail The Darkness
Rock You To The Ground
A King Has Gone
Rock Bottom
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Shoot Shoot
Let It Roll
Natural Thing
Too Hot To Handle
Only You Can Rock Me
Weiter Fotos von der Show gibt es >hier<