ROCK DOWN THE LOCK DOWN 2
Festival vom 02. - 03.09.22
Bands: PESTILENCE, BURDEN OF GRIEF, MORTAL TERROR, REAPER, BURNING HELLMET, TOXIN u.v.m.
Homepage: MASTERS OF CASSEL
Zeit, beim Kasseler Gipfeltreffen aufzuschlagen. Die Vorfreude auf dieses ganz besondere Wochenend-Stelldichein der Kasseler Metalszene war groß, doch gesundheitliche Umstände zwangen das rezessierende Individuum gerade am zweiten Tag etwas kürzer zu treten, um Kräfte zu schonen und für künftige Aktionen wieder fit zu werden. Der Bericht wäre somit wesentlich umfangreicher geworden. Ungeachtet der Umstände war es wieder fein, und ein Erlebnis das MASTERS OF CASSEL obgleich es sich offizell ROCK DOWN THE LOCK DOWN-schimpft, mitzunehmen. Und es gab wieder einiges sehens und erlebenswerte, wovon es zu berichten gilt. Allein das für ein solches Festival immens weitflächig von der Firma Auditiv GmbH Event & Medientechnik GmbH die auf Licht und Tontechnik für Veranstalter spezialisiert ist für dieses 2-Tage -Spektakel zur Verfügung gestellte Gelände war schon beeindruckend.
Festival-Freitag, 2.9.2022
SOLACE
Gegen 17:20 in Kassel Auditiv-Gelände, Gobietstraße 4 angekommen, weht uns mit SOLACE gleich mal eine kräftige Brise Melodic Death Metal mit heißerem Shouting um die Ohren, aufgelockert durch satten Thrash und klassische Heavy Metal-Schule. Als erste Band im Billing hat man im Regelfall die A-Karte gezogen, es ist immer ein schwieriges Unterfangen Festivals zu eröffnen, gerade zu der Zeit, wenn noch nicht viel Publikum anwesend ist.
SOLACE machen das beste draus, ihren Job selbst ohne ihre heute aus verständlichem Grund fehlende Bassistin Nettie (sie ist Mama geworden) gut, mit der sie normalerweise zu fünft agieren, obwohl sie für ihre gelungen dargebotene Mischung aus Heavy und Death-Thrash mehr Publikum verdient hätten. Kein schlechter Auftakt für den RDTLD-Freitag im Autiditiv-Gelände!
HELLFORCE
bilden mit ihrem schwarz angehauchten Oldschool Death Metal mit unterkühlt nordischer Kante die gelungene Steigerung, wobei REAPER-Schlagzeuger Jan am Bass alle Register zieht, um die Düstere Grundstimmung des HELLFORCE-Songmaterials mit herben Deathgrowls grimmig rüber zu bringen was ihm gelingt. Eingeleitet durch bedrohlich zugleich heroisches Flüstern wird bei „As Stormy Clouds Embraced the Dark We Walked the Path of Endless Life“ von Anfang an das volle Brett gefahren wobei der Black Metal-Anstrich unüberhörbar zum Vorschein kommt. Im Hessentagsjahr 2008 gegründet, gibt’s bei HELLFORCE kräftig was auf die Ohren. Damit wird’s exzessiv heavy.
Mit ihrem 'Wir tun was uns gefällt Pippi Langstrumpf-Rock' - wie sie ihr Motto selbst bezeichnen, sind HELLFORCE echte Sympathieträger in der Härtner-Szene. Dank des saustarken Studioalbums 'The Eternal Night' im Koffer geht auch live on Stage immens viel. Florian, Chris und Jan fahren eine wahnsinnig druckvolle Heavyness, zwischendurch übernimmt Florian das Growlen, von Gesang zu sprechen wäre in etwa so als würde man AC/DC mit CANNIBAL CORPSE vergleichen. Schlagzeuger Jannik der exakt wie ein Schweizer Uhrwerk seinem Beckenlandschaft saures gibt sorgt für geballten Druck an Fellen hinter der Schießbude. Die obligatorisch der Fanmeute im Set gereichte Flasche Jack Daniels-Cola darf natürlich nicht fehlen, sie wird erwartungsgemäß geleert. Mein Ego enthält sich bewußt des hochprozentigen Whiskys. „The White Rabbit“ sorgt keineswegs für romantische Momente, was harmlos klingt, führt in eine Welt Bizarrer Abgründe. Das MOTÖRHEAD-Cover „Rock Out“ passt optimal in den Set, knallt amtlich fett.
Drummer Jannik, dessen Bartlänge mittlerweile etwa 70 – 75 cm erreicht schlägt eine imposant deftig brutale Kelle. Auch bei HELLFORCE könnte es trotz durchschlagskräftigem Gastspiels vor heimischer Kulisse zahlenmässig noch mehr Publikum geben, obwohl so einige zuckende und Headbangende Bewegungen im Auditorium zu verzeichnen sind. Zur Halbzeit vom HELLFORCE-Gig wacht das Publikum dann endlich auf. HELLFORCE haben wie gewohnt ihr Ding gemacht, bisher bei jedem ihrer Gigs überzeugt. Das Signal ist unüberhörbar deutlich gesetzt. Nachfolgende Bands werden alles geben müssen...
BURNING HELMET
machen kein langes Trara, kommen gleich zur Sache. „Rats n' Roaches läutet den Auftritt riffrockmässig ein, ein satt in die vollen gehendes „Pile“ folgt. „Porn, Pork & Alcohol“ befasst sich mit der schmutzigen Seite des Lebens, „Lamento Mori“ lässt mit der Ansage „Die nächste Nummer handelt vom Frustsaufen gegen Alkohol“, reichlich Sarkasmus durchblicken. Schade das der Kantige Fetzer „Rum Pal Rods“ heute fehlt, aber hey, - scheissegal! Gitarrist Daniel, Bassist Mike, Sänger Graf von Thaler und Drummer Ru Dee haben Spaß am Rock n' Roll. Kassels finest in Sachen Progressive ProllRock zeigen einmal mehr, wie wichtig Improvisation, Spielfreude und interaktive Publikumskommunikation sind, um tatsächlich etwas zu bewirken. Das tun BURNING HELLMET alle acht Songs gehen vorüber wie im Flug. Alterspräsi Daniel besser bekannt als REAPER-Bandkopf holt aus seiner Klampfe alles raus, was möglich ist, zu dessen weiteren Betätigungsfeldern das Harte Blues/Rock-Trio 600 POUNDS und mittlerweile auch die Kaotysk-Metaller CHAOS PATH gehören. Sänger Graf von Thaler ist entspannt locker auf den Brettern, geht konzentriert zu Werke. Dick Tator alias Bassist Mike rockt und groovt zusammen mit Ex-PANDEMIC-Schlagzeuger Ru Dee im straighten Rhythmusverbund, dass es eine Freude ist. Let's destroy The Stage... with BURNING HELLMET! Die IRON MAIDEN-Klassiker-Hymne „Wrathchild“ im prollrockig aufgepäppelten BURNING HELLMET-Sound-gewand gehört zum festen Stamminventar eines jeden Gigs der Brennenden Höllenmetaller.
Florian Bauer, Bassist von BURDEN OF GRIEF, ATOMWINTER-Vocalist und Gitarrist bei HELLFORCE kommt mit Rosa Plastikgitarre auf die Bühne, um gute Stimmung bei „An Alley“ unter den auf dem Platz anwesenden zu verbreiten. Da hat wohl das J.B.O.-Konzert Ende August in Kassel gewaltig abgefärbt..! Zunächst wird im AC/DC Sidestep gerockt, dann setzt Florian sich einen Cowboyhut auf dem Kopf, bangt zwischendurch mit der Band um die Wette posiert dann plötzlich neben dem Schlagzeug und am Schluß die Luftgitarre symbolisch (angedeutet) zerstörend wie es früher VENOM taten, gehört dieser Showteil in die Rubrik 'Besonderheiten'. Die Nummer darf darin sind sich Rezensent und Fan gleichermaßen einig, gern fester Bestandteil im BURNING HELLMET-Set werden... verdienter Applaus für Band & Gastauftritt signalisieren deutlich: Abwechslung liegt in der Vielseitigkeit. Zur Bandhymne „Burning Hellmet“ wird nocheinmal lauthals zum Refrain (We're Burning Hellmet, my Soul is on Fire!“ mitgegröhlt und Faust gereckt, ehe das in und auswendig vom Die Hard-Fanblock mitgesungene RAMONES-Cover „Pet Sematary“ den Gig fließend relaxt von der Kette gelassen, ausklingen lässt. - Toll!
Als bis dato überzeugendste Band ernten BURNING HELLMET am Ende verdient Zugaberufe nicht nur seitens des von dem Gig hellauf begeisterten Fanblocks vor der Bühne, der spätestens zur Hälfte so richtig in Stimmung gekommen war, gerne noch mehr von BURNING HELLMET gehört und gesehen hätte. - Guter Auftritt der sympathischen Progressive Proll Rocker (was heißt hier „progressiv“, hä?) mit nachhaltiger Wirkung, auch wenn die Zugabe aus zeitlichen Gründen leider entfällt.
MESMERIZED
schaffen es trotz dreijähiger Liveabstinenz nocheinmal mehr Leute auf den Platz im Auditiv-Gelände zu ziehen als die Progressive Prollrocker BURNING HELLMET, was allerdings nicht allein der neongelben Klampfe geschuldet ist, die innerhalb des gesamten Auftritts zum Einsatz kommend einen optischen Hingucker bietet. Progressive Musik und progressive Gitarren in entsprechender Farbe, da kommen einem unverzichtbare Genregrößen vom Kaliber PSYCHOTIC WALTZ/FATES WARNING in den Sinn.
Sänger Sebastian dankt zwischendurch Veranstalter Dirk und seinem Team für die Auftrittsmöglichkeit. Flotter Power-Thrash und klassische Progressive Metalanteile halten sich bei MESMERIZED gekonnt die Waage, obwohl ich den ehemaligen MESMERIZED-Sänger Armin vermisse, dessen Entertainerqualitäten der Band bei jedem Auftritt etwas besonderes gaben, was allerdings die Leistung von Sebastian keineswegs schmälert, der mit lockeren Ansagen glänzend auch als Linkshänder eine hervorragende Axt zu spielen weiß. Zwischendurch gönnt sich Sebastian mal einen Schluck aus der Bierhülse, um seine stark beanspruchten Stimmbänder zu ölen auch Epic-Parts wollen erstmal gesungen werden.
Mittels jahrelang harter Arbeit sowie diversen Liveauftritten ist die Prog-Thrash-Institution als wichtiges Bindeglied zwischen klassischem Heavy Metal und extremer Gitarrenklänge der härteren Gangart für die Kasseler Metalszene nicht mehr wegzudenken. Somit schaffen sie es dann erstmals dafür zu sorgen, dass sich die Reihen vor der Bühne allmählich schließen und der Bewegungsradius trotz guter BURNING HELLMET-Vorstellung noch um einiges zunimmt. Headbangen, Fäuste, Hörnergabel, ausgelassene Stimmung und mit „Face Of The World“ dem Titeltrack vom 2016er Album wird alles geboten, was ein echter Metalgig braucht. Am Schluß lässt sich hierfür eines bilanzieren: - Gut gemacht, MESMERIZED!
BURDEN OF GRIEF
den Co.-Headliner-Slot zu geben erwies sich als geschickter Schachzug von Veranstalter Dirk. Auf den um 20:40 beginnenden 45-Minuten Gig hat sich meinereiner schon lange gefreut. Das Publikum auf dem Platz findet sich sogar um einiges zahlreicher als bei MESMERIZED wo der Platz schon gut besucht war, ein. Die Burdens als echter Top-Act in Sachen Stageacting packen auf das bisher von MESMERIZED vorgelegte Level noch locker ein bis zwei Schippen drauf. So gut eingespielt wie seit dem grandiosen Abriss mit TANKARD und PRIPJAT in Kassel sowie dem gnadenlos brutal aus allen Rohren feuernden Live-Abriss als eine gewisse Piraten-Crew den Soundcheck maßlos überzog während die BURDENS ohne Soundcheck auf die Bühne mussten, sich all den Frust von der Seele spielten, um anschließend einen ihrer besten Auftritte überhaupt auf die Bretter zu legen! So vital präsentiert sich die die kompakt aufspielende Fünfertruppe auch in heimischen Gefilden. Mit neuem Merchandise im Gepäck, BURDEN OF GRIEF wurden 1994 gegründet, wie auf den aktuellen auch optisch recht eindrucksvoll wirkenden Bandshirts hinten drauf steht, starten die Death Metaller abermals voll durch. 28 Jahre BURDEN OF GRIEF, Mööönsch, das ist doch schon mal ein Wort!
Verstärkt durch die beiden neuen Gesichter im Team, NIGHTBEARER/HATE FORCE ONE Drummer Manuel von Sänger Mike Huhmann scherzeshalber als 'Manuela' bezeichnet und sein ebenfalls bei NIGHTBEARER/HATE FORCE ONE als Gitarrist aktiver Bandkollege Dominik Hellmuth, der zusammen mit BURDEN OF GRIEF-Gründungsmitglied Philipp Hanfland und Bassist Florian Bauer eine hervorragend abgestimmte zudem immens durchschlagskräftige Gitarrenachse bildet präsentiert sich die gesamte Band als gefestigte arschtight harmonierende Einheit, deren Label qualitativ gewaltig weit nach oben geklettert ist. BURDEN OF GRIEF sind immer eine sichere Bank. Die Gitarren bilden zusammen mit gewonnener Sicherheit an den Instrumenten eine mächtige Wall of Sound die Großkalibern im Death/Thrash Metalsektor keinen Deut nachsteht! Fleißiges Touren zahlt sich aus. BURDEN OF GRIEF sind seit ihrem letzten 2018er Studioalbum "Eye Of The Storm" merklich gereift und seit geraumer Zeit soviel steht fest, eine Klasse für sich. Sie können es mit jeder Thrash oder Death Metalband aufnehmen, selbst wenn sie aus der Elchtodregion im hohen Norden Skandinaviens aus Deutschland, oder dem intensiven Bay Area Thrashbereich kommt.
Spätestens zu BURDEN OF GRIEF rotieren und wirbeln fleißig viele Mähnen im Takt, alle fünf Musiker sind extrem gut motiviert. Zwischendurch bildet sich schon mal ein tanzender kleiner Circle-Pit. Sänger Mike Huhmann der sich stimmlich immens verbessert hat, springt von der Bühne um mit dem ein oder anderen Fan gemeinsam den Kopf zu schütteln. Florian greift sich das Mikro, fordert die Leute abermals wie andere Bands zuvor auf, Veranstalter Dirk & dessen Team für die Ausrichtung eines tollen Festivals zu danken, berechtigten Applaus zu spendieren.
Wie heftig arschtight BURDEN OF GRIEF geworden sind, zeigen Death Metal-Hämmer wie das von Shouter Mike Huhmann mit den Worten „Jetzt kommt ein sehr altes Stück, doch es ist nicht das älteste...“ angekündigte „The Nightmare Within“ - ein aus der BURDEN OF GRIEF-Setlist nicht mehr wegzudenkender Bandklassiker (!)oder ein hervorragend umgesetztes 'Burn My Eyes'-Cover von den Oakland Thrashern MACHINE HEAD, wo die Luft im wahrsten Sinne des Wortes regelrecht brennt, während die Headbanger-Fraktion volle Lotte aus sich herausgeht sämtliche Haare fliegen lässt, was die Mähne hergibt. Mit Eintreten der Abend dämmerung folgt der Übergang zur Dunkelheit und es wird Nacht. Da für ihn selbst aufgrund heftig akut schmerzender Halswirbelmuskelzerrung extrem viel Schonung angesagt ist, hält sich der Verfasser obwohl von der in allen Belangen immens packenden BURDEN OF GRIEF-Live-Performance restlos begeistert aus verständlichem Grund obwohl es innerlich kein Gramm weniger schmerzt, es nicht tun zu können, mit Headbangen zurück. - Logo - Gesundheit geht vor!
BURDEN OF GRIEF lieferten erneut hervorragend ab mit einem Top-Set, der nicht nur ihren Status im Billing eindrucksvoll untermauert, sondern genügend Leute vor dem Headliner, der holländischen Death-Thrash-Legende PESTILENCE auf den Platz lockt, womit sich die Reihen schließen. Wie gut der Auftritt gewesen ist, zeigt sich am zahlreich für den Headliner auf dem Platz anwesenden Publikum, dessen Brachialität schon zu 80er Zeiten gefürchtet war... Das war nicht nur eine extrem fette Session, sondern geradezu die Ansage für den Headliner. Ein Hammer-Gig! Unangefochten die beste Band am Rock Down The Lock Down Freitag. Yeah!
PESTILENCE
geben als letzte Band am Rock Down The Lock Down-Freitag nach verzögertem Soundcheck, (techniche Probleme am Schlagzeug) wodurch sich der Zeitfaktor ungeplant nach hinten verschiebt, mächtig Gas, das kein Auge trocken bleibt. Dafür haben sie genügend Death-Thrash-Hämmer einschließlich brutal verzerrtem Gesang am Start, die das Publikum noch einmal kräftig mitreissen.
Aus der einstigen 1986 als Death/Thrash Metal-Band gestarteten, später mittels Line Up-Wechseln und zwei durchstandenen Bandauszeiten zur Progressive Death Metalband gewordenen Urformation ist einzig Sänger/Gitarrist Patrick Mameli übrig, der seiner verkürzten Axt zahlreich sägende Riffs entlockend zusammen mit seinem Konterpart an der zweiten Gitarre Rutger Noordenburg, Bassist Jost van der Graaf, Schlagzeuger Michiel van der Pflicht und dem auf der linken Seite mit der auffälligen Camouflage Tarnfarben-Gitarre für den zweiten optischen Farbtupfer vom Tage besorgt, mächtig brutal in die Saiten haut.
Im Publikum befinden sich extra für diesen Auftritt in Kassel mitgereiste Holländische Fans. PESTILENCE machen vom Beginn an keine Gefangenen, werden dem ihnen voraus eilenden Ruf durchaus gerecht, obwohl mit Patrick Mameli nur noch einer aus der bewährten 80er-Formation übrig ist, der sein Abrisskommando anführt, füllt sich der Platz erwartungsgemäß mit Leuten Verdienter Sieger des Freitags! Das Publikum bekommt eine kompromisslose Oldschool-Thrash/Death Metal Kante die auch vereinzelter Progressiv-Einflüsse auf technisch sauberstem Niveau nicht abgeneigt ist, um die Ohren gehauen. Patrick Mameli's verzerrtes Organ aus heißerem Brüllen und garstigem Shouting röhrt noch genauso ruppig wie in den 80ern.
Gitarrist Rutger Noordenburg ist ein sympathischer Zeitgenosse, schüttelt Hände, verteilt Gitarrenplekten und muntert die Fans obwohl es um die Regelungen des Ordnungsamts einzuhalten keine Zugabe mehr gibt, nach dem Gig ein wenig auf.
Am Rande bemerkt:
Hier muss ich mal eine Kritik loswerden, die sich gerade an diejenigen Leute aus der Region richtet, die sich gerne damit brüsten auf Festivals zu gehen. Wo sind all die vielen Nasen, die sich in den vergangen Jahren ständig auf Rock am Stück in Fritzlar tummelten, und feierten wie die Weltmeister als gäbe es danach kein Morgen mehr, bloß geblieben? Nur weil Rock am Stück ausfällt, heißt das nicht, andere wesentlich kleinere, dennoch billingtechnisch eindrucksvoll bestückte Festivals zu ignorieren statt zu unterstützen. Gleiches gilt auch für Leute, die sonst selbst unabhängig der aktuellen Situation kurioserweise auf anderen Festivals ähnlicher Größenordnung u. a. in Südhessen oder irgend sonstwo am Arsch der Welt bis im tiefsten Bayern zu finden sind. Das ist keine Einstellung, sondern enttäuschend schwach; es zeigt, dass sich die Metalszene künftig nur stärken kann, wenn sie sich selbst aus eigener Kraft hilft. Dazu gehören alle Komponenten letzten Endes auch diejenige wofür Bands & Veranstalter den ganzen Aufwand betreiben, etwas zu organisieren sich auf die Bühne stellen und sich gelinde formuliert, den Arsch abzuspielen - nämlich für euch Fans! Dafür zeigt der Daumen klar nach unten. Verwunderlich ist ebenso, dass zu späterer Zeit am Getränkestand nur zwei Leute hinterm Bedienungstresen stehen obwohl die beiden letzten Bands auf der Bühne schwitzen, deren Publikumsfrequenz höher als bei allen anderen Bands ist. Wie auch immer. Mit Cola und Orangenlimo sowie dem Gefühl eines insgesamt lohnenswerten Festivaltag 1 treten wir den Heimweg an...
Fazit: Ein gelugnener Festival-Freitag. Trotz guter Performances von SOLACE, HELLFORCE und MESMERIZED hießen die Tagessieger eindeutig die beiden Bands mit dem 'B' im Namenslogo: BURNING HELLMET und BURDEN OF GRIEF und natürlich gemessen an der Resonanz der unumstrittene am meisten Volk auf den Platz lockende und nocheinmal ne fette Session auf die Bretter legende Headliner PESTILENCE, deren Death/Thrashgebretter in Kombination zu verschachtelt eingebauten Progressive-Sequenzen durchweg überzeugte.
Festival-Samstag, 3.9.2022
Da wir es erst gegen Nachmittag schaffen, in Kassel einzutreffen während es bereits zu früher Mittagszeit losgeht, werden bedauerlicherweise die ersten Bands verpasst. VERDERBNIS, CELEBRATE HATE, FUTURE SHOCK und WAGNIS. Immerhin steht mit CHAOS PATH, MORTAL TERROR und REAPER danach ein reichlich gewichtiges Triple auf dem Programm, das zumindest ein wenig darüber hinweg tröstet, das definitiv zu viel vom Nachmittag verloren ging. Nun ja, Shit happens..!
CHAOS PATH
Die Katoysk-Metaller kommen pünktlich zur besten Nachmittagszeit auf die Bühne, wirken mit ihrer finster wie aggressiv gestimmten Mischung aus Death Black, Thrash, Viking-, Doom- und klassischem Heavy Metal-Anteil einschließlich schwarzweißem Corpsepaint und Shouter Dirk in Mönchskutte wie das Geschehen einer musikalisch finster vertonten schwarzen Messe. Das Podest auf dem das Buch des Chaos liegt, verstärkt diesen Eindruck umso mehr. Weißer Trockeneisnebel passt zur Wetteränderung, es wird kühler. Dunkle Wolken ziehen über die Bühne. CHAOS PATH polarisieren bewusst, was dem Fünfer vortrefflich gelingt. Frontmann Ancient Weapon erweckt durch theatralisch die düsteren Songinhalte von Chaoswalzen Marke "Bloodpath" untermauernde Gestiken Aufmerksamkeit bei der auf das extrem vielseitige Elixier fleißig mitgehenden Fanschaar. Die treu auf die Apokalypse-Metaller eingeschworenen Fans vor der Bühne sind begeistert, wiederum andere staunen oder wissen gar nicht allzu viel damit anzufangen.
Mit der Titelsingle ihrer „The Awakening“ Ep lassen CHAOS PATH die Session düster ummantelt doomig ausklingen. Die durch REAPER/BURNING HELLMET-Gitarrist Daniel Zimmermann verstärkte Combo harmoniert prächtig. Durch ihren druckvollen Sound mit überzeugender Bühnenperformance (die noch einiges mehr an Fanvolk verdient hätte), hinterlassen CHAOS PATH schon mal guten Eindruck.
MORTAL TERROR
Neuer Sänger, Neues Glück? Die Spannung vor dem Auftritt von Kassels Thrash-Institution MORTAL TERROR war beträchtlich. Wie würde sich der neue Sänger machen, wer würde es sein und wäre dieser in der Lage Stefan „Charlie“ Kunth am Mikro zu ersetzen, der zusammen mit Gitarrist Dirk Wieland dem einzigen noch verbliebenen Ur-Mitglied an sämtlichen seit 1986 – 2021 veröffentlichten Bandalben von MORTAL TERROR beteiligt war. Wie macht sich der neue Sänger, passt er in die Band? Fragen über Fragen. Dementsprechend groß ist die damit verbundene Spannung. VILE Vocalist Jan Hoffmann heißt der 'Neue' am Mikro. Mit dem neuen Gesicht am Mikro ist frischer Wind in die Band gekommen. Nicht nur, dass er kräftige Shouts ins Mikro röhrt, sondern auch das Fanvolk der harten Gangart gerne mal zum Mitmachen oder Applaudieren anfeuert. Sein Repertoire einschließlich Mimik, Posen und Gestik verbunden mit den bisher gesammelten Erfahrungen als VILE-Sänger spult er motiviert ab, was prima zum Gesamteindruck passt. Dem entsprechend gut gefüllt ist der Platz.
MORTAL TERROR sind eine sowohl für den Raum Kassel als auch über die Grenzen hinaus wichtige Thrash-Metalband, die dem Sektor Impulse verleiht und aufgrund ihres langen Durchhaltevermögens entsprechend gewürdigt werden sollte. Dies tun viele der zahlreich Anwesenden Besucher die dem Fünfer ihre Aufwartung machen, wobei der Blick gen Bühne gerichtet ist, während vorne fleißig rotierende Matten am Wirbeln sind. Gitarrist Dirk Wieland hat schon seit geraumer Zeit den Hauptgesang stützende Backing Vocals übernommen.
Egal welcher Einfluss auch immer heraushörbar ist: EXODUS, RAZOR, DARK ANGEL, SODOM... die Mischung aus Übersee-Thrash trifft Euro Thrash wird kompakt straight dargeboten. MORTAL TERROR geben bei Granaten vom Kaliber „ Violent Years“ oder dem Thrash n' Roll-Geschoss „Load, Aim, Shoot, Kill“ vom Start weg nur noch Vollgas, spielen sich gewaltig den Arsch ab, die Gitarrensektion dreht wie entfesselt auf und feuert aus allen Rohren. Bassist Gerret „Rox“ Geilich und Matthias Grauer bilden eine schlagstarke Rhythmussektion die ihren dichten Soundteppich legt. MORTAL TERROR ernten verdientermaßen die beste Publikumsresonanz des zweiten Rock Down The Lock-Down Tages.
Der neue für den Voränger ins Team gekommene Frontmann hat sich seit geraumer Zeit den Spitznamen 'Praktikant' zugelegt. Als ein solcher wirkt das Nesthäkchen in der Band eher nicht, obwohl es sicher noch so einiges zu lernen gibt, passt der Neue gut ins Team, ebenso schafft er es auf eigene nicht immer Thrash Metaltypische Weise Stimmung ins Publikum zu bringen, wodurch der jüngste im Team schon etwas aus dem Rahmen fällt, was bei einer Thrashband vom Kaliber MORTAL TERROR nicht unbedingt der Normalfall ist. Mit der Bandhymne 'Mortal Terror' wird ein gewaltiger Abriss im Auditiv-Gelände hervorragend beendet, während die Thrasher donnernden Applaus zum Abschied bekommen. Auch der Rezesent dieser Zeilen ist von dem knüppelharten Oldschool-Thrashinferno schwerstens angetan. 36 Jahre Underground Thrash und kein bisschen leise stehen MORTAL TERROR immer noch voll im Saft, die Äxte quietschen, röhren, kreischen unentwegt.
Für willkommene Abkühlung sorgt zwischendurch einsetzender Regen, der die Scheiß-Hitzetemparaturen absinken lässt. Lieber kühl und nass als heiß und platt. Was für ein knüppelhart-amtliches Oldschool-Thrash-Bett, nach dem sich auch die Parallel im gleichen Genre aktive Kasseler Thrash-Legende TOXIN erheblich strecken müsste, um das zu übertreffen, eventuelle gar noch einen draufzusetzen. Das wäre ein interessanter Direktvergleich geworden. Weil das große 'C' die Rechnung durchkreuzte, mussten TOXIN ihren ROCK DOWN THE LOCK DOWN-Auftritt absagen, was für viele Fans, die sich auf die Band gefreut hatten, schade ist, doch aufgrund gegebener Umstände nicht zu ändern. Die nächste nach MORTAL TERROR auf die Bühne müssende Band würde es gewaltig schwer haben...
REAPER
bekommen Anfangs noch Soundprobleme, die nach dem Einstieg „Realms Of Chaos“ behoben sind. Das Kasseler Quartett bleibt sich in Sachen unberechenbarer Songauswahl konsequentermaßen treu, denn es ist nie gesagt, was kommt. Die Gelegenheit beim Rock Down The Lock Down-Auftritt wird genutzt, um selteneres Material zu bringen. Das beginnende Auftaktdoppel „Realms of Chaos“/“Horse Brigade“ ist dem 2014er Output gewidmet, im Publikum bleibt es relativ ruhig und verhalten.
Das ab Hälfte der Zeit folgend heroische „Jerusalem“ setzt nachdenklich machende Momente und bringt allmählich mehr Stimmung auf den Platz, die mit „The Legacy“ gehalten wird. „Garden Of Delights“ und „Wonders In The Dark“ ergänzen sich wie das Gitarrenteam Daniel Zimmermann/Benni Meike passend hintereinander folgend und werden kräftig abgefeiert.
Den letzten Song (zugleich einen der besten REAPERtoire) kündigt Bassist Mathias "Mäffju" Kraft mit ehrlichen Worten in Trauerstimmung an: „Letzte Woche verstarben meine Nichte sie war 53 Jahre alt und ein langjähriger Freund und Arbeitskollege mit 61. Dafür widmen wir ihnen den Song „The Raven“ und schicken sie damit als Begleitung auf die letzte Reise.“ (R.I.P.). Ein trauriger Abschluß der nachdenklich machend Erinnerungen weckt, deshalb wird auf Zugabe verzichtet, was den Umständen Rechnung tragend verständlich ist.
Auch wenn es nach einem so heftig brutalen Brett wie es MORTAL TERROR verabreichten extrem schwierig war, danach auf die Bühne zu müssen: REAPER haben ihren Job erwartungsgemäß amtlich erledigt, sich wacker geschlagen, was einmal mehr für die Qualitäten des 1984 gegründeten, seit 38 Jahren bestehenden Kasseler Heavy Metal-Urgesteins spricht, dass für Nordhessens Metalszene unverzichtbar ist. Wie gern würde ich das Kasseler Quartett mal auf dem Hochland-Rock (Welferode) live on Stage sehen...
Am späteren Abend kommen auch die Hardcore-Fans mit PLIZZKEN, SCHEISSE MINELLI und der Kasseler Hardcore-Legende RYKERS zu ihrem Recht. Da TOXIN die zwischen drei Hardcore-Bands antreten müssten, leider entfallen und meine Gesundheit mir empfiehlt zu ruhen, zumal drei Bands erwähnter Schiene mindestens eine zuviel sind, trete ich zusammen mit meinen Leuten den Heimweg an, um den Sonntag Nacken- und Rückenschonend für dringend erforderliche Genesung aufzuheben. Am Schluß vom Festivaltag 2 bleibt folgendes...
Fazit: Ein zeitlich für mich begrenzter, dennoch gehaltvoller Festival-Samstag
Festival-Nachwort:
Dass die Kasseler Metalszene nicht nur in Nordhessen eine wichtige Heavy Metal-Hochburg ist, egal ob klassischer Heavy Metal bis extrem Thrash/Death/Black oder Doom-Metal hat das Wochenende gezeigt. Neben empfehlenswerten Bands jüngeren Datums wie FUTURE SHOCK oder WAGNIS, die dort auftraten, haben gerade die alten Szenedinos gezeigt, dass mit ihnen, so lange sie Musik machen, immer zu rechnen ist, was auch gern so bleiben darf. Am Ende steht für das ROCK DOWN THE LOCK DOWN-Festival - ein Prädikat am Schluß: Besonders Wertvoll! Bei dieser Gelegenheit gilt es Konzertveranstalter Dirk Schneider, Diana Schneider, dem gesamten 98 RECORDS Team sowie allen Helfern von meiner Seite noch ein dickes Lob und großes DANKE zu sagen für zwei erstklassig organisierte Festival-Tage, einschließlich flexibler Getränkeauswahl und leckerem Essen. - Top! Was Ihr auf die Beine stellt, ist für die Heavy Metal-Region im Raum Nordhessen einschließlich Kassel – unersetzbar! Auf ein neues 2023... wenn möglich wieder auf dem Auditiv-Gelände?
Bericht + Fotos: Michael Toscher