SEPULTURA - Wiesbaden
Konzert vom 21.11.2022
Support: CROWBAR, SACRED REICH
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SEPULTURA
SACRED REICH
CROWBAR
„Quadra“ ist schon einige Zeit draußen, auch etwaige Zusatzreleases. Leider war es den Brasilianern bisher nicht möglich, ihr aktuelles Album live vorzustellen, mehrere Mal wurde das Package verschoben. Dabei war dieses ein gefundenes Fressen für Fans der härteren Gangart im Metal. Neben den südamerikanischen Neo Thrashern standen auch die US-Trasher SACRED REICH und die New Orleans-Sludger CROWBAR, die einzigem mit neuem Material auf dem Programm. Nach ihrer gemeinsamen US-Tour beackerte der Tross den gesamten Kontinent und machte zum Abschluss im Wiesbadener Schlachthof Station.
CROWBAR
Zu recht früher Stunde musste die sicherlich langsamste Band des Billings auf die Bühne, zu früh für FFM-ROCK, der Auftakt wurde verpasst. Die Halle war schon gut gefüllt, der Vierer konnte viele eigene Fans im Auditorium verorten. Zwar war der hintere Bereich abgehangen, doch davor was es bereits beim Opener kuschelig. Im Mittelpunkt stand natürlich Frontmann Kirk Windstein, das Szeneoriginal, das schon in vielen Projekten seine Finger hatte.
Dabei gehört er nicht zu den umtriebigsten Musikern auf der Bühne, klemmte lieber hinter seinem Mikro, röchelte wahlweise seine schwerfälligen Vocals heraus oder zockte die Soli runter. Gerade der Gesang ist zwar sehr eigen, trägt aber wie an dem Abend perfekt die Atmosphäre der Songs. Das schleppte sich alles zäh daher, die Gitarren türmten sich mächtig auf, aber die ersten Nackenmuskeln im Publikum begannen sich eben sehr langsam warm zu machen.
Kein Wunder, gab die Truppe laut Setlist direkt zu Beginn ein paar alte Klassiker auf die Ohren, damit holt man die Menge immer ab. Erst später folgten mit „Bleeding From Every Hole“ und „Chemical Godz“ zwei Stücke vom brandneuen „Zero And Below“. Aus der mittleren Phase hatten CROWBAR kaum was im Gepäck, gegen Ende kamen dann wieder die beiden frühen Album zum Zuge und hoben das Stimmungslevel noch weiter an.
Da war der gute Kirk auf vorne an der Rampe zu sehen und nahm den Applaus zufrieden entgegen und machte ein paar längere Ansprachen. Als agiler erwiesen sich seine Nebenleute, Shane Wesley schlurfte mit seinem Bass lässig umher und auf der linken Seite zeigte Matthew Brunson Gitarrenakrobatik, Positionswechsel waren aber Seltenheit. Die Musik ist auch nicht darauf ausgelegt, sondern auf Intensität, die beim starken Auftakt zu spüren war.
SACRED REICH
Danach zog das Tempo gleich mehrere Gänge an, zum Gassenhauer „The Boys Are Back In Town“ kamen die Jungs wieder zurück in die Stadt. Wobei Sänger und Bassist Phil Rind den innerlichen Jungen nie hinter sich gelassen hat. Die Freude mit welcher er immer wieder über die Bretter turnt ist einfach ansteckend, er verkörpert die positive Attitüde, die im Slogan „Peacecore“ manifestiert ist. Das Grinsen bekam er in den ganzen fünfzig Minuten nicht aus dem Gesicht, wenn er nicht gerade singen musste bangte er wie wild zu den pfeilschnellen Riffs.
Oder er spazierte alle Seiten der Bühne ab, feuerte die Menge an und ließ sich auch gerne feiern. Hinterm Mikro gerieten seine Ansagen schon mal ausufernd, dabei beschwor er gerne den Geist des Heavy Metal, er liebt und lebt einfach diese Szene und den Zusammenhalt. Einen Redeschwall stellten auch seine Vocals dar, unglaublich wie er das allabendlich hinbekommt, da kommt der geneigte Fan beim Mitsingen nicht hinterher. Einer der ganz große Sympathieträger, der heute musikalisch so sicher wirkt.
Ebenso unermüdlich, nicht nur jung geblieben, sondern selbst fast noch jugendlich ist Joey Radziwill, der nie stillstand, permanent seine Matte schüttelte und wie wild auf die Saiten eindrosch. Dabei strahlte er die selbe Spielfreude aus wie sein Frontmann. Für ihn muss ein Traum wahr geworden, in so jungem Alter in eine solche Band einsteigen zu können und mit ihnen um die Welt zu reisen. Man merkte wie er das alles den Anhängern versucht zurück zu geben.
Sein Axtpartner Wiley Arnett ließ es zumindest vom Stageacting her lässiger angehen und setzte eher auf breitbeinige Posen. Seine Finger waren aber ebenso flott unterwegs wie die seiner Mitstreiter, gerade bei den Soli shredderte er nach Herzenslust, die ihm auch anzusehen war. Selbst hinten hinter der Schießbude war dem Brille tragenden Dave McClain der Spaß an der Sache anzusehen. Der wechselte gekonnt zwischen stumpfem Antreiben und schönen Rolls.
Mit einer solch engagierten Leistung mauserten sich SACRED REICH fast zum Headliner des Herzens, die ersten Pits wurden in der Mitte eröffnet. Selbst wenn es ob der Rasanz schwerfiel wurden viele Lieder mitgesungen, der Schlachthof ging richtig steil, Musiker und Fans feuerten sich gegenseitig an. Profitieren konnte die Formation auch von an dem Abend durchweg starken Sound, der unfassbar ballerte. Wo die anderen Acts eher auf typisches Metalinstrumentarium setzten, zogen die Phoenix-Boys eher Gibson-Gitarren vor, die obendrein herrlich braten.
Das gebotene Programm konnte sich auch sehen lassen, früh gab es zwei Auszüge von „The American Way“, darunter die legendäre Halbballade. Ansonsten waren nur noch ein paar lange Solotöne von Arnett als Tempodrosselung auszumachen. Es sollten allerdings die zwei einzigen Nummern daraus bleiben, was als minimaler Minuspunkt gewertet werden kann. Den Fokus behielten Rind & Co. klar auf dem Comebackalbum „Awakening“, dass die Hälfte des Sets ausmachte, sonst waren auch alle notwendigen Hits am Start, inklusive des Titeltracks der ersten EP als krönenden Abschluss.
Setlist SACRED REICH:
Divide & Conquer
The American Way
Manifest Reality
Who´s To Blame
Killing Machine
Awakening
Independent
Salvation
Death Squad
Surf Nicaragua
SEPULTURA
Da musste sich der Topact mächtig anstrengen, um einen drauf legen zu können, doch mit den Hits in der Hinterhand, die noch einen größeren Ruf haben, sollte das kein Problem sein. Zumal der Opener von „Quadra“ als Showeinstieg auch fein thrashte, bevor dann eine „Chaos A.D.“-Rakete gezündet wurde. So holt man natürlich die Leute ab, das Körpergulasch weitere sich noch mehr aus, die Lautstärke von der Meute schwoll auch nochmal an. Klar hat jene Formation auch mal bessere Zeiten gesehen, doch in den letzten Jahren konnte der Vierer wieder etwas Boden gut machen.
Als Pendant zu Phil Rind tat sich hier Andreas Kisser hervor, welcher den meisten Kontakt zum Publikum hatte, er übernahm auch einige Ansagen. Zumeist war er noch weiter vorne zu finden als sein Frontmann, hielt dabei stets Blickkontakt zu den ersten Reihen oder feuerte die Leute an. Ihm schien es riesigen Spaß zu machen, jede Reaktion wurde von ihm gefeiert, da wurden die Fäuste freundlich in Richtung der Zuschauer geballt oder die Arme in die Luft geworfen.
Spielerisch war der Mann ebenso eine Klasse für sich, der das Ganze wie gewohnt mit nur eine Axt sehr gut meisterte. Dabei hatte er die gesamte Palette drauf, was man so aus sechs Saiten rausholen kann. Die thrashigen Riffs der alten Faves von „Arise“ gingen ihm mit viel Esprit von der Hand, ebenso die dicken Grooves. Bei den Soli brachte er noch mehr Dynamik als Wiley Arnett zuvor, von pfeilschnell ging es direkt zu den Lärmorgien über, bei denen er seine Jackson einfach vibrieren ließ.
Derick Green musste sich ganz schön strecken, um neben dem sympathischen Dauerläufer nicht alt auszusehen. Da nützt ihm seine imposante Erscheinung, mit der er die große Bühne zu füllen wusste, ebenso seine ausladende Gestik, die öfter auch szenefremd anmutete. Wie Kisser baute er bei den Ansagen immer wieder ein paar Brocken deutsch ein, die laut bejubelt wurden. Meter auf der Bühne fraß er auch genug, immer ein Unruheherd, der sich auf sein gewaltiges Organ verlassen konnte und alles in Grund und Boden brüllte.
Eher den ruhigen Background legte Paulo Xisto Jr. auf seinen vier Saiten an, die er auf der linken Seite bearbeitete. Green kam ab und an zu ihm rüber, wo beide gemeinsam posten und lenkte die Aufmerksamkeit auf ihn als er den Soloteil des quasi „Chaos A.D.“-Titeltracks einleitete. Sein Rhythmuspartner hingegen gab komplett den Duracell-Hasen und zerhackte sein Kit mit unglaublichen Breaks fortwährend zu Kleinholz. Was Eloy Cassagrande da hinter dem Kit abriss artete in Schwerstarbeit aus.
Im Mittelpunkt stand auch hier die aktuelle Scheibe, da es immer noch die Tour dazu war. Die drei großen Alben vom Beginn der Neunziger wurden gleichmäßig im Programm verteilt, zu Enttäuschung vieler blieben die Achtziger-Scheiben komplett außen vor. Lediglich zwei Lieder aus jüngeren Platten schafften es noch zur Aufführung zu kommen. Klar ging bei den Stücken aus der Hochphase am meisten, das neue Material wurde eher mit Interesse zur Kenntnis genommen, zumal einiges sehr experimentell war.
Nach der langen Zwangspause waren alle am letzten Abend voll motiviert, einer der besten Montagabende im Leben von Andreas Kisser. Vor der Zugabe kam noch einmal der gesamte Tourtross inklusive Techniker auf die Bühne und umarmte sich brüderlich, ein sehr schönes Bild. Ebenso schön wie ein paar iranisch stämmige Fans mit der Flagge ihres Volkes Friede und Freiheit demonstriert haben.
Wo wäre ein besserer Ort, um diese Dinge auszuleben als auf einem Rockkonzert, welche zu vielen Menschen auf dieser Welt vorenthalten werden. Wer die Einheit zwischen Künstler und Anhängern an dem Abend wieder erlebt hat, wird erkennen, dass dies ein wichtiger Baustein auf dem Weg zum Frieden ist, die Freude dass dies wieder möglich ist war allen anzusehen. So wurde das Hitfeuerwerk am Ende gnadenlos abgefeiert.
Setlist SEPULTURA:
Isolation
Territory
Means To An End
Capital Enslavement
Kairos
Propaganda
Guardians Of Earth
Last Time
Cut-Throat
Dead Embryonic Cells
Machine Messiah
Infected Voice
Agony Of Defeat
Refuse/Resist
Arise
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Ratamahatta
Roots Bloody Roots