RPWL - Pagney-derrière-Barine

04 rpwl pagney 07Konzert vom 08.04.2023

Support: TANYC

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Die Freisinger hat die Pandemie nicht nur als Musiker, sondern auch als Geschäftsleute getroffen, da ihnen als Labelbesitzer auch die Touren ihrer Schützlinge weg gebrochen sind. Gerade für kleinere Acts ist der Kontakt zum Publikum wichtig, auch um neue Fans zu generieren. Mit dem neuen Album im Rücken geht es nun endlich wieder auf ausgedehnte Tour, welche RPWL einen Monat durch ganz Europa führt. Dabei war die Spielstätte in Frankreich einigermaßen grenznah, weswegen sich FFM-ROCK auf den Weg nach Pagney-derrière-Barine machte. Beim Support bediente man sich in den eigenen Reihen und nahm TANYC mit auf Tour.

Der Autor hörte schon viele Geschichten über den Club „Chez Paulette“ in der tiefsten Provinz, dessen Besitzerin so alt wie die Kneipe selbst ist, welche in dem Jahr dreistellig wird. Man kann es konservativ halten, aber solche Locations braucht die Szene, welche mit einem heutzutage jungen Team den Spirit am Leben erhalten, nicht nur aus reiner Nostalgie. Dabei liegt der Laden in so engen Gassen versteckt, dass ein Anweiser einem am Ortseingang einen Parkplatz zuwies. Drinnen erwies sich der Laden als größer wie gedacht, 500 Zuschauer könnten im Saal hinter den Kneipe Platz finden.

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Und der war auch ordentlich gefüllt, als die Sängerin nur mit Kalle Wallner auf die Bühne kam. Schon alleine mit ihrem weißen Catsuit eine auffällige Erscheinung setzte sie bei ihren Songs eher auf Understatement und subtile Melodien. Jene intonierte sie mit ihrer elfengleichen Stimme wunderbar, die alle Wendungen und Höhen mühelos meisterte.
So entrückt wie teilweise ihre Musik so gebärdete sich die bürgerlich Carmen Tammich getaufte Österreicherin. Oft schwebte sie mit geschlossenen Augen über die Bühne. Die Stimmungen ihrer Titel wie „Smile“ oder „Faster“ sog sie komplett in sich auf. Vielleicht etwas zu distanziert, die Rolle der Frontfrau muss erst noch wachsen bei ihr, den Kontakt zum Publikum fand sie nicht unbedingt, auch weil sie ihn weniger suchte.

Etwas irritierend für die Anwesenden dürfte die viele Konserve gewesen sein, die im Hintergrund vom Band kam, die ätherischen Pop-Beats waren nicht unbedingt die Sache von Proggies. Zwar sorgsam arrangiert und nie aufdringlich, dafür aber vielleicht zu sehr Hintergrundbemalung, zumindest auf den ersten Hördurchgang schälte sich da nichts Nachhaltiges heraus. Die Akzente lagen bei Wallner, der passgenau zu der Sphärik der einzelnen Songs Gitarrenflächen beisteuerte, welche eher an seine Solosachen erinnerten.

So konnte der Sechssaiter weitere Facetten seines Spiels aufbieten. Im Zusammenspiel konnten die beiden den eher simplen Titel viel Dynamik einhauchen. Wobei natürlich der Vokalbeitrag von TANYC im Vordergrund stand, einiges erinnerte im harmonischen Bereich an Balkan-Folklore, wenn Wallner entsprechende Tonfolgen anschlug. Richtig begeistern konnte die Dame, wenn sie ein wenig am Chanson gemahnt intonierte, nicht nur weil man in Frankreich war. Eine Richtung, die sie weiter verfolgen sollte, vielleicht mit mehr echter Instrumentierung, dann wäre das Prog-Volk noch angetaner.

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Die beiden hatten anschließend nicht mal eine Viertelstunde Zeit, um sich auszuruhen und umzuziehen, dann hieß es wieder die Bretter ändern. Der Mann mit dem akuraten Bart und Bürstenschnitt war als Erster wieder oben, und bei der einleitenden Leadmelodie des neuen Drehers in seinem Element. Die gute Carmen hatte von ganz weiß auf ganz schwarz umgesattelt und bekleidete nun neben der nicht minder bezaubernden Caro Van Brünken den Backgroundgesang. Wobei sie beim staccatoartigen Satzgesang jenes Openers mit Yogi Lang ganz nach vorne durften, welchen die Drei perfekt darboten.

Wie schon mit den letzten Alben so wurde auch das aktuelle Konzeptwerk zu Beginn in Gänze präsentiert. Immer schön wenn sich Musiker weiter entwickeln und nicht nur auf die altbekannten Nummern setzen, der Prog-Fan weiß das zu goutieren. Für manche mag das etwas vorhersehbar sein, doch bei den ganzen Facetten der Lieder entdeckt man genug, selbst wenn man die Songreihenfolge schon verinnerlicht hat. Spätestens mit dem Longtrack von „Crime Scene“ hatte man die Menge endgültig gepackt, welche die Formation permanent anfeuerte. So pendelte das Chez Paulette zwischen Aufgehen in den Soundwogen und Alarm dazwischen.

Die Stimmungspalette der Musik war noch viel bunter, was da an Klängen bei gutem Sound zusammen gebastelt wurde, war streckenweise magisch. Dabei waren es bei weitem nicht nur Wallners schöne warme Soli, bei denen er die Töne wunderbar in die Länge zieht. Bei effektiven Licks war er ebenso filigran wie bei breiten Riffs, wenn er sich die Bratpfannen umhängte. Die vielen akustischen Tupfer des neuen Materials wurden indes von Carmen Tannich eingespielt, die noch weitere Talente offenbarte. Wallner poste zudem noch, hob immer wieder sein Spielgerät in die Höhe, während er sich weit zurück lehnte, ohne jetzt den Rockstar raushängen zu lassen.

Der kurzfristig angeheuerte Keyboarder Butsch sorgte links hinten für die perfekte Kulissen, auf der jeder seine Parts zeichnen konnte. Interessant wurde es vor allem, wenn Lang vor ihm die zweite Tastenburg erklomm und sie in der Gemengelage von elektronischen Tupfern, Synthies, Orgel und Piano abhoben, die Moog-Soli als Sahnekirsche obendrauf. Hier konnte man zuschauen, wie die wunderbaren Klanggemälde lebendig entstehen, die Musiker jeden Ton erarbeiteten.
Neu im Bandgefüge war auch Markus Grützner, der schlaksige Bassist stand Wallner in Sachen Lässigkeit in nichts nach. Gerade auf „Crime Scene“ konnte er sich schon gut einbringen und auch an dem Abend viel in die Lieder einbringen. Stets präsent wusste er den Kompositionen zu geben, was sie brauchten, wechselte von den Fingern zum Plektrum und beherrschte sogar das Slappen. Gerade in den ruhigen schwebenden Passagen vermochte er mit punktgenau gesetzten Tönen Spannung zu erzeugen.

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Sein Rhythmuspartner Marc Turiaux legte ebenso diese Lockerheit an den Tag, die proggigen, manchmal fast jazzigen Breaks gelangen in coolem Swing. Vom simplen Takt brach er urplötzlich aus, verschachtelte die Rhythmen, um dann die großen Melodien mit den Becken zu akzentuieren. Jene kamen von Lang, der die Frontrolle immer noch sehr zurückhaltend ausfüllt, eher über die Bühne gleitet, sich an den Tasten wohler fühlt, aber das Publikum zu adressiere wusste.
Unterstützt wurde er dabei ständig von den beiden Damen im Hintergrund, deren sphärische Untermalung am besten mit den Mellotronwolken von Butsch harmonierten. Einige Parts im Leadgesang gestand ihnen der Sänger gerne zu, technisch dürften sie ihm voraus sein. Immer wieder wurden die beiden in die Arrangements eingebunden, das an Hendrix angelehnte Riff des Schlusspunkts von „Crime Scene“ wurde ebenso vokal gedoppelt.
Der gute Yogi ist nunmal die sanfte Stimme und das Gesicht der Band und versucht mit Theatralik seine Geschichten zu untermalen. Bei den neuen fiel das aufgrund der Thematik etwas natürlich schwer, da hätte er öfter den Peter Nicholls oder Lee Dorian auspacken müssen. Dafür erklärte er die Hintergründe der Songs gerne, an dem Abend in eher ungelenkem Französisch, das er vom Blatt ablas, aber für seine Mühen Applaus erntete.

Daran sparte das Auditorium nicht, vor allem als nach dem Exkurs in die Welt der dunklen Seelen der Opener des Debüts gebracht wurde, bei welchem besonders Wallner glänzen konnte. In der Folge waren es etwas viele Stücke vom letzten Longplayer, während „Wanted“ erneut leer ausging. Überraschend wurde mit einem Auszug aus der Leftover-Compilation „Stock“ in die Trickkiste gegriffen, in welches Turiaux ein Drumsolo einschob. Die Klangmagier und ihre Fans steigerten sich zusehends in einen Rauch, der mit dem obligatorischen Schlussakkord nach 130 Minuten sein aus vielen Kehlen mitgesungenes Ende fand.

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Setlist RPWL:
Victim Of Desire
Red Rose
A Cold Spring Day in ´22
Life In A Cage
King Of The World
Another Life Beyond Control
Hole In The Sky
A New World
Light Of The World
What I Really Need
The Gentle Art Of Swimming
Unchain The Earth (The Scientist)
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The Shadow
Roses

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