AXEL RUDI PELL - Saarbrücken
Konzert vom 25.04.2023
Support: AMALGAMA
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AXEL RUDI PELL
AMALGAMA
An seinen Vorgaben ändert der Bochumer nie etwas, so zog er auch in Pandemiezeiten seinen Plan durch, der den Fans alle zwei Jahre ein neues Album beschert. Und die Zwischenspiele wie Cover – oder Balladenalben kamen ebenso zuverlässig. Einzig die Tour musste AXEL RUDI PELL immer wieder verschieben, die Frühjahrstournee um glatte vier Jahre. Nun sollte er in Saarbrücken zusammen mit FIGHTER V, bei denen Local Hero Emmo Acar das Mikro schwingt auf der Bühne stehen, doch der Vorband lief der Gitarrist davon, so dass sie durch AMALGAMA ersetzt wurden.
AMALGAMA
Das international besetzte Projekt war mir bisher noch kein Begriff, etwas seltsam muteten die kleinen Trommeln vorne in der Bühnenmitte an. Als das Licht ausginge erschien plötzlich ein Horrorclown auf der Bühne, legte ein kurzes Solo darauf hin und verschwand mit dem Spielgerät wieder für einige Zeit. Was dies nun mit dem an die Achtzigern angelegten Sound zwischen Hard Rock und Heavy Metal zu tun hat weiß wohl nur der Clown selbst. Stilistisch passte der weit besser zu dem Headliner als zu ihm.
Musikalisch konnte sich das echt sehen lassen, zumal der Saitendehner Alexey Strike eine sehr starke Axt spielte, gerade bei den Soli sein Können unter Beweis stellte. Die Riffs gestaltete er sehr kantig mit einer schönen Eighties-Attitüde, die richtig Laune machte. Ihm zuzusehen war ebenso eine Freude, der Mann brachte eine gewisse Ausstrahlung mit und bot ein paar technische Kabinettstückchen.
Allerdings mangelte es an Harmonie mit Schlagzeuger Tadeusz Riekmann von TYR, der für diese Tour einsprang. Jener spielte hinter dem Song her und konnte so keine Akzente setzen, dabei hätte das Spiel des Gitarristen genau jene benötigt, was beispielsweise Konzerte von Meistern wie Michael Schenker so groß macht. Speziell bei den Soli hielt er nur den Takt und konnte die feurigen Wendungen nicht besser heraus arbeiten.
Sänger Vladislav Ivoylov war ebenso etwas zwiespältig, sein Auftreten etwas klischeebeladen und optisch eher an einem Zirkusdompteur. Dabei konnte er mit einem schönen Tenor in den hardrockigen Passagen gefallen, weil er tolle Melodien vom Stapel ließ. Dahingehend wollten die Screams, wenn das Tempo anzog nicht so recht passen und klangen bemüht wie sein Gesichtsausdruck dabei. Besser auf den Klaus Meine konzentrieren und den Rob Halford zuhause lassen.
Unterstützt wurde er bei Liedern wie „Fight For Freedom“, „Brothers In Rock“ oder „Dark Night“ mindestens von Bassist Mikhail Barshev. Jedoch klangen die mehrstimmigen Passagen nach mehr Stimmen als da tatsächlich an einem Mikro standen, es schienen zusätzliche Vocals vom Band zu kommen. Zumindest bei der letztgenannten Nummer konnte man auch das Publikum für sich gewinnen, ebenso wie beim abschließenden Titeltrack des kommenden „Back To The 80´s“.
Die zeigen alle, dass da kompositorisch Potential vorhanden ist, das nur mal konsequent umgesetzt werden müsste. Und vielleicht auf den Clown verzichten, der später etwa bei „Silly Sacrifice“ wieder auftauchte und eine Keytar bediente, die noch mehr Achtzigerfeeling mit einbrachte. Nur wäre es nicht sinnvoller gleich mit einem normalen Tastenhexer zu spielen, der sich an den Backinggesängen beteiligen könnte? Die Maske, die er später trug erinnerte zudem an ein Schwein, diese Tiere wollen ja einige Religionen nicht mehr auf den Bühnen sehen. Und die Publikumsanimationen wirkten wie eine POWERWOLF-Veralberung, das Publikum reagierte da eher mit Ablehnung, was den musikalischen Beitrag entwertete.
AXEL RUDI PELL
Mit einem ganz anderen Selbstverständnis kam die international besetzte Formation mit dem Opener des aktuellen Drehers auf die Bretter, da waren keine Gimmicks nötig, einfach nur der pure Rock. Was alleine schon an der Ausstrahlung der Akteure liegt, die über all die Jahre auf den Punkt eingespielt, so dass jeder Ton saß, jede Pose. Nun darf niemand vermuten, dass der Fünfer ein einstudiertes Programm runtergebetet, im Gegenteil die Spielfreude war unglaublich, da merkte man einfach, wie viel Spaß es den Muckern machte da oben zu stehen. Bei derart spielerischer Sicherheit kann man eine Extraportion Emotion reinlegen ohne zu überziehen.
Frontmann Johnny Gioeli war zwar wie immer nach dran, wusste sich jedoch stets einzufangen, wenn er wie wild von einer Seite zu anderen rannte, um ja jeden Zuschauer abzuholen. Immer das hektische Kopfnicken, und ebenso das strahlende Lächeln auf den Lippen. Der Sympathieträger hatte auch allen Grund dazu, schließlich feierte die Menge ihn und seine Mitstreiter ab. In einer emotionalen Ansage drückte er aus, was ihm das bedeutet, was bei anderen zur Floskel verkommt, nimmt man ihm sofort ab. Anschließend intonierte er alleine mit Keyboarder Ferdy Doernberg den legendären Übersong von Leonard Cohen, welches ebenfalls von Emotionen und lauten Publikumschören getragen wurde.
Als Frontmann einfach eine Topbesetzung, weswegen er nun schon ein viertel Jahrhundert mit Pell um den Globus reißt. Seine blendende Laune ließen ihn immer in Späße mit seinen Mitmusikern verfallen, welche den Zuschauern zusätzliche Lacher lieferten. Ob nun lockere Sprüche oder ein Ringkampf mit Bassist Volker Krwaczak, der Mann hatte den Schalk im Nacken. Und Gold in der Kehle, nicht nur sein Vortrag beim einzigen Cover des Abends war großartig, bei all dem Gefühl brachte er obendrauf noch richtig Dampf in die Stimmbänder. Die langen Töne der getragenen Titel zog er bis zur Unendlichkeit, um dann los zu röhren wenn es wieder rockig anzog. Dabei immer mit dem Händchen für die großen Melodien, die ihm Meister Pell auf den Leib schneidert.
Der stand da gerne zurück und überließ den Sänger das Feld, auch Krawczak trug mehr zur Show bei, pumpte mit den vier Saiten die Songs nach vorne, während er meist ebenso ganz vorne an der Rampe zu finden war. Der gute Axel war ganz in sein Spiel vertieft, reagierte trotzdem auf die kleinen Spitzen, die sich seine Jungs gegenseitig um die Ohren hauten. Vom Programm her wurde vielleicht ein wenig mehr auf die epischen Stücke gesetzt, bei denen die langen weichen Töne den Raum erfüllten, die schnellen an der Klassik geschulten Soli waren seltener, die Duelle mit seinem Tastenmann fehlten komplett.
Von der Produktion unterstützte man diesen Ansatz perfekt mit einer sehr stimmigen Lightshow, die für die Größe der Halle sehr amtlich ausfiel, die Varilights nahmen jeden Zentimeter ein, der von Gioeli nicht beackert wurde. Das bot den richtigen Rahmen, damit der Gitarrist wie auch seine Anhänger komplett in der Atmosphäre versinken konnten. Allerdings gab sich jener nicht mehr so introvertiert wie in den letzten Jahren, seine Spielfreude stellte er nun mal auch bei Spaziergängen durch den Fotograben zur Schau, die frenetisch gefeiert wurden.
Da sprühten auch ohne große Gimmicks die Funken, die Jungs hatten sichtbar Spaß an der Sache, das Miteinander auf der Bühne war spürbar. Gerade Krawczak, der mit den dicken Saiten das Fundament legte und Doernberg waren auf dem linken Bühnenflügel viel mit einander beschäftigt. Der Keyboarder konnte seine Finger gar nicht still halten, noch nicht einmal sein Spielgerät, das in alle Positionen gekippt wurde. Seine Umtriebigkeit konnte er in einem Solo ausleben, bei dem er seine ganze Burg zu nutzen wusste.
Hinter so einer verschanzte sich auch Bobby Rondinelli, dem ebenfalls ein Soloauftritt vergönnt war, bei dem er wie Tommy Aldridge teilweise mit bloßen Händen trommelte. Sein Spiel wirkte eher unspektakulär, gerade in die Solopassagen fehlten auch etwas die Akzentuierungen. Doch gerade wenn es an die hymnischen Parts ging, hämmerte er bei seinen Ausbrüchen beherzt auf die Becken und trieb mit feinem Ton die Stücke voran. Zudem erschien er mit etwas weniger Körpermasse agiler als beim letzten Gastspiel, das ich gesehen hatte.
Beim Programm gab es den Schwerpunkt auf zwei Alben, die fast die Hälfte des Abends füllten, das aktuelle „Lost XXIII“ und den Klassiker „The Masquerade Ball“. Nichts gegen eines der besten Scheiben der Truppe, die einfach zu oft im Fokus steht, mir persönlich fehlten ein paar Kracher der Frühphase oder auch mehr von „Oceans Of Time“. Schade, dass durch die Pandemie dem letzten Studiodreher „Sign Of The Times“ komplett die Liveehren verwehrt blieben. An Coverversionen hätte ich persönlich gerne „Eagle“ von ABBA gehabt, das auf „Diamonds Unlocked II“ genial umgesetzt wurde.
Der guten Stimmung tat das keinen Abbruch, weil das alles Hits waren, die da geboten wurden, man hätte drei Stunden spielen müssen, um allem gerecht zu werden, am Ende waren es amtliche 110 Minuten. Wer so gekonnt die Leute abholt wie es die glänzend aufgelegte Band tat, der kann ohnehin spielen was er will. Immer wieder übernahm das Publikum komplett, sehr zu Freude des Frontmannes, und am Ende intonierte die Garage anstatt Zugaberufen den Refrain des letzten Liedes so lange bis die Musiker noch einmal auf die Bühne kamen.
Setlist AXEL RUDI PELL:
Survive
Fool Fool
Strong As A Rock
Oceans Of Time
Hallelujah
Voodoo Nights
Mystica/-Drumsolo-/Mystica
No Compromise
-Keyboardsolo-
The Line
Lost XXIII
The Masquerade Ball/Casbah
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Tear Down The Walls
Rock The Nation
Weitere Fotos von der Show gibt es >hier<