THRESHOLD - Neunkirchen/Saar
Konzert vom 29.04.2023
Support: Virtual Symetry, After Lapse
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THRESHOLD
VIRTUAL SYMETRY
AFTER LAPSE
Die britischen Prog-Meister gehören zu den Bands, deren Tour mitten in die Corona-Zeit fiel und immer wieder verschoben wurde. So oft, dass sich so viel neues Material anhäufte und erstmal aufgenommen werden musste, weswegen die Dates alle gecancelt wurden. Mit „Dividing Lines“ erschien im letzten Herbst dann nach fünf Jahren wieder ein neues Album, die Tournee dazu fällt etwas länger aus und führt sogar mal wieder ins Saarland, wo THRESHOLD im alten Hüttenareal von Neunkirchen ihre Visitenkarte abgaben. Das Konzert mit VIRTUAL SYMETRY und AFTER LAPSE im Vorprogramm wurde sogar von der Stummschen Reithalle in die Neue Gebläsehalle hochgestuft.
AFTER LAPSE
Wobei der große Kasten von Bühne die Musiker schon vor Herausforderungen stellte, denn normalerweis stehen kleinere Clubs auf dem Programm. Die beiden Drumkits verloren sich fast hinten im Raum, auf dem größeren in der Mitte nahm Roberto Cappa Platz und legte los, während der Rest der Truppe erstmal langsam zum Instrumental „Thrive“ auf die Bühne kam. Das zeigte schon einmal die Direktiven der Band, die etwas zu sehr aus dem Baukasten komponiert. Harsche, leicht frickelige Riffs, eine Rhythmusfraktion, welche sich dahinter setzt, dazu Synthteppiche , die auch mal orientalische Weisen aufzeigten.
Mit dem Auftauchen von Ruben Miranda änderte sich da wenig, die Stimme passte sich gut ein, wobei diese in den hohen Lagen etwas bemüht wirkte. Eine typische Progstimme, die sich bezogen auf den Headliner eher an Damian Wilson erinnerte. Leider konnte der Gesamteindruck de etwas sterilen Charakter der Bühne so gar nicht aufhellen, die Lieder wie „Come Undone“, „Face The Storm“ oder „The Lie“ aus dem Debüt „“ sind zu konstruiert, als das sie wirkliche Emotionen hätten entfachen können.
Schade, denn das Auftreten der Spanier war schon engagiert, mit Pablo Sancha stellte man den Keyboarder an die Front, der eine Miditeil bediente. Dazu unterstützte er den guten Ruben in den Refrains, wodurch die etwas geschmeidiger wurden, sich aber nicht nachhaltig beweisen konnten. Der Frontmann versuchte mit seinen Ansagen auf das Publikum einzugehen, das so langsam auftaute. Vom Spiel her gab es wenig zu bemängeln, die Jungs kamen gut auf den Punkt, bei klarem aber noch zu leisem Sound war jedes Detail zu hören.
Auch Gitarrist Jorge Escudero war oft an der Rampe zu finden, bewegte sich aber nur zurückhaltend, weil er eher auf sein Spiel konzentriert war. Wo er noch Akkorde runterzockte verlegte sich Viersaiter Javier Palacios komplett auf einzelne Töne, seine Finger liefen nur so das Griffbrett rauf und runter, was cool anzusehen war. Die größten Stärken von AFTER LAPSE waren die ruhigen, sphärischen Passagen, bei denen er das Tempo rausnahm und die Töne punktuell setzte. So konnte am Ende mehr als Höflichkeitsapplaus eingefahren werden.
VIRTUAL SYMETRY
Am Geschehen im Publikum änderte sich bei der zweiten Vorband wenig, auch wenn sie ihren Fanclub mitbrachte. Allerdings war die Musik der Italiener vitaler als das zuvor gehörte, da kamen auch mal die Melodien von Marco Pastorino ins Laufen. Was man auch vom Bühnengebaren des Sängers behaupten konnte, der ohne Mikroständer weit mehr unterwegs war und auch vom Auftreten lockerer wirkte. Ihm gelang es den Raum zwischen Drumkit und Bühnenfront auszufüllen.
Titel ihres neuen selbstbetitelten Albums wie „My Story Unfolds“, „Come Alive“ gingen besser ins Ohr, dennoch waren die Zuschauer eher auf Kennenlernen und Zuhören fixiert. Etwas unpassend erwies sich das in ihrer Heimatsprache gesungenen „Fantasie Di Verità“, welches fast ein wenig ins Schlagerhafte abdriftete. Die Nähe zum Hauptact war ebenso unüberhörbar oder zu anderen Größen des Genres, wirklich neu und progressiv war das bei aller Qualität nicht.
Dafür stimmte die Energie, obwohl die Herren deutlich älter waren als die Newcomer zuvor. Besonders Gitarrist Valerio Aesir Villa machte schön Alarm und zeigte neben der ganzen Palette an Griffbrettakrobatik auch eine gesunde Auswahl an Posen. Mit einem stets fordernden Gesichtsausdruck unterstrich er auch die metallische Attitüde seiner Stücke. Bei seinen Ausflügen fand er immer wieder Bassist Alessandro Poppale und Tourschlagzeuger Andrea Gianangeli.
Jener setzte mehr auf Tom-Arbeit, während Cappa beim ersten Act vor allem mit den Becken Akzente setzte, wobei das eher zum Stil von VIRTUAL SYMETRY gepasst hätte. Überhaupt waren die drei Leute in der Front die einzigen der normalen Besetzung, Keyboarder Mark Bravi war lediglich aus der Konserve zugeschaltet. Auch ein zweiter Gitarrist hätte dem Sound gut getan, der ebenso druckvoll und gut ausbalanciert war, wobei Villa auch auf Platte alles alleine regelt.
THRESHOLD
Das Problem mit der zweiten Gitarre beschäftigt die Formation oben auf dem Billing schon seit einigen Jahren. Seit dem Ausstieg von Pete Morton hat Mitbegründer Karl Groom das ganze Geschehen an der Sechssaitenfront unter sich. Dabei könnte eine zweite Axt gerade bei den angethrashten Riffs für noch mehr Power sorgen. Nun zu sagen, dass der gute Karl das nicht alleine sehr gut hinbekommen hätten, wäre jetzt natürlich seine Leistung geschmälert, denn er beherrschte klar die Szenerie an dem Abend und feuerte Riff um Riff in die Menge.
Ihn schien die große Bühne zu beflügeln, denn er war viel unterwegs poste oft gemeinsam mit Steve Anderson am Langholz. Seine breitbeinige abgekniete Position ist interessant, gerade wenn er weit nach unten ging müssen die Oberschenkel schön gespannt haben. Dabei zog er immer wieder sein Spielgerät von rechts nach links durch und richtete es gerne gen Publikum. Bei den Soli war er sehr variabel, schnelle Fingerarbeiten liefen reibungslos durch und sorgten für Staunen, doch seine wahre Bestimmung fand der Mann in den warmen ruhigen Leads, bei den ganz viel Emotionen aufkamen.
Wenn er Unterstützung bekam, dann von Sänger Glynn Morgan, der ich ab und zu die Bratpfanne umschnallte, damit aber meist nur ein paar ruhige Fills einstreute. Ausbaufähig ist auch die Frontmanrolle, man merkte schon, dass er lange aus dem Geschäft war und in der Zeit zurück bei THRESHOLD noch nicht genug Bühnenerfahrung sammeln konnte. Seine Ansagen beschränkten sich auf den Songtitel und das jeweilige Album, auch sonst hatte sein Nebenmann an den sechs Saiten mehr Draht zu den Fans.
Stimmlich konnte ihm aber niemand etwas vormachen, sein raues rockiges Organ passt einfach perfekt zu der treibenden Version des progressiven Metals, den seine Mitstreiter seit jeher pflegen. Es sind diese Melodien, diese Harmonien, welche den Unterschied machen zu den übrigen Bands ihres Genres, und an dem Abend kamen die wunderbar. In den Refrains wurde Morgan von Richard West und wahlweise Anderson oder Groom unterstützt, die da ebenso auf den Punkt eingespielt waren wie instrumental.
Als Charaktermerkmal ihrer Kompositionen darf man ebenso den rockigen Drive nicht vergessen, der auf dem neuen Album etwas hinter einer moderneren Ausrichtung zurück stehen muss. In der Livesituation kamen die aber einem Sog gleich, der einem unweigerlich in den Nacken zog, der nicht aufhören konnte sich zu bewegen. Allerdings muss man schon fragen, ob es notwendig war die Hälfte des Sets mit „Dividing Lines“ zu bestreiten.
Dazu noch vier Titel von „Legends of The Shire“, welches zuletzt komplett aufgeführt wurde, die Formation scheint sich ihrer neuesten Scheiben sehr sicher zu sein. Kann sie auch, doch etwas mehr aus ihrer absoluten Hochphase wäre wünschenswert gewesen, die ältesten Nummern stammten von „Subsurface“. Aufgrund der tollen Darbietung nur ein kleiner Kritikpunkt, allerdings waren die Reaktionen bei den Klassikern schon am lautesten.
Mit dem großartigen Epos am Ende setzte man den richtigen Schlusspunkt vor den Zugaben. Vor allem der floydige Mittelpart offenbarte wie sehr die Herren an der Dynamikschraube drehen können. Anderson nutzte die Freiräume im Klanggebäude und konnte sich immer wieder mit wunderbaren Leadbassmotiven in Szene setzen, die sich herrlich in den Gesamtsound einbetteten. So brachte man noch mehr Wärme in die samt Lightshow immer noch unterkühlt wirkende Halle, in der es aber immer heißer wurde.
Sein Rhythmuspartner überraschte mit einer deutlich kleineren Figuration als die beiden Support Acts, erwies sich dennoch als unermüdlicher Antreiber im Hintergrund. Die Becken rasselten unaufhörlich und viele Breaks spielte er einfach auf der Snare, die er sehr geschickt und variabel schuld. Ihm ist es vor allem zu verdanken, dass die Songs nie technisch ausufern, sondern ihren Weg ins Ziel finden. Das hieß an dem Abend Anhängerschaft, jene kam voll auf ihre Kosten, ließ sich von den Klängen einhüllen und steuerte auch einige Stimmen bei.
Setlist THRESHOLD:
Haunted
The Domino Effect
Slipstream
Let It Burn
The Shire (Part 2)
Mission Profile
Defence Condition
Pressure
Silenced
Snowblind
Complex
Lost In Translation
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King Of Nothing
Small Dark Lines
Weitere Bilder von der Show gibt es >hier<