LAZULI - Aschaffenburg

05 lazuli aschaffenburg 05Konzert vom 11.05.2023

Homepage:
LAZULI

Gerade für eine ausgemachte Liveband waren die letzten Jahre hart, die Franzosen nutzten auch jede Lücke im Lockdown, um auf die Bretter zu kommen. Wenigstens konnten sie sich die Zeit mit der Akustikbearbeitung ihrer alten Songs auf „Dénudé“ die Zeit vertreiben. Nun steht mit „11“ auch wieder ganz neues Material in den Läden, um sich für eine Tour noch interessanter zu machen. In Aschaffenburger Colos-Saal spielten sie einst ihr erstes Deutschland-Konzert, die Stadt war stets gut zu ihnen, weswegen man fast schon von Heimspiel sprechen konnte.

Ein Geheimtipp sind LAZULI noch immer, von daher war noch Luft im kultigen Progtempel, aber von Beginn an konnte man die Zuschauer gefangen nehmen. „Silloner des océans de vinyle“ machte gleich den Auftakt mit einem neuen Song, wobei das Album fast komplett dargeboten wurde. Im Hintergrund flimmerten psychedelische Farben über die Leinwand, die das ganze Set über wesentlicher Bestandteil der Show war und den Titel sehr gut unterstützte. Hier verschmolzen so viele Elemente, was ihre Konzerte immer zu einem besonderen Ereignis machen.

In die Farbenpracht passten sich auch Hemd und Socke des neuen Gitarristen Arnaud Beyney an, die einen Kontrast zu seinem dunklen schicken Anzug boten. Mit immer länger und wilder werdenden Locken und Bart sowie dem gezwirbelten Schnauzer ging der Mann optisch als Prototyp eines Künstlers durch. Auch sein Spiel war kunstfertig, mit Bedacht setzte er seine Töne, welche die Atmosphäre unterstützten, bei einigen Nummern durfte er auch zu furiosen Soli ansetzen.
Sein bluesigerer Ton im Gegensatz zu Gédéric Byard fiel ebenfalls sofort auf, was noch mehr Gefühl mit einbrachte. Sehr charakteristisch auch die Haltung mit weit nach oben geschnallten Instrumenten, die ihn noch mehr eins mit ihnen zu werden ließen schienen. Doch nicht nur auf den sechs Saiten seiner Gretsch konnte der Mann brillieren, auch am Fender Jazz Bass machte er bei älteren Stücken wie „Le Miroir aux alouettes“ eine gute Figur.

Ähnlich modisch gekleidet war Frontmann Dominique Leonetti mit seinem karierten Anzug sam passendem Gillet. Der Sänger war die blendende Laune pur uns tänzelte die ganze Zeit auf der Bühne herum, wen n er nicht gerade seine Lyrics mit seiner hohen Stimme an den Mann bringen musste. Doch nicht nur da war er sehr kommunikativ, für seine Ansagen hatte er Blätter dabei, von denen er in deutscher Sprache vorlas.
Ob seiner Betonung gab es ein paar Lacher, die er in seiner sympathischen Art weg steckte, während ihn sein Keyboarder öfter korrigieren musste. Aber schön zu sehen, wie er versucht die Sprachbarrieren irgendwie zu überwinden. Musik ist ohnehin eine universelle Sprache und die Emotionen verstand ohnehin jeder, auch weil er über alltägliche Dinge wie in „Trise Carnaval“ sang. Wie immer spielte er auf selbst gebauten Instrumenten, was die Eigenwilligkeit noch unterstrich.

05 lazuli aschaffenburg 0305 lazuli aschaffenburg 01

Vor allem wenn man das Spielgerät sah, mit dem Bruder Claude auf der linken Bühnenseite saß. Eher aus der Not heraus nach einem Unfall geboren vermochte er mit seiner Léode Klänge entstehen zu lassen, die so noch nie gehört wurden. Fast stufenlos glitt er zwischen den Tönen hin und her und erzeugte eine wunderbare Sphärik. Dazu waren auch ihm reichlich Solospots vergönnt, bei denen er sich auf seinem Hocker wild hin und her wand, teilweise in Harmonie oder Duell mit Beyney.
Als weiterer Baustein im Klanggebäude der Franzosen steuerte hinter ihm Romain Thorel vielfältige Tastentöne bei. Dabei hatte er seinen Nord-Synthesizer nach vorne gekippt, so dass ihm die Fans auf seine virtuosen Finger sehen konnten. Ein paar Mal kam er nach vorne und blies mit dem Waldhorn die Mixtur endgültig hin zur Avantgarde. Dazu das entrückte Tom-lastige Spiel von Vincent Barnevol, welches alles zusammen hielt und den hypnotischen Sog verstärkte.

Nicht die Einzelteile waren es, welche den Gig so großartig machten, sondern die Summe des Ganzen. Wie die Fünf alles ineinander übergehen ließen zu einem wahren Soundmeer war überwältigend. Besonders dann wenn sie die Dynamik gegen Ende der Songs noch einmal anzogen, die Wogen noch höher schwappten und die Zuschauer komplett vereinnahmten. Wie da mit den Elementen, mit laut und leise jongliert wurde war großartig. Von überall her kamen kleine Fills, die immer neue Akzente zu setzen wussten und vom Zuhörer volle Aufmerksamkeit forderten.

Dabei standen die keineswegs nur still rum, sondern bejubelten das Geschehen lautstark, lediglich beim Mitsingen stand die kleine sprachliche Hürde ein wenig im Weg. „Mes Semblables“ versetze die Anhänger in die auffälligste Interaktion, nach dem Song wurde die Coda weiter intoniert, ebenso bei den Zugaberufen. Es war einfach wunderbar ihnen zuzusehen, mit welcher Freude sie am Werk waren, aus ihren Blicken untereinander sprühten nur die kreativen Funken.
Man hatte Spaß am Vortrag des anderen, ließ jedem gerne Freiräume, die immer in den Gesamtkontext integriert wurden. Barnevol bearbeitete bei „Un Linceul De Brume“ die Marimba die zwischen seinem Kit und dem Keyboard stand. Damit kam noch eine weitere magische Klangfarbe auf die Palette. In der Mitte des Songs wechselte Thorel an sein Schlagzeug, während er am Ende vor dessen Mikrofon auf der Conga herum trommelte.

Kein Wunder, dass das Prog-Publikum aus dem Häuschen war, neues wie „Dieter Böhm“ oder „Parlons Du Temps“ ebenso abfeierte wie Bewährtes á la „Déraille“. Vor den Zugaben gingen der Tastenmann und Drummer nicht von der Bühne, sondern jammten sehr jazzig ein paar Minuten, bevor die Saitenfraktion zurück kam und „Les Mots Désuets“ intonierte. Dann wurde die Marimba in die Mitte geschoben für das rituelle Spiel der gesamten Formation, jedes Mal der abschließende Höhepunkt.
Nach atmosphärischen Improvisationen mit viel Humor dargeboten klopfte man noch den BEATLES-Evergreen „Here Comes The Sun“, bei alle Anwesenden mitsingen konnte. Was normalerweise immer den Schlussakkord darstellt, bekam an dem Abend noch eine besondere nur auf der Klampfe von Dominique Leonetti begleitete a capella-Nummer als besonderer Dank für ein besonderes Publikum. Der Colos-Saal ist in der Tat etwas Besonderes, die Heimstätte des Prog, die solche Exoten liebt.

05 lazuli aschaffenburg 0205 lazuli aschaffenburg 04

 

Weitere Bilder von der Show gibt es >hier<

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.