ROCK OF AGES - Frankfurt/M.

06 rockofages frankfurt 07Musical vom 16.06.2023

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ROCK OF AGES

„Früher war alles besser“ ist ja immer gerne überall zu hören. Gerade wenn es um Musik geht wird die Floskel ja geradezu inflationär gebraucht, in Zeiten des „Rock ist tot“-Bashings allerdings ebenso wahr wie nötig. Leider kam es nie wieder zum großen Revival des Hair Metal der Achtziger, der heute eher in Skandinavien sein Nischendasein fristet. Es muss die Liebe zu jener Art Tonkunst gewesen sein, die einfach unabdingbar Spaß machte. Diese Zeiten zurückzuholen war wohl das Ansinnen von Chris D´Arienzo als er ein Musical um die Hits aus jener Zeit schrieb, zuerst für LA und Las Vegas umgesetzt wurde. In der Folge wurde es zu einem der längsten gespielten Musicals des Broadway und ging später um die Welt, natürlich auch nach Schweden. Bis 2023 sollte es dauern, die Show nach Deutschland zu bringen, wo FFM-ROCK in Frankfurt dabei war, als die Tour dort Station machte.

Mittlerweile wurde die Story auch schon verfilmt mit einem großartigen Tom Cruise in einer Hauptrolle. Dessen Part als gefallener Rockstar Stacee Jaxx ist in der Musical-Version anders dargestellt als sie für den Film umgeschrieben wurde, weniger präsent und eindeutig negativer. Auch die Liaison mit der Rolling Stone-Redakteurin Constance Sack entfällt, dafür ist es Sherrie Christian, die am Ende schwanger ist. Somit rückt die Lovestory zwischen ihm und Drew Boley noch stärker in den Vordergrund, während dessen der Manger von Jaxx gar nicht vorkommt.

Umgesetzt wurde die deutsche Version von Regisseur Alex Balga, für die Choreographie war Natalie Holtom zuständig, die musikalische Leitung übernahm Pascal Kierdorf, während Holger Hauer für die deutsche Übersetzung zuständig war. Allesamt von der Produktionsfirma ShowSlot, die schon „Fuck Ju Göthe“, „Footloose“ oder „Flashdance“ umsetzte. Mara Lena Schönborn gelang es mit ihren bunten Kostümen jene Zeit gut einzufangen, wobei sie auch etwas vom Flower Power -Flair des nahen San Francisco einbrachte.

Als Bühnenbild diente in beiden Akten nur eine einzige Fassade, auf der der jeweilige Ort, wo die Handlung gerade stattfand mittels Leuchtreklamen angezeigt wurde. Im „Bourbon Room“, einem angesagten Club in der Stadt der Engel – und wohl an das „Whiskey- A Go Go“ angelehnt – sah man die Band unter dem Balkon spielen, bei den Szenen im Strip Club „Venus“ wurde sie hinter einem rosa Vorhang verhüllt. Hinter den Kulissen gab es einige Treppen, so dass die Darsteller immer wieder unvermittelt auf dem Balkon oder an diversen Fenstern auftauchten.

Was eine gewisse Dynamik in die Tanzszenen brachte, die weniger aus Moves bestanden, sondern die Formationen ständig in Bewegung waren. Da wurde viel rotiert, die Stange hinter dem Schreibtisch auf und ab gesprungen oder sich direkt an das Publikum gewandt. Stilistisch ließ Holtom neben Jazz Dance – auch Hip Hop-Elemente einfließen, wie das Drehen auf den Knien. Das war nicht so strikt durchgestylt wie bei anderen Tanznummern, und brachte somit viel von der Wildheit des Rock mit ein, dazu gab es viel Sprünge, die Arme waren sehr präsent in der Darstellung.

Als Erzähler fungierte Timothy Roller in der Rolle des Lonny Barnett, dem Assistenten von „Bourbon Room“-Besitzer Dennis Dupree. Immer wieder trieb er seine Späße mit den Zuschauern der ersten Reihe und versprühte mit seiner guten Laune viel vom unbekümmerten Flair der Eighties, war aber auch ins musikalische Geschehen involviert. Natürlich war jener Club Dreh – und Angelpunkt und Ort diverser angedeuteter Livegigs.
Im Gegensatz zum Film wurde er nicht von Pleite durch Betrug und Aktivisten der PMRC bedroht, sondern vom Schweizer Investoren Hertz Kleinmann und seinem Sohn Franz (gespielt von Benjamin Hausschild und Jakob Wirnsperger). Dass natürlich kein Klischee außen vor gelassen, und Sexismus eher augenzwinkernd kritisierte wurde dürfte bei der Thematik jener Ära klar sein. Wobei die Schweizer schon mein Lieblingsklischee sind, FIFA anyone?

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Die Songauswahl war ebenso bekannt wie exquisit, wobei es hier keine Songs von DEF LEPPARD gab, da das Musical seinerzeit keine Genehmigung von Universal hatte. Für den Film konnte man denen drei Songs aus den Rippen leiern, wie besagter Titeltrack. Was allerdings zu verschmerzen war, angesichts der Fülle an Hymnen und Powerballaden, die sich die Klinke in die Hand gaben. Noch mehr als im Film wurde vieles zu Medley zusammengefasst, „Cum On Feel The Noize“, „Just Like Paradise“ und „Nothin´ But A Good Time“ markierten die Eröffnung.

Es war toll zu sehen, wie immer wieder mit den Themen gespielt wurde, die sich in die Spielszenen einschlichen, um beim Publikum noch mehr Vorfreude zu erzeugen, was denn als nächstes für ein liebgewonnener Klassiker anstehen würde. In einigen Fällen wie „Kiss Me Deadly“ von LITA FORD blieb es aber beim bloßen Andeuten des Grundriffs.
Gerade mit „Wanted Dead Or Alive“, dem großen Auftritt von Stacee Jaxx wurde viel herum gejammt, bevor ihn Sascha Lien, der auch schon bei Voice Of Germany teilnahm stark intonierte. Andere Lieder tauchten immer wieder als Reprise auf wie „I Wanna Rock“, der Erkennungsmelodie für Drew Boley, von Felix Freund dargestellt.

Julia Taschler hatte als Sherrie schon mit „Sister Christian“ den ersten großen Spot, wobei hier der Chor mächtig war. Ein wenig geschliffen und an Musical-Verhältnisse angepasst wurden die Kompositionen sicherlich, wobei gerade die herrlich cheesy Backgroundchöre toll rüberkamen. Wenn Teile des Ensembles neben saßen und das lange „Aaaah“ anstimmten hatte das einfach was.
Vom Zusammenspiel war das absolut top, man merkte die Erfahrung der nun schon länger laufenden Tour an, die Melodien flossen wunderbar ineinander und boten den typischen Drive der Achtziger. Dem kam der gute Sound zugute, der die Nuancen heraus arbeitete und zudem eine ungeheure Dynamik lieferte.

Wie es sich für so eine Geschichte gehört, die rein vom Plot wie eine klassische RomCom rüberkam, musste erst einmal viel Herzschmerz verarbeitet werden. Amanda Whitford konnte als Betreiberin des „Venus“ mit ihrer souligen Stimme in „Harden My Heart“ oder „Every Rose Has It´s Thorn“ begeistern. Immer wieder versuchte die Aktivisten Regina mit „We Built This City“ die Schweizer Delegation von ihrem Vorhaben das „Bourbon“ abzureißen abzuhalten. Am Ende eroberte sie das Herz von Franz Kleinmann bei „Hit Me With Your Best Shot“.

Beim Happy End und Finale mit „Don´t Stop Believin´“ kamen dann endlich mal die Zuschauer auf, die bislang eher still auf den Sitzen Applaus spendeten. Am lautesten wurde es in der Liebesszene zwischen Lonny und Dennis zu „Can´t Fight This Feeling“. War es eher das typische Musicalpublikum, denn echte Hairmetaller konnte ich wenig ausmachen?
Gerne hätte ich mir gewünscht der ein oder andere wäre mal aufgesprungen, hätte seine Matte geschüttelt und die fantastische, mit viel Witz gebotene Darbietung lauter abgefeiert. So musste man sich lange gedulden, bis mitgeklatscht und gesungen wurde. Vor der Bühne war also deutlich weniger Rock´n´Roll als darauf, oder wurden die geneigten Fans nur alt und genossen diese herrliche Zeitreise?

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