MOLLY HATCHET - Bensheim
Konzert vom 06.12.2023
Support: LOSING GRAVITY, KING SAVAGE
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MOLLY HATCHET
LOSING GRAVITY
KING SAVAGE
Zuletzt häuften sich die Meldungen, dass die Southern Rocklegende wieder aktiver sein würde, sogar ein neues Album stand in Aussicht. Die Tournee wurde immer wieder angesetzt und dann erneut verschoben, meist natürlich wegen dem altbekannten Grund. Nun konnten die Herren endlich wieder auf den alten Kontinent übersetzen um vor allem die treuen deutschen Fans zu beglücken. An selber Stätte wo sie der Redakteur zuletzt 2019 gesehen hat standen MOLLY HATCHET im Musiktheater Rex in Bensheim auf der Bühne. Dazu mit KING SAVAGE und LOSING GRAVITY noch zwei Supportbands, die zwar beide Heimspiel hatten, aber die ganzen Dates mitfuhren, so dass es zeitig losging.
KING SAVAGE
So stand die erste Formation bereits auf der Bühne als ich im Rex ankam, wobei ich diese sofort als die Vorband vom letzten Mal identifizierte. Daran ändert nichts, dass Gitarrist Schmex den Hut weg ließ und man einen neuen jungen Bassisten in die Reihen aufgenommen hat. Und wie damals, so machten sie auch an dem Abend richtig Stimmung, allen voran Sänger Arthur King, der seinem Namen entsprechend herrlich einen auf Rockstar machte.
Lässig tänzelte er auf den Brettern umher, schwang sein Mikro gekonnt, warf sich in alle erdenklichen Posen und versuchte die Menschen mitzunehmen. Jeans war das vorherrschende Stück Stoff, gerne mal etwas zerschlissen, aber das passte gut zu seiner Attitüde, die zwischen Bühnenheld – und Arbeiter pendelte. So rau sein Auftreten, so auch seine Stimme, die sich gut in Titel wie „Lonesome Road“, „Backstage Baby“ oder „King Of A Castle“ einfügte.
Bei letzten Song „See You“ durfte aber Gitarrist Luke „The Duke“ ans Mikro, der noch ein wenig kantiger klang, auch sonst so rüberkam. Seine Axt ganz tief hängend, stand er breitbeinig hinter dem Mikroständer, auch beim Rest vom Set, wenn er die Gangshouts hinein brüllte. Mähne und Bart waren ob seiner Aktivität ständig in Wallung, wobei er nicht so viele Meter machen konnte, weil das Kit von KING SAVAGE mitten auf der Bühne stand.
Auf der anderen Seite hatten die Viersaiter und Schmex auch nicht den meisten Platz, konnten sich dennoch gut einbringen. Gerade der Lange an den sechs Saiten hüpfte gerne umher, drehte sich auch mal um die eigene Achse und ließ seine Les Paul in Zakk Wyldscher Vertigo-Lackierung kreisen. Das klassische Gibson-Spielgerät stand bei allen Akteuren des Abends hoch im Kurs. Sein Kollege musste sich noch etwas einfügen, lieferte aber verlässlich die tiefen Töne ab.
Ein guter Auftakt, nicht nur aufgrund der von Karlsruhe rüber gekommenen Fans kam die Show gut an. Die Jungs rockten einfach und direkt drauf los, und hatten dabei sichtlich ihre Freude, die sich auf das Publikum übertrug. Diesmal wurde auch komplett auf eigenes Material gesetzt, was die Truppe authentischer machte. Stilistisch bewegen sie sich ohnehin nicht so weit weg vom Headliner, vielleicht etwas mehr Stadionanspruch, aber sie tränken ihren straighten Rock´n´Roll mit einem feinen Schuss Feeling. So konnte die halbe Stunde optimal genutzt werden, um ein paar neue Freunde zu gewinnen.
LOSING GRAVITY
Ein wenig aus dem Rahmen fielen die Frankfurter, auch wenn Keyboarder Lucas Urner beim Opener „All You Ever Needed“ ein tolles Honky Tonk Piano am Start hatte. Sonst war er leider ebenso wenig zu hören, wie er hinter seiner Keyboardburg kaum auffiel. Das Südstaatenflair wehte zwar immer durch die Kompositionen, doch der Alternative Rock stand gleichwohl Pate. Wobei allerdings die erste Verbindung, die einem durch die Synapsen schießt – BLACK STONE CHERRY- auch nicht evident ist, dazu agierten die Fünf nicht ruppig genug. Gitarrenflächen und mehrstimmige Gesänge suchten die Einflüsse in den späten Sechzigern, aber auf der Route, wie sie einst den alternativen Rock beeinflussten.
Bei weitem nicht so exaltiert wie die beiden anderen Frontmänner strahlte Chase Wilburn das Understatement jener Ära aus und verzichtete auf allzu große Gesten. Teils rückte er eng an seinen Mikroständer heran, wenn er seine Vocals rein bellte. Dabei war er ein Ausbund an Fröhlichkeit und hatte wie die beiden anderen Saitenartisten stets ein Lächeln auf den Lippen. Die unterstützten ihn beim Gesangsvortrag, was einige schöne Harmonien hervor zauberte, speziell bei finalen „Foundations“.
Vor allem der zweite Gitarrist Flo Hain tat sich da hervor, der mit stolz geschwellter Brust vorne die Rampe für sich gebucht zu haben schien. Beherzt griff er in seine Saiten, den Blick dabei nie vom Publikum ablassend. Am meisten Meter spulte Bassist Lars Palenzatis herunter, welcher das erweiterte Platzangebot genüsslich nutzte und oft bis zum Tastenmann durch marschierte. Die Art wie sie ihre Instrumente hielten hatte auch viel von der Lässigkeit, mit der sie musikalisch agierten.
Angetrieben wurden sie von Max Friedrich, der sich als sehr versiert entpuppte und den ungewöhnlichen Groove der Combo lieferte. Nebenher bei der Coverband KISSIN´ TIME tätig wusste er zu gut wie man die Show an sich reißt. Wie er die Sticks wirbelte, seine Arme ausladenden Bewegungen vollführten und dabei sehr präzise ins Ziel trafen war schon eine Augenweide. Neben viel Druck unterstützte sein Auftreten die allgemein sehr positive Ausstrahlung der Band. Die übertrug sich auch auf das Publikum, welches die Jungs richtig feierte, wobei sich auch hier ein kleiner Fanclub vorfand. Eine interessante Band, die man in Zukunft auf dem Zettel haben sollte.
MOLLY HATCHET
Derart angenehm aufgeheizt war die Vorfreude groß, umso größer war die Überraschung als die alten Recken auf die Bühne kamen, denn plötzlich war da ein Jungspund zwischendrin, der wohl bei den vorherigen Acts den Altersschnitt gedrückt hätte. Was nicht das bemerkenswerteste war, sondern die Frische, die er ausstrahlte. Irgendwas muss der Formation noch einmal Feuer gemacht haben, war mir schon vorher klar, aber dieser Parker Lee ist eine großartige Erscheinung.
Da stürmte er auf die Bühne mit einem Luftsprung und hielt die Streitaxt in der Hand. Jenes Kampfwerkzeug hat schon so viele Artworks von ihnen geziert, nun fand es den Weg auf die Bühne. Die Beziehung dazu ist nie vollständig enthüllt worden, vielleicht eine Anspielung auf die namensgebende Animierdame, der ja der Gebrauch der Waffe nach dem Liebesakt nachgesagt wurde. Und so angriffslustig wie der Frontmann da vorweg ging, so gingen die Musiker an dem Abend auch zu Werke.
Da war einfach mehr Feuer dahinter als vor vier Jahren als John Elkin den lässigen, trockenen Cowboy gab. Der Enthusiasmus des Neuzugangs, der noch nicht mal auf der Welt war als ich MOLLY HATCHET erstmals live sah steckte seine Mitstreiter an. Jene wusste der Sänger gut in Szene zu setzen, beorderte sie gerne nach vorne, umarmte sie mit einer Art Dankbarkeit, dass er hier dabei sein durfte. Körperkontakt suchte er ebenso mit dem Publikum, wo er schon beim ersten Lied einige Handshakes verteilte und im Laufe des Konzertes öfter den Mikroständer über dessen Köpfe hielt. Einen Spaß machte er sich mit seiner geschüttelten Matte nachdem er sich Waser über den Kopf gekippt hatte und die Anhängerschaft auf die Art erfrischte.
Sogar John Galvin hinten an seinen Tasten hatte immer ein Lächeln unter seiner weit herunter gezogenen Hutkrempe. Neben viel Honky Tonk und einigen Synthflächen musste er auch einige Soundlöcher stopfen, welche die Absenz von zwei Gitarristen hinterließen. Ganz ersetzen kann er die Armada zwar nicht, aber er verwässert mit seinem Einsatz weniger als man vermuten könnte und bringt zusätzlich Druck hinein, wenn auch in anderer Klangfarbe.
Mächtig Dampf auf den Kesseln hatte auch Shawn Beamer hinter eben diesen. Kraftvoll trieb er seine Mannen an, die Becken zischten nur so, dazu durfte der Mann bei einem ausgedehnten Solo glänzen. Als ob er ob seines Spiels nicht genug Schauwerte liefern würde, ließ er sich von einem Ventilator die Matte hochwehen, herrlicher Rockstareffekt. Selbst von da hinten suchte auch er den Kontakt zum Publikum und feuerte es mit in dessen Richtung gezeigten Stöcken an.
Sein Rhythmuspartner Tim Lindsey profitierte ebenfalls vom neuen Elan in den Reihen, wirkte lockerer als bei Auftritten der letzten Jahre. Zwar schüttelte er seine langen grauen Haare schon immer gerne, das Tänzeln wirkte gelöster, die Sonnenbrille verlieh ihm einen coolen Touch. Musikalisch konnte er sich mit etlichen Läufen gut in Szene setzen, wobei die allerdings mit dem eher undifferenzierter werdenden Sound leider etwas untergingen. Da wurde zu viel auf die enorme Lautstärke gesetzt, sicher ein Markenzeichen, jedoch übersteuerte es teilweise arg. Klar das ist Rock´n´Roll, das ist laut und wild, aber ein paar Dezibel zu Gunsten eines klareren Sound hätten gut getan.
Ein paar Harmonien von Bobby Ingram gingen da genauso unter, wobei sich der Sechsaiter am liebsten bei den Soli austobte. Da war er an jedem Zentimeter der Rampe zu finden, als wolle er für jeden Fan einzeln spielen. Das Grinsen war ihm die ganz fast zwei Stunden nicht aus dem Gesicht zu bekommen, hier liebte jemand wirklich was er tat. Ob gefühlvolle Passagen, bluesige Ausflüge, knackige Riffs oder Soli, alles ging ihm lässig von der Hand, auf welche sich der Gitarrist gerne schauen ließ. Da stand er oft vorne, reckte den Hals seines Instruments nach oben, zog es eng an sich und lehnte genüsslich den Kopf in den Nacken. Dynamik war Trumpf, besonders bei den großen Hymnen. Jedes Mal großartig, wenn der getragenen Titeltrack des 96er Comeback-Werkes am Ende richtig los stampft.
Vom Programm musste man fast Angst haben, dass die besten Songs zu früh verbraten wurden, das Eröffnungstriple ist mittlerweile in Stein gemeißelt, dann ein Cover, welches sie sich schon lange zu eigen gemacht haben. Allerdings konnte man erleichtert feststellen, dass MOLLY HATCHET eigentlich nur Hits hatten, die einer nach dem anderen rausknallten bis hin zum großen Epos von „No Guts… No Glory“. Man kann natürlich monieren, dass ihr Programm mittlerweile arg standardisiert ist, im Gegensatz zum letzten Konzert gab es nur einen Wechsel, sieht man vom Anspielen des ERIC CLAPTON-Evergreens ab.
Dabei hätte man mit „Edge Of Sundown“, „Satisfied Man“ oder dem vielfach geforderten „Boogie No More“ genug Klassiker in der Hinterhand, oder auch neuere Sachen wie „Tatanka“ und „Saddle Tramp“. Dieses Manko machten sie allerdings in der Zugabe mit viel Mut wett, als sie gleich zwei neue Lieder vom bereits aufgenommenen Longplayer zum Besten gab, der erste ruhigere feierte an dem Abend sogar Weltpremiere. Wo jeder ein Runterzocken bewährter Tunes erwartet hätte, forderte man die Anhänger mit etwas Besonderem heraus.
Die nahmen zu gerne und begleiteten auch diese Titel mit viel Applaus, die Stimmung war ohnehin auf einem hohen Level. Was kein Wunder war, wer die Menge so abholt wie die Herren an de Tag, der hat es sich redlich verdient. Es herrscht ein neues Selbstverständnis, was sich auch in der Zugabe manifestierte. Da wurde sehr viel auf die Leute vor der Bühne eingegangen, diese gut ins Geschehen integriert. Es hatte etwas Familiäres, ein sehr enges Band zwischen vor und auf der Bühne, da wurden sogar Tourmanager Tom und vor allem Roadie Billy mit einbezogen. Das Original steuerte einige Backgroundchöre bei, genoss den Zuspruch sichtlich und war auch sonst öfter auf der Bühne zu finden. In der Form kann man sich auf das kommende Werk und was dann noch kommt freuen, „Don´t say Yeah, say Hell Yeah“!
Setlist MOLLY HATCHET:
Whiskey Man
Bounty Hunter
Gator Country
It´s All Over Now
One Man´s Pleasure
Devil´s Canyon
-Drumsolo-
Beatin´ The Odds
Live ´Til I Die
Son Of The South
Fall Of The Peacemakers
Jukin´ City/Layla
Dreams I´ll Never See
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Comin´ Home
Firing Line
Flirtin´ With Disaster