SODOM - Erfurt


Konzert vom 30.12.2023
Support: KNIFE, IMHA TARIKAT, SOULBURN

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SODOM
KNIFE

Entscheidungen können manchmal weder direkt geplant oder von vornherein beabsichtigt, dafür im die Regel bestätigenden Ausnahmefall spontan erfolgen. Nicht aufgrund Anreiseschwierigkeiten sondern anderweitiger Dinge geschuldet wird später im Hotel eingescheckt, danach heißt es – ab in die Freiheit, raus aus der Bude, rein in den Club! SODOM kurz vor Jahresabschluß - unabdingbares Muss! Nachdem Oberhausen (Turbinenhalle 2), Heidelberg (Halle 02) und Regensburg (Eventhall Airport) in Genuss der  'Evil Obsession-Tour 2023' kamen, stand als letztes Etappenziel dieser in vier Etappen vom 27. - 30.12. noch der Club Central in Erfurt auf dem Plan. Kurz vor dem Jahresausklang Spontanentscheidung gefällt... - und nichts wie hin!

Zur Location selbst: Die Getränkeauswahl im Club Central ist gut für jeden was dabei auch für Leute die's nicht so mit Alkohol haben wie mich (Sprite genügt!) das Thekenpersonal freundlich, die Anzahl der vielen Gänge ist verwirrend, wenn man das erste Mal dort verweilt. Um die Toilette zu suchen, muss man erstmal durch die massiv wirkenden schwarzen Eingangstüren und fragen wie man dorthinkommt. Ein freundlicher Security-Mensch sagte mir da lang durch die Türen durch. Erst nach Passieren der Türe sind die WC-Schilder zu erkennen. Das ist doch ein wenig umständlich, der abgeteilte Raucherraum dafür in jedem Fall sinnvoll, wie auch der seitlich zu sehende große Merchstand, wo sich Fans nach Herzenslust mit Merch eindecken können. Der Tipp der freundlichen Verkäuferin beim KNIFE-Stand war exakt richtig – bei größer ausgefallenen Shirts, lieber eine Größe kleiner nehmen, wurde dann auch getan.

Alte Liebe rostet nicht, weder bei SODOM und SPV noch der Band treu ergebenes Fanklientel, dem im Rahmen der Evil Obsession Tour 2023 die als 'The Most Unholy Tour Of The Year daklariert ist ein wertvoller Teil German Thrash-History mit gesellschaftskritisch-nachdenklichen Inhalten geboten wird, an der kein Anhänger der German BIG 4 in Sachen Thrash Metal, der schon lange bestehendes SchredderMetal-Kulturgut wertschätzt, allen Ernstes vorbeikommt, außer derjenige wäre kein SODOM-Fan – hießige Fanmeinungen betreffs der BIG 4 welche Band als Beste gesehen wird, weichen seit es sie gibt unterschiedlich voneinander ab. Wer SODOM schon seit den 80ern nicht mochte, wird heute genausowenig mit den räudigen Ruhrpottthrashern anzufangen wissen. Es verhält sich ählich wie bei Onkel Tom's großen Vorbild Lemmy und MOTÖRHEAD - entweder man mag die Band oder man mag sie nicht. Eine halbgare Zwischenlösung ist völlig ausgeschlossen. - 40 Jahre SODOM, das bedeutet einen Special Oldschool-Set der Gelsenkirchener Thrash-Institution! Von den ebenso mit auf dem Billing stehenden Death Metallern SOULBURN und der Schwarzheimercombo IMHA TARIKAT bekommen wir bedauerlicher weise nichts mehr mit, sind allerdings pünktlich in der Location, die Anhängerschaft harter Klänge wartet geduldig auf die bevorstehende Session von...

KNIFE
geben mächtig Vollgas, diesmal wieder mit Bassist Gypsy Danger (!) an Bord. Vince Nihil zieht sein gesamtes Register an Mimiken, Gestiken und zugehörigen Aufforderungen zum heftigen Mitgehen auf die Songs einschließlich rotierendem PIT ans Auditorium. Das auffällige MANOWAR Shirt passt gut zur Performance des jederzeit sympathisch ehrlichen KNIFE-Frontmanns. Das in jedem Ort zweck dienliche Motivations-Spielchen (diesmal: „Erfurt „Ihr seid die Geilsten“) ist hinreichend bekannt, verfehlt seine Wirkung nicht. Schlagzeuger Ferli Coltello treibt seine Vorderleute mittels präzise taktgenau kraftvollem Drumming dauerhaft zu Höchstleistungen an. Bassist Gypsy Danger (Bass) lässt seine herrlich bis zum Hintern bzw. darüber hinaus reichende Rastamähne im Takt rotieren, Gitarrist Laz der u. a. MILKING THE GOATMACHINE bei deren Liveauftritten unterstützt, spielt ein derart möderisch brutales Brett für zwei, jeder noch so komplex wirkende Griff sitzt genauso sicher wie sämtliche Posen. Die Marburger Black Speed-Thrasher gehen ausnahmslos in die Vollen. „I am The Priest“ „Demon Wind“, „Black Leather Hound“, „White Witch Black Death“ oder „Night Vision“ machen überhaupt keine Gefangenen, sorgen für Staunende Münder, vor Enschlossenheit geballte Fäuste, wild rotierende Haarmähnen, - ein Teil der Fans geht fäuste reckend-headbangend steil, zeitweise bildet sich auch mal ein kleiner Mosh-Pit, doch der hält sich bezogen auf den Gesamtverlauf weitest gehend in Grenzen.

Als besondere Zugabe am Ende zelebrieren die Musiker von KNIFE zusammen mit den Bandmitgliedern aller drei Vorbands gemeinsam das kultige 'Whiplash' Cover von METALLICA im Rahmen einer abgedreht rotzräudigen Jamsession, welche dem vielleicht schnellsten Geschoss des San Francisco-Vierers aus wilden Anfangstagen zur Ehre gereicht unwillkürlich an Wurzeln der Thrashbewegung in den Frühen 80ern denken lässt. Rückblickend auf den Urknall der Thrash-Bewegung als der Genre-Meilenstein 'Kill Em All' im Jahr 1983 den Startschuß für ein heute riesiges enorm gewachsenes für die zahlreiche Anhängerschaft nicht mehr wegzudenkendes Sub-Genre gab! Das Klassikerstück wird satt oldschool-like geschreddert und von den heftig durchdrehenden Fans zu Recht gefeiert.

An der nach den drei Vorbands zu späterer Stunde auffallend hohen Zahl von Bandshirts, bei der Schriftzug und Motive diverser Art einer ganz bestimmten Oldschool-Thrash-Combo plakativ ins Auge fallen, zeigt sich welcher Combo getreu dem Tourmotto 'Evil Obsession' das Privileg zusteht, der zahlreich anwesenden Härtnerschaft im Club Central zum Schluß den Rest zu geben...

SODOM
Lösen bereits die beiden Worte Oldschool Set innerlich Begeisterung bei treuer Oldschool-Metallerschaft aus, - für mich gehört dieses  Ruhrpott-Thrashurgestein, das einschließlich zahlreicher Besetzungswechsel innerhalb der 40jährigen von zahlreichen Höhen und Tiefen geprägten Karriere vieles erlebte und heute immer noch so unverwüstlich ist, wie zu rauen Anfangstagen zur unentbehrlichen Thrash-Grundausstattung seit den 80ern (deren Musik als Kulturgut zu bezeichnen, wäre keine Untertreibung...)  liefern SODOM gewaltig ab. Zunächst läuft noch ein feierliches Intro vom Band, ehe das höllisch rumpelnde Oldschool-Thrash-Inferno über Erfurt hereinbricht! Etwas anderes hätte man vom gestandenen Thrashvierer auch gar nicht erwartet. Die Bühne ist links und rechts mit zwei voneinander abweichenden Witchhunter-Plakaten dekoriert. - Bilder, die das Gesicht des ehemaligen SODOM-Drummers in den jüngeren Jahren repräsentabel ins Gedächtnis zurück rufen. Im Laufe der Vorstellung meint eine Frau wirklich allen ernstes, ob da nicht seitlich auf der Bühne Bilder von THE DOORS-Frontsänger-Legende Jim Morrison (R.I.P.) platziert wären, der ist doch schon seit Jahrzehnten tot... daraufhin erhält sie eine Direktantwort aus dem Publikum „Kannst ihn ja mal fragen...“ und schaut sich verdutzt um, woher die Bemerkung so plötzlich kam? Innerlich kopfschüttelnd wendet sich das verfassende Individuum der Bühne zu. Um den legendären THE DOORS-Bandkopf dreht sich der ganz im Zeichen eines anderen stehende Abend selbstverständlich nicht. Hier geht es um jemand anderen. Ex-SODOM-Schlagzeuger Chris Witchhunter, dessen Ära dieser besondere als Tribut gedachte Set gewidmet wurde, saß in jener frühen der Entwicklung des Bandcharakters wichtigen Rechnung tragenden Bandphase von 1982 – 1992 hinterm Schlagzeug. Der 2008 verstorbene Drummer (R. I. P. Chris!) prägte den typischen SODOM-Sound mit wie kein anderer – sowohl vor - wie nach ihm.

Zunächst läuft ein feierliches Intro vom Band, Thrashurgestein Tom Angelripper im alten 1982er Original-MOTÖRHEAD Iron Fist-Shirt zeigt sich inklusive seiner knorrzigen Ansagen gut gelaunt, wobei das Publikum dem SODOM-Urgestein fast aus der Hand frisst. Fragen wie „Erfurt, Habt ihr Bock?“ gleichen vielmehr einer Feststellung: Erfurt hat, bezüglich brutal fett aggressivem Oldschool-Thrash immer! Die Fragen erübrigen sich im weiteren Verlauf innerhalb der ersten Minuten mit Tom's Ankündigung heute nur Songs von den 80ern bis 1992 zu bringen, ganz von selbst! Damit steht eine besondere Jubiläums-Setlist im gedehnten Modus auf dem Plan, die garantiert so nicht alle Tage vorkommt, was allein der Opening Track „An Eye For an Eye“ vom 1990er Output 'Better of Dead' allzu kräftig signalisiert, dem in „The Crippler“ bereits nach wenigen Minuten eine seltene nicht erwartete Abrissbirne vom 1992er 'Tapping The Vain' Album folgt. Die gestandene Olschool- Thrash-Riege Blackfire/Merkel/Angelripper/Segatz präsentiert sich in voller (nicht komplett ausverkaufter) Hütte motiviert bis in die Haarspitzen top aufeinander abgestimmt arschtight wie auf diversen Festivals einschließlich aller drei zuvor absolvierten Touretappen.

Mit weiteren grausame Schrecken des unnötig von den USA verschuldeten Vietnam-Krieges in Klagender Form aufzeigenden Thrashern – wie dem bedrohlich wummernd von Flugzeugmotorgeräuschen gekennzeichneten „Magic Dragon“ und „Baptism Of Fire“ sowie tödlichen Nackenwirbelzerstörern vom Kaliber „Conjuration“, „Sepulchral Voice; „Blasphemer“ und „Obsessed By Cruelty“ - legen SODOM die Bühne erneut kompromisslos in Schutt und Asche!

Licht & Sound in der Location sind wie schon bei den drei Vorbands gut eingestellt. Drummer Toni Merkel der seinem Schlagzeug in jederlei Hinsicht saures gibt, stieß von den Death Metallern SABIENDAS ins Team und erweist sich als Gewinn. Frank Blackfire bildet zusammen mit dem außerhalb von SODOM bei der deutsch-niederländischen Death Metal-Kooperation ROTTING CASKET agierenden Yorck Segaz und Band Mastermind Tom Angelripper eine bestens geölte permanentes Dauerfeuer gebende Gitarrenachse, die darüber hinaus fette Midtempogrooveparts ebenso hervorragend meisternd geschickt in Sachen Tempovarianz umschaltet. SODOM sind pures Dynamit auf der Bühne – eine massiv kompakte Livemacht!

Binnen kurzer Zeit bildet sich der zugehörige Pit. Alte Klassiker aus der 'Persecution Mania/Agent Orange'-Phase' verfehlen ihre Wirkung beim von Anfang bis Ende spätestens damit vollends austickenden völlig auf das Persecution Mania und Agent Orange-Album eingeschworen steil gehende Publikum sowieso nicht, „Ausgombt“, „Electrocution“, „Agent Orange“, „Christ Passion“,„Nuclear Winter...“ - was für eine Hochkaräter-Setlist (!) bringen die Masse bis in die hinteren Reihen zum Toben, exzessiv wildes Headbangen bis zum Anschlag inbegriffen! Dafür, dass heute konträr zum Tourmotto 'Obsessed By Evil' der heute mal ausnahmsweise nicht berücksichtigt bleibende Standard „Outbreak Of Evil“ fehlt, mag verwundern, hierbei stellt sich die Frage, warum dafür nicht „Proselytism Real“ endlich mal rausnehmen und gegen das tonnenschwere „One Step Over The Line“ ersetzen? Wie dem auch sei, die zerstörerische Durschlagskraft des gewaltigen 20-Song-Hurricans zeigt Wirkung. Nassgeschwitzte Shirts, glückliche Gesichter und eine treu ergebene nahezu restlos vollständig bediente Anhängerschaft sagen alles.

Beim vorletzten in Black Metal Undergroundkreisen schon als Demo seit vier Jahrzehnten Kultstatus genießenden Stück 'Devil's Attack' wird erkennbar, warum SODOM zu frühen Black-Speed-Zeit-Anfangstagen für viele Black Metal- und Black-Thrash-Bands (u. a. in Skandinavien) zu den Wegbereitern im Genre zählen, - schrammelig mit simpelstem Equipment vollkommen unterproduziert (Kellerproduktion!) bei geballter Intensität rotzräudig brutal alles weghobelnd... Das Zugabetriple mit Gedenken der Gefallenen im Vietnamkrieg „Remember The Fallen“, ein ruppig weggeshreddertes „Devils Attack“ vom 1983er Witching Metal-Demo (VENOM übten auf SODOM erkennbar markant in den frühen 80ern enormen Einfluss aus!) bis die zu jedem SODOM-Auftritt gehörige Thrashgranate „Bombenhagel“ die Fanmeute der ca. 2.300 Leute fassenden Location mächtig headbangend einschließlich den vom ersten bis letzten Takt völlig ausklingenden Pit zum Toben bringt, lassen das mit vielen Gängen Ambiente nocheinmal in seinen Grundfesten erbeben, ehe die Lichter im Club Central, Erfurt angehen.

Mit dem vierten und letzen Auftritt der 'Evil Obsession'-Tour 2023 (Heidelberg war komplett ausverkauft!) bescherten SODOM ihren treuen Fans direkt nach Weihnachten einen würdigen Jahresausklang des sich dem Ende neigenden Jahres 2023. - Tom Angelripper und seine Abriss-Crew bleiben unverwüstlich-rauh, rotzräudig-derb, ungeschliffen-dreckig, jederzeit direkt Otto-Normal-Gesellschaft stets den Spiegel der eigenen Dekadenz vor Augen haltend – Unverzichtbarer Thrash-Kult. 'Evil Obsession' - Die 'Unheiligste Tour des Jahres' 2023 hielt, was sie versprach. SODOM dürfen gerne der Szene noch recht lange erhalten bleiben. - Cheers, - auf die nächsten 10!

Mit dieser Sondersetlist brachten SODOM reichlich 'Evil Obessions' nach Erfurt:
Intro
1. An Eye For an Eye
2. Electrocution
3. The Crippler
4. Let's Fight In The Darkness Of Hell
5. Proselytism Real
6. Magic Dragon
7. Never Healing Wound
8. Conjuration
9. Sepulchral Voice
10. After The Deluge
11. Agent Orange
12. Christ Passion
13. Obsessed By Cruelty
14. Blasphemer
15. Baptism Of Fire
16. Nuclear Winter
17. Ausgebombt
18. Remember The Fallen
Zugabe:
19. Devil's Attack
20. Bombenhagel

Fotos und Bericht: Michael Toscher

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