MASTERS OF REALITY - Rüsselsheim
Konzert vom 24.05.2024
Support: ALAIN JOHANNES
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MASTERS OF REALITY
ALAIN JOHANNES
Wenn die Zuschauer sich darüber unterhalten, wann eine Band zum letzten Mal unsere Lande betourt hat, dann zeigt dass den Status der Formation, den sie wurde nicht vergessen nach so langer Zeit. Seit ihrem famosen Debüt „The Blue Garden“ gehören die Erfinder des Stoner Rock zu den Kultbands der Szene. In der Tat haben sie sich lange rar gemacht, ein kürzlich erschienener Song war der erste seit 15 Jahren. Mastermind Chris Goss hat nebenher noch einige Betätigungsfelder, wobei er auf von ihm produzierten Alben gerne auch mitspielt und seinen Sound weiter trägt. Nun war die Zeit aber wieder reif für die MASTERS OF REALITY, weswegen sich FFM-ROCK aufmachte ins Rind nach Rüsselsheim, um der Messe beizuwohnen.
ALAIN JOHANNES
Dort fand sich ein bunt gemischtes Publikum aus Truckermützen, Metalkutten, Hipstern und sonstigen Nerds, darunter auch Musikerprominenz wie Neudi. ein, dazu viele einschlägige Shirts. Bevor es soweit war kam erst einmal ein kräftiger, glatzköpfiger und bärtiger Mann auf die Bühne, bewaffnet mit einem charismatischen Lächeln und etwas, das wie eine Gitarre aussah. Mit einem Korpus ähnlich einer Zigarettenschachtel und acht Saiten, die paarweise den Hals hinunter liefen stöpselte er ein dickes Stoffmantelkabel in das Teil ein, setzte sich auf den Barhocker und legte los.
Auch mit den maximal spartanischen Mitteln wusste er die Leute von Beginn an zu fesseln, zumindest einen großen Teil. Kein Verständnis hatte ich dabei für diejenigen, die ständig dazwischen quatschen mussten. Beirren ließ sich der auf den Namen Alain Johannes hörende Musiker davon nicht und zeigte eine beeindruckende Fingertechnik. Die leicht perkussiven Riffs flirten durch den Raum und erzeugten die ähnlich hypnotische Stimmung, welche die Anwesenden für später erwarteten. Immer wieder kleine Kabinettstückchen in den meist sehr kurzen entschlackten Titeln, sorgten für reichlich Abwechslung.
Dabei klang der Opener „Not Of This Earth“ gar nicht mal so weit weg vom Hauptact des Abends, so ähnlich könnte der ein oder andere Song akustisch klingen. Johannes brachte seinen rauen Gesang emotional rüber, speziell bei Beiträgen aus seinem „Spark“-Album wie „Endless Eyes“, welches seiner verstorbenen Lebensgefährtin gewidmet war. Auch sonst war Trauerarbeit angesagt, „Fall To Grace“ war ein Tribut an den großen George Harrison. Mit einer anderen Größe arbeitete er einst auf dessen Soloplatten zusammen, weswegen mit „Disappearing One“ auch ein Lied von Chris Cornell auf dem Programm stand.
Da das Publikum eine hohe Neunzigeraffinität hatte, waren viele dabei, die mitgesungen haben, ich persönlich kenne sein Werk nur von seinen zwei großen Bands. Die Stimmung hob das natürlich, ebenso wie im Anschluss „Making A Cross“, einer Nummer der DESERT SESSIONS, an denen ja auch Mitglieder des Headliners beteiligt waren. Viele bekannte Sache also für die Zahlenden, weswegen es mehr als nur Höflichkeitsapplaus gab, zumal sich der gute Alain als versierter Gitarrist erwies und das Singer/Songwriter-Ding sehr gekonnt ausbaute.
MASTERS OF REALITY
Wie bekannt der durchaus als Verwandtschaft von Goss durchgewunken gehörte Barde ist, zeigte sich als er nach Erlöschen des Clublichts die Expander schnappte und loslegte. Jener gehört mittlerweile zum Ensemble von Goss und durfte nun auch elektrisch verstärkt zeigen was er drauf hat. Das Auftreten der Band war eher unspektakulär, ein paar Fender-Verstärker, wobei das die bevorzugte Marke zu sein scheint. Ich glaube gäbe es von denen auch Schlagzeuge wär das nicht von Ludwig gewesen.
Spektakulärer war das Auflaufen von Goss, der leider gesundheitlich gehandicapt war nach einem Bühnenunfall, sich aber dennoch tapfer durchkämpfte, auch wenn er ebenfalls auf dem Hocker Platz nehmen musste. Das bemerkte man aber angesichts seines wirklich scharfen Outfits gar nicht, Jeans und hängendes Tuch sind ja nun her gängig, aber das blaugraue Hemd mit Fliege, dazu ein strahlend mintgrünes Sakko hatte absolut was, das muss man sich erstmal trauen.
Einen Einstieg nach Maß erwischte man natürlich mit dem Titeltrack des Erstlings, in dessen eröffnenden a capella-Refrain sofort das Publikum einstieg. Und los ging wie wilde Fahrt, denn gegenüber der Studiofassung geriet der Song deutlich rauer und heftiger, da war mehr Druck dahinter als in der eher bluesrockigen Ausrichtung. Vor allem lärmten die Gitarren ordentlich, man erkannte die Richtung, welche die Musik später in der Karriere nehmen sollte. Mehr Dröhnen, nicht immer klanglich top, aber das Lo-Fi-Shirt von Bassist Paul Powell war bezeichnend. Hinten rasselte die offene Hi-Hat von John Leamy die ganze Zeit und trieb fast alles Stücke mächtig voran.
So bauten die Vier einen ungeheuren Druck auf, der immer wieder massive Klangwände errichtete. Nur selten wurden die Lieder so gespielt wie sie auf Platte vorzufinden sind, vielleicht nur der Hit am Ende des regulären Sets. Viele kurze Kompositionen mündeten in eine Jam, bei der sich Goss und Johannes die Soli gegenseitig zuspielten und die Intensität immer weiter steigerten. Da wurde mit Effekten ebenso wenig gespart wie mit der Lautstärke. Die Menge geriet ob der teils hypnotischen Atmosphäre und der dampfenden Rhythmen immer mehr in Ekstase und feierte restlos ab. Hinten hüpfte Powell stetig mit und brachte auch mit vier Saiten ein paar schräge Figuren.
Die schrägste sicher beim Hasen-Song, wo er den psychedelischen Basslauf immer und immer wieder repetierte, über den die beiden Sechssaiter ebensolche Licks legten. Wenn das Tempo heraus genommen wurde, erzeugte das noch mehr Spannung, ein Ausbruch stand immer kurz bevor. Etwa bei einem auf dem „How High The Moon“-Livedreher etablierten Blues, zu welchem der gute Paul passend die Saiten schwermütig und tief drückte, das Blues-Schema voll durchzog. An weiteren ruhigen Songs fand auch die aktuelle Single, der erste neue Song seit Jahren Einzug ins Set, wenn auch kantiger inszeniert. Trotz der kurzen Eingewöhnungsphase kannten den die Fans bereits ebenfalls.
Jene verschmolzen immer mehr zu einer Einheit und auch mit der Band, kollektiv wurde getanzt, geschwelgt und gehüpft. Gegenseitig stachelte man sich zu ständig neuen Höchstleistungen an, diese Verbindung kriegt so nur roher, ehrlicher Rock, wie ihn die MASTERS OF REALITY in all ihren Facetten bringen. Da erwachte das ursprüngliche Lebensgefühl dieser Musik, der sich auch der gute Chris trotz seiner Eingeschränktheit anschloss. Nicht nur weil er den Beifall genoss war er bester Laune, er faxte und unterhielt mit launigen Ansagen und traktierte seinen Telecaster auch im Sitzen wie ein Wilder. Schon ein Unikum dieser Mann mit seiner Charakterglatze und all seiner Eigenwilligkeit.
Bei der Songauswahl griff auch er zu den DESERT SESSIONS zurück, die in Stonerkreisen ähnlich kultig verehrt werden wie seine Hauptband. Hauptaugenmerk lag aber klar auf „Sunrise On The Sufferbus“, mit dem sie einst ihren Sound definierten. Gerade bei der Zugabe war diese Metamorphose gut zu erkennen, als eines der populärsten Blues-Standards so gekonnt in den eigenen Stil übertragen wurde, dass man ihn problemlos für eine Eigenkomposition hätte halten können.
Bei aller Bewunderung für das Wer war es nicht zu verhehlen wie die Stimmung noch einmal nach oben schwappte als die schnellen Akkorde des zweiten Tracks vom Debüt angespielt wurden, von dem hätte es ruhig noch ein bisschen mehr sein können. Ab da gab es ohnehin kein Halten mehr die MASTERS OF REALITY wurden bis zum erschöpften Ende frenetisch gefeiert. Danach saß Chris Goss noch lange auf seinem Hocker im Eingangsbereich und suchte weiter die Nähe zu den Fans.
Setlist MASTERS OF REALITY:
Blue Garden
Absinthe Jim & Me
Third Man On The Moon
Alder Smoke Blues
Also Ran Song
Rabbit One
Sugar
Hangin´ Tree
100 Years (Of Tears On The Wind)
Mr. Tap´n´Go
V.H.V.
Domino
She Got Me (When She Got Her Dress On)
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Ants In The Kitchen/Goin´ Down