THRESHOLD - Aschaffenburg
Konzert vom 11.10.2024
Support: GRACE & FIRE, GODSNAKE
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THRESHOLD
GODSNAKE
GRACE&FIRE
Im letzten Jahr stand die Tour im Zeichen des Ende 2022 veröffentlichten „The Dividing Line“, welches das Set bestimmte. Für eine progressive Band immer eine schwere Entscheidung, ob man den Fans das bietet was sie lieben, oder sich entwickeln will. Das gilt auch für die Setlist, deswegen wählten THRESHOLD nun einen völlig anderen Ansatz und kündigten für die nächste Rundreise Songs von jedem Album an. Kurz vor Tourneestart erkrankte jedoch Sänger Glynn Morgan, in Alessio Garavello fand sich aber glücklicherweise Ersatz. Natürlich stand wieder ein Gig im Aschaffenburger Progtempel an, bei dem GRACE & FIRE sowie GODSNAKE die Vorbands gaben.
GRACE & FIRE
Ihre Landsleute, welche von Gitarrist Karl Groom produziert werden führten die Reihe fort an Bands, die sich stilistisch nicht weit weg vom Hauptact weg bewegen. Gleich mit den ersten Tönen gab es frickelige Staccatoriffs, Synthesizerflächen und einen bunten Strauß Melodien. Im Gegensatz zu AFTER LAPSE im letzten Jahr hatten GRACE & FIRE aber deutlich mehr Drive und auch dieses rockige Element, welches man beim Headliner so schätzt. So gelang es besser das Publikum von sich zu überzeugen, da war nicht nur musikalisch mehr Bindung.
Auffälligster Akteur war Gitarrist Aaron Gidney, nicht nur wegen seiner stilistisch recht gemischten Haarpracht, etwa das was derzeit in den Barbershops zur Mode gereift ist. An den sechs Saiten bewiese er mehr Geschmack und wusste vor allem mit flächigen Soli Akzente zu setzen. Diese wurden von Joshua Gidney an den Tasten oft gekontert, oder untermalt, wobei der Mann auch ein paar mal in Erscheinung treten durfte. Zu Gute kam der da schon ordentliche Sound, der die Details von Lieder wie „Paradise Lost“ oder „The Eyes Of The Seer“ von ihrem Debüt „Elysium“ gut zur Geltung brachte.
Sänger André Saint überließ dem Saitendehner einige Momente und wirkte unter seiner tief ins Gesicht gezogenen Mütze etwas unsicher. Musste er nicht sein, gesanglich war das sehr sauber intoniert, stimmlich eher in höheren Falsettgefilden angesiedelt, also typischer für ihren progressiven Metal. Gesten , welche die Emotionen unterstreichen sollten waren zwar da, aber wegen seinem zurückhaltenden Auftreten nicht so ausladend wie sie hätten sein können. Spielfreude war zwar vorhanden, doch die Konzentration auf die Instrumente kostete etwas Lockerheit.
So schnallte sich Tim Ashton den Bass recht hoch, in dem Genre allerdings auch nicht ungewöhnlich. Ein paar Mal suchte er die Nähe zu seinem Frontmann oder Gidney auf der Gegenseite. Sein Rhythmuspartner Graham Brown setzte vor allem auf treibende Beckenarbeit, was die Bühnenwirkung ihrer Kompositionen steigerte. Dem Colos-Saal gefiel es, was nicht nur daran lag, dass sie sich mit dem Material leichte taten. Gegen Ende gingen die ersten Fäuste in die Luft und Saint konnte sogar ein Singalong anstimmen.
GODSNAKE
So recht ins Bild wollten diese nicht passen, aber das war egal, drei Bands aus dem selben Stall sind auf Dauer auch anstrengend. Was man mit den zwei anderen Formationen gleich hatte, war die Melodiösität der Refrains und in der Riffarbeit der Einfluss des Thrash. Der stand aber bei ihnen deutlicher im Mittelpunkt, was mächtig Druck auf den Kessel brachte. Und zwar vor wie auf der Bühne, denn der kernige Groove des Fünfers ging gleichsam in Nacken und Beine, man konnte gar nicht anders als mitzugehen. Irgendwo bei mittelalten METALLICA etwas reingeschaut mit kurzen Kompositionen modern auf den Punkt dampfte das schnörkellos aus dem Boxen.
Das rockte ebenso schön wie es richtig im Gebälk krachte, dazu noch die mehrstimmigen Gesänge zwischen Harmonie und Gangshout, eine interessante wie eingängige Mixtur. On Top gab es noch feine Breakdowns oben drauf, was die Waden erst recht strapazierte und Bewegung in die Bude brachte. Das wurde vom Publikum natürlich sofort goutiert, wo die Hände schon von Beginn an hochgingen und die Band nicht erst um Zuspruch werben musste. Dafür warben sie wie die erste Truppe recht oft für den Headliner, was gar nicht nötig gewesen wäre, ich denke mal nicht, dass das so im Vertrag stand.
Es war jedoch nicht nur ihre starke Version von Metal, sondern vor allem das Auftreten der Jungs, die wie ihr Material nur eine Richtung kannten, die nach vorne. Allen voran Gitarrist Pepe Pierez, der die ganz vordere Rampe mächtig beackerte und dabei richtig Vollgas gab. Da musste die erste Reihe richtig aufpassen, dass sie von seiner Dean Flying V nicht getroffen wurde, so tief flog die streckenweise. Besonders bei den Soli, die er mit fiesen Grimassen unterlegte und dabei immer die Zuschauer taxierte.
So breitbeinig wie er da stand hatte es Bassist The Walt schwer sich auch nach vorne zu kämpfen, dabei war ihm der unmittelbare Draht zum Publikum ebenso wichtig. Oft blieb ihm nichts anderes übrig als seinen Jackson fast aufrecht zu halten, aber irgendwie schien er an der Art zu Posen mit der Zeit Gefallen gefunden zu haben. Auf der linken Seite turnte der zweite Axtmann Steve kaum weniger agil vor dem fulminant drauf hauenden Schlagwerker Sidney herum.
Frontmann Torger heizte noch dazu mit ein, sowohl mit seinem Stageacting, das ebenso direkt ansprach als auch bei den Ansagen. Um Posen war der charismatische Schlacks ebenfalls nicht verlegen und turnte mit seinem Mikroständer umher, dass die vorderen Reihen von beiden Seiten attackiert wurden. Seine bellender Gesang drückte, im melodischen Sektor kannte er sich genauso aus, was ihn als Vokalist variabel machte.
Ihr Programm hatten GODSNAKE gut durchmischt, das Debüt „Poison Thorn“ kam mit Titeln wie „Blood Brotherhood“ oder dem Rausschmeißer „Stone The Crow“ vielfach zum Einsatz. Wie auf der neuen Scheibe „Eye For An Eye“ gab an dem Abend „The Sickening“ den Opener, daneben unter anderem „Apocalypse For Free“. Damit wurde die Jungs mächtig abgefeiert und dürften an dem Abend viele neue Fans gewonnen haben, das Colos-Saal machte den Schwenk gerne mit.
THRESHOLD
War der Lautstärkepegel schon bei der zweiten Band ziemlich hoch, so steigerte er sich schon als das Licht ausging und zu einem noisig-sphärischen Intro die Matadoren die Bühne erklommen. Eine gewisse Spannung lag in der Luft, zweierlei Gründe waren dafür verantwortlich. Die erste wurde mit dem Opener von „Dead Reckoning“ beantwortet, dass man so weit vom angestammten Programm nicht weg ging, aber als Auftakt eignet sich die Nummer immer perfekt. In der Folge gab es dann Stücke aus den frühen Alben von denen einige schon seit mehr als zwanzig Jahren nicht mehr gespielt wurden. So wechselte es zwischen Überraschungen und altbewährten hi n und her, für Fans machte es die Sache noch aufregender.
Zur noch größeren Frage wurde jedoch plötzlich wie sich die gesangliche Aushilfe schlug, von Beginn an hingen die Zuschauer an seinen Lippen. Groß und schmal, mit abrasiertem Resthaar und tätowiertem Arm wirkte er dennoch unscheinbar, eine gewisse Nervosität ist nicht zu verbergen. Den Arm mit dem Mikro immer sehr eng am Körper suchte Garavello dennoch immer die Nähe zum Auditorium, versuchte dieses zu unterhalten, aber die große Ausstrahlung fehlte. Wobei mit einem Glynn Morgan konnte er es durchaus aufnehmen, ein Damian Wilson blieb jedoch unerreicht.
An dem orientierte sich der Mann stimmlich dann doch eher wie am rockigeren Organ der beiden anderen Vorgänger und bot die im Prog Metal typischen höheren klaren Tonlagen. Seine Mitstreiter setzten ihn immer gut in Szene, forderten mehrfach Applaus für dessen Leistung, der sich das oft schwierige Material auch schnell drauf schaffte. Ganz ablegen konnte der gute Alessio auch seinen Akzent nicht, der ein paar melodische Klippen steiler machte, ansonsten war alles sehr sauber, wenn er sich auch nicht auf die ganz großen Emotionen einlassen konnte.
So gab es an bei der Tour etwas weniger Raum, weil sich der Sänger doch seinen Platz vorne erkämpfte und in den instrumentalen Passagen auch nicht immer die Bühne verließ. Dabei waren die durchaus ausladend, wenn auch für eine Band des Genres nicht zu frickelig. Den Song und die Themen hatten Karl Groom und Richard West stets im Blick, ihre Beiträge melodisch und mit viel Atmosphäre. Egal, ob sie sich im Duell die Bälle zuspielten oder sich in wunderbaren Harmonien ergingen.
Gerade der Sechssaiter verfügt über diesen weichen warmen Ton, den nur britische Musiker haben und ließ damit seine Soli immer wieder empor steigen. Am besten passte dies bei den epischen Balladen mit ihren weiten Refrains, welche auch die Fans herrlich mitsingen konnten. Gegen Mitte des Sets konnte sich die Formation den Luxus erlauben gleich zwei davon direkt hintereinander rauszuhauen. Für noch mehr Tiefe sorgte Steve Anderson, der sich ein sehr wuchtiges Langholz umgeschnallt hatte und auch einige Leadpassagen erhielt.
Mit ihm poste Groom oft synchron, wenn er auf die linke Bühnenseite wechselte, wobei das tighte Spiel sehr gut zu beobachten war. Auf seiner rechten Seite hatte er mehr Platz und ging oft in breitem Schritt in die Knie, während er sein Arbeitsgerät aufrecht vor sich hielt. So gaben sich die vielen abgestoppt gespielten Riffs noch mehr Effekt her, wie er diese mit Leichtigkeit hinzauberte war noch bewundernswerter. Im Gegensatz zum Support merkte man dem Stageacting dennoch ein gewisses britisches Understatement an, die Musik sprach durchweg am lautesten. Da könnten THRESHOLD mal mehr Mut beweisen, vielleicht ein Grund, warum diese brillant spielende Combo nie den großen Erfolg einfahren konnte.
Denn nicht nur instrumental waren sie ein Uhrwerk, welches perfekt zusammen agierte, auch gesanglich hatten die mehrstimmigen Passagen ebensolche Klasse. Allen voran Richard West, der bei seinem Nebenprojekt OBLIVION PROTOCOL den Leadgesang übernimmt, doch Groom und Anderson schalteten sich ebenso ein. Permanent angetrieben vom grandiosen Johanne James, der Breaks hinzauberte, die einem die Kinnlade offen stehen ließen, obendrein derart kraftvoll, dass er hinter die Glasscheibe musste.
Dahinter gab er jedoch nicht nur den Takt vor, sondern unterlegte die sphärischen, getragenen Parts mit entsprechenden Gesten. Da stand er, musste nur wenige Beckenschläge beisteuern und hob dazwischen seine gekreuzten Sticks oder machte ausladende Bewegungen mit der Hand. Alles immer mit einem gewissen Augenzwinkern und Vergewisserung, dass es jemand wahrnimmt, der gute Johanne ist einfach der Spaßvogel der Truppe.
Im weiteren Verlauf wurde tatsächlich jeder der bisherigen zwölf Longplayer einmal bedacht, wobei nicht unbedingt die kürzesten Lieder zum Zuge kamen, um den Abend nicht ausufern zu lassen. In den hundert Minuten kam wirklich jeder auf seine Kosten, mal mehr, mal weniger. Auch der Verfasser dieser Zeilen hätte beim einen Album gerne einen anderen Track gehört, beim nächsten trafen THRESHOLD voll ins Schwarze.
Natürlich wurde die letzte Nummer des regulären Sets mächtig abgefeiert, neben dem leider nicht gespielten „Lights And Space“ ihr Hit, aber vom Meisterwerk „Hypothetical“ geht ohnehin alles. Mit zwei Tracks von „Legend Of The Shires“ in den Zugaben geht das dreißigjährige Jubiläum zu Ende, dass die Formation trotz der Umstände in Topform zeigt. Wobei das Doppelalbum das stärkste der späteren Karriere darstellt und bei den Titeln jeder nochmal alles aus sich heraus holt.
Setlist THRESHOLD:
Slipstream
Devoted
Virtual Reality
Freaks
The Mystery Show
Falling Away
The Man Who Saw Through Time
Mother Earth
Ashes
The Ravages Of Time
Silenced
Mission Profile
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Snowblind
Small Dirk Lines
Fotos mit freundlicher Genehmigung von Jutta Bradtke