VOODOO CIRCLE - Waldbronn

11 voodoocircle waldbronn 05Konzert vom 16.11.2024

Support: MOONDAY6, GREY ATTACK

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VOODOO CIRCLE

GREY ATTACK
MOONDAY6

Nachdem die Pandemie vorbei war, die anderen Projekte abgearbeitet und nach fast vier Jahren wieder ein neues Album veröffentlicht wurde, war es an der Zeit wieder „on the road“ zu kommen. “Hail To The King“ war noch nicht einmal auf den Markt als die Tournee los ging, anscheinend konnten es VOODOO CIRCLE gar nicht mehr erwarten. Und da das neue Album gut mundete wollte FFM-Rock sich das nicht entgehen lassen. Allerdings war das Konzert im öfter frequentierten Rex in Bensheim am selben Tag wie FISH in Frankfurt, weswegen der Verfasser dieser Zeilen tatsächlich googeln musste, um festzustellen, dass Waldbronn auch nicht viel weiter ist. Mit dabei im Soundcheck One waren noch MOONDAY6 und GREY ATTACK.

Das musste man erstmal finden, denn es liegt etwas hinter dem Ort in einem alten Industriegebiet, wobei das Gemäuer auch jenen Charme versprühte. Dort haben ein paar Enthusiasten einen Verein gegründet, der diesen klassischen Metalschuppen zum Leben erweckte. Die Wände voll Memorabilien aus den Achtzigern, dazu Platten und Becken, an der Theke gibt es selbst Sprudelwasser in der Bierflasche. Um möglichst viele Gäste empfangen zu können hängt über dem Hauptraum eine Lounge, der man einen Preis für optimale Raumnutzung verleihen müsste. Und das Publikum voll wunderbar altgedienten Haudegen, die gerne mal wie Opa aus dem Krieg erzählen.

MOONDAY6
So war es natürlich schon früh kuschelig, auch wenn einige noch draußen anderen Genüssen frönten, als die Jungspunde des Abends die Bretter enterten. Dabei waren einige von ihnen schon gestandene Musiker, Leadgitarrist Holger war schon bei VELVET VIPER. Der fiel vor allem durch seinen pinken Cowboyhut auf, der mich ein wenig an einen alten Freund erinnerte. Witzigerweise hätte dem die musikalische Marschrichtung zugesagt, denn das Quartett präsentierte die rotzigste Vorstellung des Abends. In ihren Hard Rock, der schon eine dreckige Sleaze-Note hatte, packten sie noch eine Prise Punk.

Jener Eindruck wurde auch von der Frise ihres Frontmannes Tobek verstärkt, der sich auch sehr energisch gebärdete. Seine raue Stimme war einst in der á capella-Formation VOCALDENTE der Gegenpart, hier konnte er ganz ungeniert losrocken. Ihm merkte man die beengten Platzverhältnisse am meisten an, er hätte sich gerne deutlich mehr bewegt. Dafür verballerte er sein überschüssiges Pulver für die fortwährenden Aufforderungen ans Publikum.
Wenn sein Axtkollege Holger zum Solo ansetzte, musste er die Rampe für ihn freigeben, damit der sich passend in Pose werfen konnte. Die wussten zu gefallen, nur hätte Drummer Marvin seine Arrangements etwas mehr daran ausrichten können, dafür haute der mächtig auf sein Kit. Trotz des spielfreudigen Auftretens gelang es ihm aber kaum die Menschen wirklich zu bewegen. Ein paar Fans, die die Jungs schon kannten sangen zwar mit, aber vom Rest gab es nur Höflichkeitsapplaus.

Dabei konnte sich ihr Material sehen lassen, dass bei aller Räudigkeit auch melodische Refrains spendierte. Etwa beim leicht melancholischen „Rain“ oder „Hunt The Sun“, das als Song für den Sommer angekündigt wurde. Mal sehen, vielleicht hole ich ihn damit im nächsten Jahr hervor, in dem hat er sich ja vor dem Rezensenten versteckt. Ruhige Momente suchte man vergebens unter den Stücken ihres Debüts „All Night Long“, dessen Titeltrack den Gig beschloss. MOONDAY6 kannten nur eine Richtung, aber in der lief man von Zusammenspiel nicht immer so ganz auf einer Linie, die Power stand im Vordergrund.

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GREY ATTACK
Jene Herren hatte ich vor ein paar Jahren mit BONFIRE erleben dürfen, schön zu sehen, wenn solche Hobbycombos über all die Jahre ihr Line-Up halten, dieses kumpelhafte zeigte sich dann auch im Auftreten. Routiniert und eingespielt waren die Aachener die modernste Combo des Abends und wussten mit ein paar interessanten Ideen aufzuwarten. Doch wie schon ein paar Jahre zuvor war das vielleicht ein wenig zu viel Routine, denn wo man der ersten Vorband technisch das Wasser abgrub, da konnte man vom Schwung her nicht mithalten.
Ein wenig altbacken wirkte das Stageacting schon, gerade Bassist Frank Le Gov wollte kraftvoller rüberkommen als er es ausstrahlen konnte. Ein wenig schien er sich sogar hinter den bereits aufgebauten Tasten des Hauptacts zu verstecken. Zwar den Blick immer gen Publikum gerichtet fehlte ein wenig der Biss. Rhythmusgitarrist Wulff Maahn schwang die ganze Zeit lässig die Hüften hin und her, blieb aber unterm Strich ebenfalls blas. Leider kann von Bandnamen eher das grau rüber als die Abteilung Attacke.
Lediglich Sänger und Leadgitarrist Grey Charlez, der sich vorne mächtig aufbaute, blieb einem nachhaltig im Gedächtnis. Er konnte den Liedern mit seiner variablen Stimme Charakter verleihen, und auf Konserve klingen die auch ordentlich. Doch live fehlte mir einfach der Schmiss, die Breaks von JFK knallten einfach nicht, so ging die ein oder andere dramaturgische Wendung verloren. „I Love Rock´n´Roll“ nahm man so die Botschaft nicht ab, so sehr man damit versuchte die Leute abzuholen.

Von den Melodien wussten gerade die Nummern vom neuen „Back To Greysland“ einen zum mitsingen zu animieren, allein der Rest vom Kopf wollte nicht so mitgehen. „Lost“ oder „Soldiers“ haben durchaus einen ernsten Hintergrund, ihr Handwerk verstanden die Vier, aber es blieb eben biederes Handwerk, welches auch unter dem etwas undifferenzierten Sound litt. Da half auch edles Instrumentarium wie ein Fünfsaiter-Bass von Jackson oder eine ESP-Gitarren wenig. So konnten sich ihre Kompositionen nicht voll entfalten, dass selbst der abschließende Bandhit „Over The Rainbow nicht heraus stach.

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VOODOO CIRCLE
Konnten die beiden Support Acts die kalte Nacht noch nicht so erwärmen, so wendete sich das Blatt schon als die Fünf sich ihren Weg zur Bühne bahnten. Als Letzter kam David Readman eingeschneit, der erst einmal etliche Hände drücken musste, für ihn war das ja fast ein Heimspiel. Da wurde es schon mit dem Opener laut im Publikum, der eine wuchtige Opulenz in die Halle zauberte. Natürlich hätte man da schon das erste Mal über offensichtliche Querverweise fachsimpeln können, doch die Qualität des Songmaterials gab das nicht her. Eher sah man sich genötigt mitzugehen, so gingen auch die ersten Hände hoch, und im Anschluss auch der Lärmpegel in die gleiche Richtung.

Das Geschehen wurde vom Frontmann bestimmt, der sich ein klein wenig Raum schaffen konnte, in der er unentwegt umher tigerte und den Kontakt zu den Kollegen suchte. Oder auch zum Publikum, wo das Hände schütteln nicht aufhörte, aber der gute David genoss die Nähe und den Zuspruch. In dem Laden beileibe kein Unbekannter hatte er das Auditorium immer im Griff und stachelte es zu Höchstleistungen an. Dass er selbst in Japan auf die Stimmung in Waldbronn angesprochen wird, mauserte sich bei den Ansagen zum Running Gag.
Waren diese immer witzig gehalten, so lag das wahre Talent in seiner Stimme im Gesang, der schon auf dem aktuellen Langspieler eindringlicher denn je ausfiel. Ganz tief emotional croonte er mit samtigem Timbre, holte einen mit kraftvollem Rockshouting ab und bewies brillantes melodisches Gespür. Eigentlich wartet man nur auf das Angebot von WHITESNAKE, mit ihm diese Legende weiterzuführen. Auf jeden Fall gab Readman den besten „The Cov“ seit Coverdale selbst, ein Organ das für bluesigen Hard Rock wie prädestiniert scheint.

Unterstützt wurde er des Öfteren von Keyboarder Alessandro DelVecchio, der gut harmonierte. Viel besser harmonierte er noch mit dem Meister höchstselbst, denn was die beiden an Orgel und sechs Saiten zauberten war ganz großes Kino. Hatte man ob einiger Unwuchten im Sound der Vorbands so seine Bedenken kam der Mix für so einen kleinen Laden gut aus den Boxen. Gerade den Tasten wurde viel Platz eingeräumt, um sich wirklich als Impulsgeber zu etablieren. Ob nun röhrend, um den Druck zu erhöhen, mit feinen Flächen oder filigranen Leadpassagen, die Italiener beherrschte mit relativ kleinem Besteck die gesamte Palette.

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Hinter ihm stand auch diesmal der Bassist ein wenig im Abseits, gut dass Alex Janssen einen Kopf größer ist als der Hans Dampf der Melodic Rockszene. Die beiden verstanden sich auch prächtig, der Viersaiter streckte öfter seinen Kopf zum ihm, um sein Mikro für Backgroundchöre zu erhaschen oder mit ihm zu scherzen, das spiegelte die enorme Spielfreude der Band wieder. Dabei liefert er ein solides Fundament und konnte vor allem in den ruhigen Passagen mit schön tief gedrückten Tönen für Atmosphäre sorgen.
Sein Ryhthmuspartner musste sich auch mit einer recht kleinen Konfiguration zufrieden geben, das Kit von den Glenn Hughes-Shows hätte wohl gar nicht auf die Bühne gepasst. Dafür haute er mit umso mehr Kraft rein und sorgte mit kreisenden Sticks schon beim ersten Break für Schauwerte. Er war der Motor, der vor allem mit seiner fulminanten wie auf den Punkt getimten Beckenarbeit alles antrieb und auch die Solopassagen gekonnt akzentuierte. Bei einem Solo durfte er seine Entertainer – und Drummerskills noch mehr unter Beweis stellen.

Profitieren konnte jeder Musiker von der Zurückhaltung des Bandchefs, der sehr mannschaftsdienlich agierte. Keine überzogene Zurschaustellung, kein Egogezocke, sondern wirklich eine sehr feine Klinge mit der er auf der rechten Bühnenseite focht. Sehr in sein Instrument vertieft ging er nur bei den richtig knackigen Riffs aus sich heraus und legte mehr Wert darauf den richtigen Ton zu treffen. Für die schneidigen Riffs und die flirrenden Soli musste die Les Paul ran, wenn mehr Feeling gefragt war, durfte der Stratocaster tun, was eben nur ein Stratocaster kann. Innerhalb seines dicht gesteckten Feldes vermochte er jede Winkel davon musikalisch abzuschreiten und Leben einzusäen.

Zu genau weiß Beyrodt was er kann und wie er es einsetzen muss, ein Bewusstsein, das er auch für sein Oeuvre hegt. So stammten alle Titel vom Referenzwerk „Broken Heart Syndrome“, der zugänglichsten Scheibe „More Than One Way Home“, dazu vom neuen Album, dass es mit denen aufnehmen kann. Gerade der zweite Longplayer prägte das Set, als Höhepunkte erwiesen sich die beiden ruhigen Stücke daraus, mit denen er streckenweise Hendrix die Ehre erwies. Da konnte sich sein Sänger voll entfalten, zudem uferten beide in lange Jams aus, in denen er sich mit DelVecchio die Bälle kongenial zuspielte, und beide in einen Rausch steigerten.

Kein Wunder, dass das Soundcheck One aus allen Nähten zu platzen schien, hier wurde die große Rockshow geboten, grundehrlich und mit Volldampf. Kaum eine andere Formation kann so das Siebziger-Feeling mit dem Drive der Achtziger mischen und die Fans mit ins Wechselbad der Gefühle nehmen. Im Prinzip haben VOODOO CIRCLE alles im Übermaß, was diese Spielart ausmacht und bringen es in neunzig Minuten frisch und energetisch unters Volk. Hoffentlich bleiben die Herren jetzt mehr am Ball und nutzen das Momentum des neuen Langeisens, gerade wo der gute Alex ein Bandvehikel weniger zu betreuen hat, dann könnten solche Locations leider zu klein werden.

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Setlist VOODOO CIRCLE:
Heart Of Babylon
No Solution Blues
This Could Be Paradise
Let It Rock
Blind Man
Tears In The Rain
When Destiny Calls
  -Drumsolo-
On The Edge
Devil´s Daughter
Cry For Love
Lay Down Your Lovin´
King Of Dreams
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Graveyard City
More Than One Way Home