X-MAS ROCK FESTIVAL 4.0 - Hördt
Konzert vom 26.12.2024
Bands:
DELUSION
INDIGO
SOUTHBOUND REBELLION
Homepage:
DELUSION
INDIGO
SOUTHBOUND REBELLION
Alle Jahre wieder erwacht die Vorderpfalz, rockkulturell nicht unbedingt der Nabel der Welt und veranstaltet ein feines Event in der Schulturnhalle von Hördt. Ein kleines Stelldichein lokaler Größen mit familiärem Flair, das in dem Jahr noch etwas enger war als sonst. DELUSION sind noch verdammt jung und erst seit einem halben Jahr auf der Bühne, seit etwa dem Zeitraum sind INDIGO wieder da, die vor einem Vierteljahrhundert vor höheren Weihen standen. Dazu noch SOUTHBOUND REBELLON, eine der interessantesten Coverformationen, die sich quer durch den kompletten Southern Rock arbeiten.
DELUSION
Schon früh um 19 Uhr standen die Jungspunde auf der Bühne, die mich ein paar Wochen davor im Bärenbrunnerhof überzeugen konnten. Und tatsächlich haben sie seitdem noch etwas an Sicherheit gewonnen, obwohl die damals für ihr Alter schon beeindruckend war. Los ging es erstmal mit ein paar Coversachen von METALLICA, zumindest orientierten sie sich an deren Fassungen, denn auch jene Helden coverten recht gerne. Da machte ihnen nicht einmal die Geschwindigkeit Probleme, die Jungs zockten sich sicher durch das Set.
Wobei sie Unterstützung von Dariel Pfirrmann bekamen, der seinen Sohn Bela am Bass ersetzt, der sich beim Schulsport verletzte. Liebe Leute, werft Euch ins Publikum oder von sonstigen Höhen herab, macht alles nichts - die wahre Gefahr liegt im Volleyball. Der blickt selbst auf einige aktive Jahre zurück und konnte auf der Bühne als Bindeglied fungieren, hielt sich dabei oft hinten bei Schlagzeuger Arjen Kuklinski auf. Doch auf seine Hilfe waren die anderen nicht unbedingt angewiesen und zogen schon konsequent ihr Ding durch.
Was Frontmann Jakob Dorn hier ablieferte, war große Klasse, nicht nur angesichts seiner gerade mal vierzehn Jahre. Da wurde beim ein oder anderen Riff oder Schlussakkord auch mal gesprungen und so richtig die Euphorie rausgelassen. War er in der kleinen Bude im letzten Monat noch etwas eingeengt nutzte er die volle Größe der Bühne und fand immer wieder seine Mitstreiter zum gemeinsamen Zocken. Die Spielfreude schlug sich auch in seinem musikalischen Beitrag nieder, an den sechs Saiten gab er ordentlich Gas, die Riffs krachten wunderbar rein.
Stimmlich fehlt ihm natürlich noch die harte Kante, da macht sich seine Jugend noch bemerkbar, das Bellen eines Papa Het geht ihm noch ab. Dafür war seine Intonation perfekt für das unsterbliche „Paranoid“ geeignet, und konnte auch ein paar punkige Nummern am Ende veredeln. Auch bei den Soli konnte er so richtig was reißen, kam teilweise an die Intensität der Originale ran, wobei sich der eigene Charakter noch ausbilden muss, aber handwerklich über alle Zweifel erhaben.
Richtig gut verstand er sich mit Moritz Detzel an der zweiten Gitarre, wie tight die beiden agierten war schon verblüffend. Vielleicht haben sie noch nicht ganz so den Druck und die aggressive Attitüde dahinter, aber solche Leadpassagen wie in „For Whom The Bell Tolls“ eröffnet das eine Nähe zu den Twin Leads einiger Classic Rockacts. Das brachte eine sehr interessante Dynamik mit ein, auf die sich auch im Songwriting aufbauen ließe. Detzel erwies sich optisch als zurückhaltender, war sehr auf sein Spiel konzentriert und blieb zumeist auf seiner rechten Flanke. Teilweise suchte er noch die Bindung zum Geschehen vor der Bühne, aber das er seine Schüchternheit gar nicht verbergen wollte, machte ihn ungemein geerdet und sympathisch.
Da würde der gute Arjen am Schlagzeug gerne mit vorne mitmischen, die Schießbude stand bei der großen Bühne recht tief hinten. Doch sein Spiel konnte man dennoch sehr gut beobachten, was nicht nur aufgrund seines Alters eine Augenweide war. Am Intro von „Am I Evil?“ scheiterten schon einige, er bekam das ebenso auf den Punkt hin wie die Beckenarbeit zum Auftakt des W.A.S.P.-Krachers „Wild Child“. Ganz großes Kino war dann „Everlong“ von den FOO FIGHTERS, der Swing bei den Rolls in der Bridge war einfach Hammer.
Neben der schon vorhandenen spielerischen Klasse haben die Vier auch im Songwritinghandwerk was auf der Pfanne. Das erste Eigengewächs „Atomic War“ ist ein Statement mit feinstem Thrashgewitter, bei dem die Spielfreude so richtig durchscheint. Der ruhige Mittelpart deutet dann das an, was im rockigen Groover „All I Want“ durchscheint. Stilistisch suchen sich DELUSION noch, was man auch an den breit gefächerten Covers sieht, doch in dem Alter ist man überall auf der Suche. Wenn sich die Persönlichkeiten entwickeln, könnte was richtig Großes auf uns zukommen.
INDIGO
Nach dem Nachwuchs war die Vätergeneration dran, denn einige haben das Talent in die Wiege gelegt bekommen. Nicht umsonst spielte das Quartett Ende der Neunziger sogar mal am Ring und hätte bei einigen anderen Umständen mehr erreiche können. Angestachelt vom Tatendrang der Kids wollen es die Herren noch einmal wissen und boten das Set mit dem wenigsten Fremdmaterial auf. Wobei ihre Musik klar ein Kind ihrer Zeit war, der Alternative Rock war in den Neunzigern eine der vorherrschenden Spielarten.
„My Saviour“ war der treibende Opener, bei dem die Gitarren dominierten aber nicht alles erdrückten. Ohnehin ließ man den Melodien viel Raum, die Marco Feth hingebungsvoll ins Mikro schmetterte. Seine emotionale Stimme trug die Melodien, gerne auch begleitet von ein paar Harmonien seiner Kollegen. Im weitern Verlauf kamen auch viele ruhige und getragene Nummern zum Einsatz, bei dem sich die sechs Saiten flächig aufbauten wie „Be Here Now“ oder sich hymnisch erhoben wie „King For A Day“.
An der zweiten Gitarre glänzte Michael Dorn, einer der Väter des Opening Acts, der lässig auf der Bühne rumturnte und die ganze Zeit ein Lächeln im Gesicht hatte. Spielend leicht hantierte er mit seinem Spielgerät und ließ feine, nie reißerische Soli vom Stapel. In der Lockerheit war die ganze Erfahrung zu sehen, wobei die Vier unglaublich kompakt agierten nach so einer langen Pause. Als Rückgrat fungierte an den dicken Saiten der gute Dariel, der an dem Abend eine Doppelschicht fahren musste. Die Sicherheit mit der die Finger die tiefen Töne pumpen ließen bot seinen Mitmusikern die ideale Grundlage, wobei auch bei ihm die Art wie er den Bass hielt sehr locker wirkte.
Hinten schob Martin Müller das Ganze mächtig an, wobei er sich kaum mal auf das reine Halten des Taktes konzentrierte, sondern ordentlich in den Kesseln rührte. Gerade diese Breaks brachten viel Abwechslung in die Kompositionen und variierten gekonnt die Dynamik. Beim „Ghostdance“ packte er die Softsticks aus, die anschwellenden Patterns verliehen der Nummer die passende gespenstische Atmosphäre. Voll wurde es auf der Bühne als Dorn Unterstützung von gleich beiden Söhnen bekam, die volle Axtpower.
Was sich bei ihrer Stilistik nicht verhehlen lässt ist der Einfluss von PEARL JAM, die auch mal in ruhigen Parts durchscheinen. So verwunderte es nicht, dass man deren Überhymne „Alive“ sehr toll ablieferte und das Publikum zum Mitsingen brachte. Überraschender war dann „Waiting For Stevie“ vom aktuellen „Dark Matter“, was die Wertschätzung zu der Formation offenbart. Witzigerweise hatte man mit „Plush“ der STONE TEMPLE PILOTS einen Titel im Programm, dessen Urheber ebenfalls nicht so weit weg davon sind.
Zu einer ordentlichen Portion Grunge kam noch ein Hit, den viele für stilbildend halten, und der wie an dem Abend immer Leben in die Bude bringt. „Rocking In A Free World“ ist sicher eine der ganz großen Klassiker und von INDIGO in ihrer eigenen Art rübergebracht. Sicherlich der Stimmungshöhepunkt des Abends, bevor der starke, altersreife Gig mit dem getragenen „Days Go By“ zum Ende ging. Dazu die kleinen Details heraus zu arbeiten half der am ganzen Abend hervorragende und druckvolle Sound, der wie das Licht für so ein kleines Event top war.
SOUTHBOUND REBELLION
Nun kam der seltsame Moment, in dem eine Coverband eher Probleme damit hatte, dass die Zuschauer ihr Songmaterial nicht kannte, als Formationen mit eigenen Liedern. Während bei INDIGO viele alte Weggefährten ihre Sachen noch im Kopf hatten, grub der Sechser tief in den Annalen des Südstaatenrock. Für Liebhaber sind Coverbands eine Fundgrube, wo Stücke zu hören sind, welche die Originalkünstler nicht im Programm haben, hier teilweise von Bands, die schon ewig nicht mehr hierzulande getourt sind. Nur an dem Abend sollte sich das nicht ausbezahlen, denn es war nicht unbedingt ihr Publikum, welches dann leider auch vermehrt den Heimweg antrat.
Sie verpassten eine Truppe, die ihre Helden ungemein beseelt und authentisch ehrte, ihre Nummern mit viel Hingabe auf die Bühne brachte. Wenn man Werner Fontius auf der linken Seite in sein Spiel versunken zusieht, dann spürt man die Ehrlichkeit in jeder Note. Oft stand er mit geschlossenen Augen da und fühlte jeden einzelnen Ton, ob in den kernigen Riffs oder den gefühlvollen Soli. Auf der anderen Seite ergänzte ihn Jakob Bärmann perfekt, der lässiger rüberkam und gerade an der Klampfe auch die locker rockenden Saiten beherrschte. Im Zusammenspiel waren die beiden dann unschlagbar, die Harmonien saßen auf den Punkt und strahlten viel Feeling aus.
Natürlich darf in dem Genre die dritte Gitarre nicht fehlen, so schnallte sich Sänger Phil Lechner öfter den Expander oder die Flying V um. Mit noch mehr Power dampfte man durch das Set, welches wie gewohnt zur Hälfte aus LYNYRD SKYNYRD-Nummern bestand. Neben „What´s Your Name“ oder „Whiskey Rock-A-Roller“ durfte der emotionale Höhepunkt Simple Man“ nicht fehlen. Wobei man sich auf einmal neunzig Minuten beschränkte, sonst gibt es zwei Showcases dieser Länge, mit eben noch mehr aus dem Fundus der Legende.
Darüber hinaus sind ihnen die kommerziellsten Vertreter mit ZZ TOP nicht fremd, die im Doppelpack „Waiting For The Bus/Jesus Just Left Chicago“ zum Zuge kamen. Der Verfasser dieser Zeilen konnte sich an „Hold On Loosely“ von 38 SPECIAL erfreuen, und auch von den anderen Jacksonsville-Veteranen MOLLY HATCHET kam „Flirtin´ With Disaster“. Dabei vergaßen die Herren auch nicht die jüngeren Vertreter der Szene, BLACKBERRY SMOKE stehen hoch bei ihnen im Kurs, ob „Waiting For The Tunder“ oder der Opener „Leave A Scar“.
Lechner war der Mittelpunkt der Show, der mit seinem kraftvollen Reibeisen die Songs genauso antrieb wie mit seinen fordernden Gesten. Für seine Präsenz bräuchte er sein bulliges Erscheinen nicht einmal, er sang einfach mit so viel Charisma und Inbrunst. Daneben verstand er sich auch als Entertainer, dessen Witze mal derbe ausfielen, als Entschädigung spendierte er von seinem Whiskey, wenn er ihn nicht gerade als Preis bei irgendwelchen Spielen ausschenkte. Er machte sich einen Spaß daraus in Lieder immer andere reinzupacken und das Publikum raten zu lassen, wobei „Hey Jude“ von den BEATLES in „Can´t You See“ der MARSHALL TUCKER BAND nicht schwer zu erkennen war.
Ein wenig verpuffte sein Engagement schon, was ihn nicht davon abhielt alles zu geben. Angetrieben ständig von Andreas Wanzek, dem Senior der generationenübergreifenden Formation. Das wirkt so cool wie er unter seinem Cowboyhut die Becken schlug, da rechnet man gar nicht damit, was für eine Power hinter den präzisen Hits steckte. Sein Rhythmuspartner, der scheidende Marvin Dyck gab wie gewohnt den ruhenden Pol und transportierte mit seinen tiefen Tönen viel Wärme.
Für die Variabilität war Ralf Dauenhauer zuständig, der an seinen Tasten stets die Zutaten richtig dosierte. Ganz besonders sein perlendes Pianospiel wusste zu überzeugen, wenn seine Finger dahinglitten. Richtig packen konnte man die verbliebenen Zuschauer leider erst mit den abschließenden Hits, bei denen „Sweet Home Alabama“ von allen mitgesungen wurde. Der Gig hatte definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient, wer den Übersong „Freebird“ am Ende so genial hinbekommt, der sollte ekstatisch gefeiert werden.