THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA - Aschaffenburg

02 nightflightorchestra Aschaffenburg 05Konzert vom 19.01.2025

Support: METALITE

Homepage:
THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA
METALITE

Auch wenn sie unmittelbar danach wieder auf Tour gingen, dauerte es eine Weile biss sich die schwedischen Flugfetischisten vom Tod ihres Gitarristen David Andersson verarbeitet haben. Seinen Platzt nahm nun Rasmus Ehrnborn ein, der mit ihm und Sänger Björn „Speed“ Strid auch bei SOILWORK aktiv ist bzw. war. So dauerte es dreieinhalb Jahre bis mit „Give Us The Moon“ der nächste Longplayer eingetütet war, schließlich sind nun beide Hauptsongwriter nicht mehr dabei. Mit dem ging THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA direkt auf Tour durch Europa, welche sie auch nach Aschaffenburg den Colos-Saal führte. FFM-ROCK ließ sich das Spektakel nicht entgehen, bei welchem ihre Landleute METALITE als Support fungierten.

METALITE
Die mussten kürzlich auch eine Line-Up-Wechsel verkraften, nach dem Lea Larsson den Drumschemel an Erik Juntilla weiter reichte, womit Sängerin Erica Ohlsson als einzige Frau in der Formation verbleibt. Diese trat als Letztes auf die Bühne, nachdem ihre Mitstreiter bereits zu „Disciples Of The Stars“ eingestiegen waren. Ihr das schwedische Erbe annehmender Power Metal passte zwar nur bedingt zum Headliner, aber allemal besser als die letzten Vorbands. Zumindest war bei den rasanten Läufen gleich mal Feuer unter dem Dach, welches sich aber noch nicht auf das Publikum übertragen konnte.

Dabei gaben die Fünf alles, um sich in Szene zu setzen, dankenswerterweise auch bei den Fotografen, denen sie massenweise Posen boten, auch wenn das Verharren darin manchmal schon schwer fiel. Die Präsentation hatten sie von der Pike auf gelernt, coole Gimmicks wie das mit aufrecht gehaltener Gitarre zu spielen saßen da perfekt und wurden geradezu inflationär zelebriert. Man tat auch gut daran, das Drumkit ihrer Kollegen zu benutzen, um vor dem Riser genügend Platz zu haben.
Für die Verhältnisse dort waren die Mucker sehr viel unterwegs, suchten immer den Draht zu den Mitmusikern, um sich gemeinsam in weitere Posen zu werfen. Speziell Bassist Robert Majd war auch sehr um Kontakt zu den Zuschauern bemüht und turnte gefährlich nah am Rand herum. Was auch für die gute Erica galt, die ebenso unablässig unterwegs war, gerne ihren Saitendehnern auf die Pelle rückte, wenn sie nicht gerade ihren Beitrag mit ausladenden Bewegungen unterstrich.

Nicht nur von ihrem Auftreten her war die Dame ein Blickfang, ihre schwarzes Lackoutfit verhüllte nicht allzu viel. Mit vielen Riemchen, Ketten und Nieten verziert und Netz an Armen und Beinen gab sie die perfekte Reinkarnation der Metalbraut der Achtziger, wobei sie sich das auch erlauben konnte. Gesanglich war da viel Druck hinter ihrer hohen Stimme, die Melodien zauberte, mit denen sich hinter der Konkurrenz im eigenen Land ebenso wie den Nachbarn gegenüber der Ostsee nicht zu verstecken braucht. Leicht modernisiertes Material ihres aktuellen Longplayers wie „New Generation“ oder „Cyberdome“ oder ganz klassischer Stoff wie „Eye Of The Storm“ gingen Ohlsson locker raus.

Dazu lieferten ihre Mitstreiter die perfekte Untermalung mit schönen schnellen Riffs, die auch gerne nicht nur geradeaus gingen. Robert Örnesved und Edwin Premberg wussten sich auch solistisch zu beweisen und hauten diese in lässiger Körperhaltung hinaus. Die besonderen Momente brachten die beiden, wenn sie wie in „Afterlife“ zusammenstanden und ein paar Twin Leads auspackten. Der neue Mann an den Kesseln hatte sich ebenfalls gut eingefügt und fuhr eine Menge gewinnbringender Breaks auf, die deren Spiel geschickt akzentuierte. So konnten METALITE die Menge in ihrer dreiviertel Stunde doch noch auf ihre Seite ziehen und verdienten Applaus einfahren.

02 metalite Aschaffenburg 0102 metalite Aschaffenburg 02

THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA
Aber nichts im Vergleich zu dem was folgte als nach einer halben Stunde das Licht wieder ausging, da stand der altehrwürdige Sall sofort wie eine Wand hinter der Band, als der Aufruf zum Boarding vom Tape schallte. Da hieß es dann anschnallen, denn wenn man da abhebt geht es öfter nicht verlustfrei aus, wie der Autor in der Vergangenheit feststellen musste. Der Opener des neuen Werkes half dann beim Abheben, erzeugte aber noch mehr Druck auf den Ohren. Dem guten Björn reichte das Engagement des Publikums jedoch nicht, weswegen er dieses immer wieder anstachelte, speziell die Männer tanzten ihm zu wenig.

Vielleicht waren einige zu sehr damit beschäftigt, das Treiben auf der Bühne zu bewundern oder sich verwundert darüber die Augen zu reiben. Die beiden SOILWORK-Männer trugen die ganze Zeit konsequent Pilotenbrillen und besonders Ehrnborn war an Coolness kaum zu übertreffen. Sein Frontmann übte eher die Rolle des Vorturners aus und stand die gesamten einhundert Minuten nicht still. Seine Uniform wird von Jahr zu Jahr schriller, wie sein Umhang länger wird. Mittlerweile hat man dem Mann ein paar Orden verliehen und die Schulterpolster wachsen mit dem Erfolg der Truppe.

Adrian Erlandsson stand ihm stets als Fels in der Brandung zur Seite der Koloss gab noch den Ruhepol auf der Bühne, wo jetzt abgesehen von Strid weniger Bewegung herrschte. Was auch am neuen Sechssaiter lag, der sich für seine fulminanten Soli nicht so sehr in den Vordergrund drängte. Eher übernahm der die Rolle der Damen, dem Flugführer Luft zuzufecheln, der sich wunderbar selbstironisch im Licht räkelte wie einst Leonardo DiCaprio in der Kamera von Spielberg. Dazu standen auch drei Leute mehr auf der Bühne wobei John Lönnmyr an den Tasten und Multiinstrumentalist Sebastian Forslund auf dem Riser Platz nehmen mussten, der sich über die komplette Bühne spannte.

Wer jetzt dachte, das Outfit von Erica Ohlsson wäre Krawalloptik gewesen, der hat die Rechnung ohne die Stewardessen des Nachtflugorchesters gemacht. Die glitzernden weißen Minikleidchen gaben dem Begriff hauteng eine neue Dimension, wie schaffen es Anna Brygård und Åsa Lundmann nur da rein? Ihre übergroßen Armbänder, Schulterklappen sowie Schiffchen auf dem Kopf waren mit dicken Klunkern besetzt, drum merke: Polymethylmethacrylat bricht das Licht ähnlich gut wie Diamanten. Dazu die ganzen überzogenen Grimassen, das Queen-mäßige Winken ins Publikum, das Abklatschen mit Hand auf Hand und dann Hand auf Po sowie das Zuprosten mit dem Sektglas.

Hier hat der Wahnsinn echt Methode, was auch für die musikalische Ausgestaltung gilt, die ja derart viel Genres tangiert, dass der geneigte Zuschauer nicht so recht weiß, was er mit seinen Gliedmaßen und dem Kopf anstellen soll. Den Druck des Metalbackgrounds der Herren bringen sie ebenso ein, gerade Erlandsson haut wie bei ARCH ENEMY mit aller Kraft in die dicken Saiten. Diesmal hat er es auch mit auf Tour geschafft, bevor die Promoaktivitäten zum neuen Album seiner Hauptband losgehen. Sein Rhythmuspartner Jonas Källsbäck zimmert ein damit korrespondierendes Grundgerüst zusammen, wobei die Double Bass den Groove oft konterkariert.

02 nightflightorchestra Aschaffenburg 0402 nightflightorchestra Aschaffenburg 03

Damit finden sich hier zwar nicht die Feinheiten, wie ich sie etwa neun Tage zuvor bei TOTO erleben durfte, aber THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA bringt diese Musik in einen anderen Kontext. Gerade mit den Discoelementen servieren sie die perfekte Partymucke, bei der keiner stillsitzen kann und kein Auge trocken bleibt. Wobei vergleichsweise viele ruhige Momente den Einzug ins Set halten, die ebenso abgefiert werden, dann halt im Slow Dance. Lönnmyr weiß dazu ein paar wirkliche tolle Momente auf dem Moog einzubauen, welche die Siebzigerschlagseite betonen, während man sich klanglich doch eher an den Achtzigern orientiert.

Logischerweise stand der neue Longplayer im Vordergrund, daneben hatte die Truppe einen schönen Mix aus den alten Platten im Gepäckraum. Wobei man Beiträge von zweiten, vor allem „Stiletto“ vermisst hat, dafür gab es drei Auszüge vom Debüt. Von „Sometimes The World Ain´t Enough“ gab es nur einen, dafür die erklärte Lieblingsnummer des Redakteurs. Über die gesamte Spielzeit konnte das Energielevel hochgehalten werden, da hätte es die Animationen gar nicht gebraucht. Ausufernd in einer Art Jam wurde der letzte Song anmoderiert, bevor die Rockcommunity einhundert Kilometer östlich von Rüdesheim zeigte wie eine Polonäse aussehen muss.

Setlist THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA:
Stratus
California Morning
Shooting Velvet
Divinyls
Domino
Gemini
Cosmic Tide
This Boy´s Last Summer
Paloma
Satellite
Transmissions
Can´t Be That Bad
Transatlantic Blues
Burn For Me
----------------------------------------
White Jeans
The Way To Spend The Night
West Ruth Avenue

02 nightflightorchestra Aschaffenburg 0102 nightflightorchestra Aschaffenburg 02