ZEAL & ARDOR - Heidelberg

03 zealandardor heidelberg 03Konzert vom 13.03.2025

Support: DOM ZLY

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ZEAL & ARDOR
DOM ZLY

Wenn man denkt, das in der Musik alles gesagt wurde, dann kommt doch wieder jemand mit einer neuen Idee um die Ecke. Wenn man die Stileckpunkte der Schweizer zwischen Black Music und Black Metal am Rande eines Konzerts Passanten aufschlüsselt erntet man ungläubiges Staunen. Der Erfolg seit ihrem Debüt „Devil Is Fine“ gibt ihnen jedoch recht, mittlerweile ist das Projekt von Manuel Gagneux zu einer richtigen Band gereift und hat im letzten Herbst mit „Greif“ den dritten Longplayer veröffentlicht. Stattgefunden hat besagter Gig in der Halle 02 zu Heidelberg, wo ZEAL & ARDOR von den Polen DOM ZLY supportet wurden.

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Die enterten dann in einem schon gut gefüllten Laden die Bühne, die sehr spärlich ausgeleuchtet war und ließen es erst mal ruhig angehen. Zumindest ein paar Sekunden mit postrockigen Riffs, wobei der Postanspruch sich durch das gesamte Set zog. Dann brach die Hölle los, wobei man auf den Brettern nicht unbedingt mehr wahrnehmen konnte, die Stroboskop-Lichter flackerten unaufhörlich. So heftig, dass das übliche optisch Abgehackte der Bewegungen überblendet wurde. So waren die Musiker nur schemenhaft zu erkennen, für Fotografen ein absoluter Albtraum.

Gregorz Napora, der kräftige Gitarrist war auf der linken Seite recht weit vorne und verfügte noch über eine gewisse optische Präsenz. Auf der anderen Flanke wirkte Lukas Wròtniak eher zurückhaltend, obwohl er seine Mähne offen trug und die schön hätte schwenken können. Was auch für den Mariusz A. am Bass galt, der sich nur auf sein Spiel konzentrierte, das war aber machtvoll genug.
Das riss Frontfrau Anja Tru komplett raus, die sich wie wild gebärdete. Immer unterwegs, zwischen Aufbäumen und ganz tiefen Knieen auf dem Frontmonitor, wobei der Oberkörper immer weit nach vorne gebeugt war. Vom Gesicht war wenig zu sehen, meist hing der Kopf und wenn sie sich einmal nach vorne richtete verdeckten die Haare die Mimik. In den spärlichen Momenten, wo man sie erhaschen konnte blickte sie passend zu ihrem Beitrag irre drein.
Man hat schon einige growlende Damen erlebt, aber selten jemand der so dermaßen die Hassbrocken heraus gurgelte. Melodien konnte man nicht einmal mit der Lupe suchen, es war der schiere Wahn, der sie trieb, was auch in ihren Augen abzulesen war. Schon beängstigend intensiv wie sich die junge Frau gab, die alles in ihre Performance legte, sie schien sich richtig was von der Seele schreien zu wollen.

Musikalisch lag das irgendwo zwischen Post Black und einer ungreifbaren Schwere, welche jedoch die Raserei fast noch erdrückender machte. Die sechs Saiten sirrten ebenso kalt wie sie riesige Klangwände errichteten, die den Hörer schier zu zerquetschen drohten, nicht nur wegen der wirklich irrsinnigen Lautstärke. Die Dynamik schwoll dezent an und ab, doch das Getöse war allgegenwärtig. Wie der Bass reindrückte, der Mann im Hintergrund seine dicken Saiten massiv bearbeitete, zerfetzte fast die Trommelfelle. Fast versteckt legte Gregorz Kustra links hinten an seinem kleinen Kit noch ein paar Kohlen ins Feuer.

Polen verfügt ja über einige kompromisslose Formationen, aber DOM ZLY sind selbst in der Riege noch eine Bank. Zwar gerieten die Titel etwas länger und wiesen auch einige Tempowechsel auf, aber alles unter dem enormen Druck, der jegliche Feinheiten zerbarst. Neben „Wiatr“ und „Czarny Ptak“ vom neuen Longplayer “Ku Prorgzebaniu Serc“ kamen auch „Rzeka“ an früheren Stücken zum Einsatz. Dabei war es völlig irrelevant, dass in der Landessprache gesungen wurde, was einem Tru entgegen keifte war sowieso völlig unverständlich. Ein völlig aberwitziger Gig, der einiges an Applaus einfahren konnte.

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ZEAL & ARDOR
Punkt 21 Uhr gingen die Lichter erneut aus und zum Intro erschienen die Mitglieder des Headliners nach und nach auf der Bühne, alle in schwarze Kapuzen gehüllt schon recht genretypisch für Schwarzheimer. Mit dem ersten Chant des Openers von „Greif“ konnte man direkt die ersten Reaktionen im Publikum ernten, welches nun endlich mitsingen konnte, bevor sich das Stück entwickelte. Man weiß nie wohin die Reise bei ihnen geht, obwohl die Lieder alle sehr kurz sind, passiert sehr viel, die unterschiedlichen Elemente machen sich in verschiedener Intensität bemerkbar. Dennoch blieb alles im Fluss und offenbarte bei allen harschen Wechseln einem konstanten Fluss.

Das lag an dem mittlerweile gut eingespielten Ensemble um den Bandgründer, die eine tolle Show ablieferten. Ob nun einnehmende Flächen oder auch zupackendes Riffing, bei ihm und seinem Axtpartner Tiziano Volante saß alles perfekt und ließ die Köpfe im Auditorium rumgehen. Gesanglich hatte Gagneux noch mehr Unterstützung im Boot, Marc Obrist und Denis Wagner standen ihm rechts und links zur Seite und boten eine berauschende Performance.
Gerade wenn sie stilistisch ganz tief in den Ursprüngen des Gospels gruben, schürften sie großartige Gegengesänge zutage. Man fühlte sich teilweise auf die Baumwollplantagen aus einer zum Glück vergangenen Epoche versetzt, wo dies die einzige Möglichkeit war, dem Elend zu entfliehen. Auch heute, wo die Zeiten rauer werden, sind es Bands wie ZEAL&ARDOR, die vorweg gehen und sich nicht scheuen die Themen offen anzusprechen wie auf ihrer zweiten EP.

Darunter gab es sehr viel Groove, der sich auch mal an dem Crossover der Neunziger bediente, besonders in den Stücken der aktuellen Langrille. Unfassbar wie Schlagwerker Marco Von Allmen es verstand von dem Eckpfeiler dann wieder auf maximalen metallischen Druck umzuschalten. Das geht mittlerweile völlig organisch von der Hand, wie ohnehin die Wechsel in die härteren Passagen, wo auch gekeift werden durfte, ohne dass die beiden Jungs im Background ihren Beitrag einstellen würde, was sich wunderbar rieb. Das waren die Momente, in denen sich die ganze Dynamik entlud, was auf das Publikum überschwappte, das seinerseits Vollgas gab.

Da kreiselte schonmal der Pit in der gut gefüllten Halle, wo sich Menschen völlig unterschiedlicher Coleur versammelt hatten. Vom Hippie über den eher tanzbaren Stilen zugeneigten Leuten bis hin zum Gothic Girl und Kuttenträger war da alles vereint, was sich in den Momenten auch wirklich zu einer Einheit verwandelte. Die Stimmung war teilweise euphorisch, zwischen den Songs wurde es laut, was der Sechser gerührt zur Kenntnis nahm. Allerdings hätte man sich vom Frontmann mehr Kommunikation gewünscht, es schien als hätte er was zu sagen, nur die richtigen Worte nicht finden konnte. Er wirkte nicht schüchtern, eher gelöst an der Rolle mit dem Erfolg umzugehen muss er noch arbeiten.

So tobte er sich lieber auf der Bühne aus, war auch um aggressive Gesten nicht verlegen, gerade mit den schwarzen Kapuzen am Anfang war das schon sehr bei den Schwarzheimern beheimatet. Volante setzte stets einen Blick zwischen Zuversicht und irrem Stieren auf, den er seinen Fans nicht lange zuwandte, sondern sich lieber mit Pirouetten nach hinten und wieder zurückdrehte. Dabei ließ er sein Saitenspiel nie aus den Augen, derartigen Bewegungsdrang hatte auch Kylo Ren-Lookalike Wagner. Völlig neue Posen brachte Lukas Kurmann ins Spiel, sehr gebückt in der Körperhaltung hielt er seinen Bass aufrecht vor sich und bangte wie wild.

Bemerkenswert wie es die Truppe schaffte bei der Stageaction die musikalische Kontrolle zu halten. Neben den Ausbrüchen mündete so manch Arrangement auch in sehr hypnotischen Klängen, die einen mehr und mehr in den Sog zogen. Ein Wechselbad der Gefühle, das dennoch nie zerfasert rüberkam, sondern eine klare Handschrift trug. Bei der Songauswahl stand neben „Greif“ auch das selbstbetitelte Album und „Strange Fruit“ im Fokus, dazu noch von besagter EP und dem Erstling. Trotz der aus unterschiedlichen Szenen zusammen gewürfelten Besucher, erwies sich die Halle 02 als erstaunlich textsicher und spendete nach achtzig Minuten noch einmal viel Applaus für wirklich innovative Kunst.

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Setlist ZEAL & ARDOR:
The Bird, The Lion And The Wildkin
Wake Of A Nation
Götterdämmerung
Ship Of Fire
Erase
Fend You Off
Gravedigger´s Chant
Kilonova
Blood On The River
Run
Tuskegee
Golden Liar
Sugarcoat
To My Ilk
Death To The Holy
Devil Is Fine
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Trust No One
Built On Ashes
I Caught You
Don´t You Dare
Clawing Out