STEVE HACKETT - Saarbrücken
Konzert vom 10.05.2025
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STEVE HACKETT
Unermüdlich geht der Gitarrenmeister seinen Weg fort, der ihn in viele unterschiedliche musikalische Gefilde bringt. Aufhalten ließ sich sein Tatendrang nicht mal von der Pandemie, in der er weiter fleißig Alben veröffentlichte. Dazu tourt er unentwegt, wobei er sich immer auch seines GENESIS-Erbes erinnert. Hier bieten sich ja immer unterschiedliche Themen an, weswegen es nie langweilig wird. Bei der aktuellen Tour steht „The Lamb Lies Down On Broadway“ auf der Speisekarte, das im letzten Jahr fünfzig wurde. Bei einer Station in der nahen Landeshauptstadt durfte die FFM-ROCK-Außenstelle nicht fehlen, zum Glück wurde es die Congresshalle, die der Saarlandhalle klanglich überlegen ist.
Klar muss man konstatieren, dass das Soundgewand nicht so brillant war wie in der Alten Oper in Frankfurt. Mir war es etwas zu laut, was in den wuchtigeren Passagen nicht jedes Detail glänzen ließ, während in den ruhigen Teilen alles wunderbar zu vernehmen war. Nun bei dem kristallklaren Erlebnis von einer schlechten Abmischung zu reden wäre absurd, denn das Konzert von vor zwei Jahren würde selbst jemand mit mehreren hundert Konzerten auf dem Buckel als absolute Referenz einstufen. Aber man muss ja was zu meckern haben, denn sonst war da rein gar nichts zu finden.
Wie in den letzten Jahren etabliert kommet zuerst ein einstündiges Set mit seinen Solosachen, bei denen sich ein paar Lieder ihren festen Platz gesichert haben. Interessanterweise nicht nur die Klassiker aus seinem Debüt „Voyage Of The Acolyte“, sondern auch Titel neueren Datums. Und wer ständig im Studio ist, der hat natürlich auch taufrisches Material anzubieten. Den Auftakt markierten dann auch drei Nummern von „The Circus And The Nightwhale“, die schonmal die komplette Bandbreite aufboten, die der Künstler in Petto hat.
Angefangen beim Opener, der auch das aktuelle Werk eröffnet, der mit seinen tollen Harmonien das Publikum gleich fangen konnte. Weiter über den fulminanten Showdown aus Jazz und Weltmusik bis hin zum wunderbar melodramatischen Instrumental. Bei den ersten Liedern übernahm noch Hackett alleine die Leadvocals, wobei er von Rob Townsend und Jonas Reingold traumhaft unterstützt wurde, die den ganzen Abend ihre Stimmen einbringen konnten. Nad Sylvan tauchte erst beim ersten Klassiker des Abends auf, welche den zweiten Abschnitt des Soloblocks ausmachten.
Was bei den eigenen Liedern auffällt, ist einfach dieser noch weitere stilistische Rahmen, der auch die Klassik betonte, einen von Hacketts Steckenpferden. Das Material seiner alten Band bleibt komplett im Progressive Rock verhaftet, was schon Vielfalt genug bieten würde. Eine Tour De Force durch alles, was man sich vorstellen kann, wobei der eigentliche Song dank der herrlichen Melodien nie aus den Augen verloren wird. Das gilt sowohl für die gesungenen als auch die instrumentalen Teile, wobei letztere sich als deutlich ausufernder erwiesen, bei denen alle Beteiligten höchste Konzentration an den Tag legten.
Alleine an dem Arsenal an Spielgeräten von Townsend sah man wie sehr man einerseits Wert darauf legte jeder Note ihren bestimmten Ton zu geben, als auch wie eklektisch die Songs arrangiert sind. Saxophon, Klarinette und Querflöte, dazu noch ein weiteres Keyboard, um den guten Roger King zu unterstützen. Der hatte hinten vier davon aufgebaut, die wahlweise als Synthesizer, Piano oder Orgel genutzt wurden, auch der Tastenmann verfügte über eine reichhaltige Palette.
Als wäre das nicht genug war es vor allem wie beseelt jeder einzelne Ton zelebriert wurde wobei der gute Roger eine fast schon arrogante Lässigkeit an den Tag legte. Als sei es das Einfachste auf der Welt kam jeder Ton punktgenau und wohldosiert, selbst wenn er zwei Instrumente gleichzeitig bediente. Und wie der Multiinstrumentalist mit seinen Bläsern die Gitarre seines Mainman doppelte, sorgte durchweg für Maulsperren.
Filigran auch der Rhythmusbereich, wo es auf dem Drumschemel einen Neuzugang zu vermelden gab. Felix Lehrmann ist ja eher von deutschen Acts wie Sarah Connor bekannt, hat aber eine Jazz-Affinität und einige Jahre mit den Kollegen von FLOWER KINGS verbracht. Eindeutig zu hören war der Einfluss von Phil Collins auf sein Spiel, auch wenn sein deutlich direkter, fast rockiger ausfiel.
Reingold bewies sich am Bass, sowie an der Sechssaitigen und der Zehnsaitigen in den GENESIS-Tunes. Er legte das tiefe Fundament, auf dem sich die Solisten und Melodien entfalten konnten und umspielte deren Parts gekonnt. Weniger hart wie Hackett-Kumpel Squire zu Lebzeiten, folgte er den Melodien. Dazu durfte er mit einem Solo ran, bei dem er wie gewohnt Rockklassiker einpflegte, an dem Abend war Hendrix an der Reihe.
Kein Wunder, dass es zwischen den Stücken eher ruhig blieb, die volle Halle war von der Darbietung schlicht geplättet, von der schieren Soundwucht, von den unendlichen Schichten, welche die Musiker aufeinandertürmten. Dabei war das keineswegs ein Overkill an spielerischer Selbstbeweihräucherung, alles wurde wunderbar im Fluss gehalten, die Übergänge verschwammen völlig. So wechselten die Themen auf wundersam harmonische Weise, mal abrupt, mal in einer langen Steigerung, dass man beim Zuhören in einen warmen Mantel gehüllt wurde, welcher fast zu bequem für Beifallsstürme war.
Dem Meister höchstselbst war sein Alter phasenweise anzumerken, öfter bekam er einen Stuhl gereicht und bei den Wegen auf und von der Bühne waren seine Bewegungen steif. Doch kaum hängte man ihm eine Les Paul um, blühte er sofort auf, führte charmant durch das Programm und bewies viel Spielfreude. Seinen Ton hört man unter Millionen Saitenartisten heraus, weich und klar, immer mit dieser dicken Glanzschicht überzogen. Dazu ist er einer der Gitarristen, die den Unterschied machen, die Dinge können, welche andere nicht können.
Was er da streckenweise an Kniffen und Griffen auspackte, wie er seine Töne erzeugte stellte sogar die geübtesten Fachmänner vor Rätsel. Und natürlich dieses Feeling, mit dem er jeder Note zelebrierte, sie zu etwas Magischem verwandelte. Ganz gleich ob nun jazzige Abfahrten ungemein druckvoll gezockt wurden, er sich zurück nahm um den Melodien Raum zu geben oder die sanften Solotöne bis ins Unendliche zog. Das natürlich spätestens bei der ersten Zugabe als Krönung des wohl besten Instrumentalparts der Rockgeschichte, als seine Leads in den Himmel aufstiegen wie vielen das Wasser in die Augen.
Bei den GENESIS-Sachen konnte er sich hier noch besser austoben und wagte es tatsächlich das Megaepos am Ende mit ein paar Improvisationen zu verlängern. Nun konnte auch Sylvan sein ganzes Können aufbieten und seine hohe Stimme optimal einsetzen. Da kamen teilweise Erinnerungen an Collins und vor allem Peter Gabriel auf, zumal er seinen Beitrag mit vielen theatralischen Gesten unterlegte.
Zuerst kamen neun Auszüge vom Album, auf welches sich dieses Set konzentrierte. Eine Dreiviertelstunde, die einen guten Querschnitt des Werkes gab, zumal abseits des Eröffungstriples und dem Top-Hit nicht die obligatorischen Lieder zum Zug kamen. So mag einer „In The Cage“ vermisst haben, aber der frühere Gitarrist hat da auch einen anderen Blickwinkel als einige seiner früheren Kollegen.
Den Frontmann durfte der gute Nad nicht geben, entweder stand er vorm Keyboardriser oder thronte oben hinten in der Mitte, was ihn noch erhabener wirken ließ. So sehr er in den Kompositionen aufging, sie förmlich mitlebte, so skurril sein Auftauchen auf der Bühne. Es schien als würde er überhaupt nicht laufen, sondern auf einem Förderband reingefahren werden. Fast geisterhaft tauchte er so unvermittelt auf, wie er immer wieder verschwand, wenn sein Einsatz nicht benötigt wurde. Die ganzen zweieinhalb Stunden waren so kunstvoll aufbereitet, auch die Lightshow unterstrich die geniale Atmosphäre.
Keinesfalls war das Konzert nun aber durchexerziert und schematisch, die Hingabe war jedem anzusehen. Gerade der neue Drummer konnte seinen Elan ob seines verhältnismäßig jungen Alters so richtig ausleben und trieb damit die konzertanten Arrangements zu neuer Stärke. Am Ende bekam er noch einen Solospot, der in den wohlbekannten Showstopper überging, der wie immer zum wuchtigen Finale mutierte, auf dem die Zuschauer endgültig weg schwebten. Und dann als die jeweiligen Blöcke abgeschlossen waren, erhoben sich diese sofort und applaudierten minutenlang mit der gebührenden Euphorie.
Setlist STEVE HACKETT:
People Of The Smoke
Circo Inferno
These Passing Clouds
Devil´s Cathedral
Everyday
The Tower Strucks Down
-Bass Solo-
Camino Royale
Shadow Of The Hierophant
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The Lamb Lies Down On Broadway
Fly On A Windshield
Broadway Melody Of 1974
Hairless Heart
Carpet Crawlers
The Chamber Of 32 Doors
Lilywhite Lilith
The Lamnia
It
Supper´s Ready
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Firth Of Fifth
-Drum Solo-
Los Endos