CORVUS CORAX - Bonn, Haus des Karnevals

Ein wundervoller Frühlingstag in Bonn, doch die Menge vor dem Haus des Karnevals ist erschreckend klein und überschaubar. Ist es einfach das terminlich unglücklich gewählte Oster-Wochenende inclusive Ferienwoche, oder ist der Stern der Spielleute nach 22 Jahren an Schaffensphase am Sinken? Mit den Corvus Corax Hochburgen Westfalen und Brandenburg hat dieser Abend also wenig zu tun und vielleicht ist dies auch der Grund, warum das Rheinland im Tourplan der Berliner  bisher großzügige Umrundung fand. Sei es drum, denn die musikalisch und markterprobten Vollprofis lassen sich auch von einer sehr überschaubaren Menge an zahlenden Gästen (gerade mal etwa 50-60) nicht aus der Ruhe bringen und liefern einen hoch professionellen zweiteiligen Set, das schwerpunktmäßig die letzten 10 Bandjahre repräsentiert. Zwei neue Gesichter im Ensemble vervollständigen die Sollstärke der Spielleute. Trommler Steve und der für Dudelsack und Schalmei zuständige Vit, der nun den gänzlich zu Tanzwut gewechselten Teufel ersetzt. Hautnah heißt die Tour und hautnah fühlt man sie auch. Bereits der Einmarsch quer durchs Publikum zeigt die Nähe zu den Vaganten. Auch im späteren Verlauf, mit Beginn des zweiten Sets, spielt man die ersten Songs - statt auf der Bühne - mitten im Publikum, während Castus, der geborene Entertainer, große Teile der Anwesenden zu einem unfreiwilligen großen Tanz verhaftet. Unplugged und völlig unverstärkt entfaltet die Musik trotz allem ein gewaltiges Volumen. Treibende Rhythmen, hypnotisch wummernde Trommeln verschmelzen zu einer Einheit und das anfänglich noch scheue Publikum taut immer weiter auf. Zudem ist die Songauswahl des gut 85 minütigen Sets superb gewählt. Auch tut die kurze schöpferische Pause in der Mitte der Stimmung keinen Abbruch, bei dem die Burschen ihren Lungen und Armen eine kurze, aber wohlverdiente Ruhe gönnen. 15 Minuten später geht es auf zum Endspurt dieser mittelalterlichen Reise durch die musikalischen Wurzeln halb Europas. Eine sofortige Autogrammstunde und ein kurzer Schwatz mit den Anwesenden beendet einen gelungenen Abend.

Fazit: Etwas voller hätte sicherlich gut getan, doch den Titel „Könige der Spielleute“ tragen Corvus Corax absolut und nach wie vor zu Recht. 20 Jahre Erfahrung machen den Umgang mit dem Auditorium zum Kinderspiel und die mittelalterlichen Weisen haben nach all dieser Zeit ihre Magie noch immer nicht verloren. Ein schöner Abend fern von steriler Präsentation und sonstigen Berührungsängsten. Eben ein Fest für Mittelalterfreunde.