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SUMMERS END FESTIVAL 2012 – Andernach, JUZ-Live-Club

Konzert vom 25.08.12
Bands: Stratovarius, Evergrey, Red Circuit, Custard, Dragonsfire, Destination’s Calling

Homepage:
www.facebook.com/summersendfestival.jlc?ref=ts

 

Nachdem beim letztjährigen Summers End „Open Air“ der Wettergott den Festivalnamen zu wörtlich genommen und tags zuvor schwere Unwetter übers Land geschickt hatte, wurde einem erneuten Desaster in diesem Jahr gleich vorgebeugt, indem man kurzerhand aus dem Event eine „Indoor Session“ machte und es von vornherein ins Innere des JUZ Andernach legte. An diesem Umstand nahm allerdings meine seit Monaten währende Vorfreude auf das vielversprechende Line-Up mit hochkarätigen, selten auf deutschen Bühnen vertretenen skandinavischen Acts und einem stilistisch gut durchgemischten Repertoire aus unseren heimischen Gefilden keinen Schaden.

Eigentlich könnte man meinen, dass es gerade der erste Act, noch dazu am helllichten Nachmittag, besonders schwer hat, die Leute auf Touren zu bringen. Doch weit gefehlt: Trotz eingeschränkter Bewegungsmöglichkeiten durch begrenzten Platz auf der Bühne schafften es die vier Jungs von DESTINATION’S CALLING mit ihrer ungeheuren Spielfreude und einem gehörigen Draht zum Publikum, ihrer Rolle als Anheizer in den ihnen zur Verfügung stehenden 40 Minuten mehr als nur gerecht zu werden. Der melodische Mix ihres bisherigen und gerade neu auf den Markt gekommenen Materials, live einwandfrei und im Vergleich zur Präsentation auf ihren Silberlingen 1:1 rübergebracht, lockte das, wenn auch erst noch lückenhaft bestückte Rund bereits zu so früher Stunde aus der Reserve. Es wurde eifrig mitgemacht und sogar nach Zugaben verlangt. Viel mehr bleibt da einer Startband doch nicht zu wünschen übrig.

An dieses vorgelegte Stimmungsbarometer konnte daher die immer zu Späßen aufgelegte Powermetal-Truppe DRAGONSFIRE problemlos anknüpfen. Brav folgten die Fans denn auch den nach dem Auftaktsong erfolgenden Aufforderungen durch Drummer Jan Müller, doch näher an die Bühne zu kommen, und auch hier zeigte sich sofort wieder, wie abfeierwillig das heute erschienene Publikum war, das Hits wie„Blood For Blood“ und „Raging Fire“ aus vollen Kehlen mitgröhlte. Und noch einem war die Freude deutlich anzumerken: Ex-Member Matthias Bludau, im letzten Jahr aus familiären Gründen ausgestiegen, fetzte mit seiner Gitarre eine Stunde lang über die Bühne was das Zeug hielt und offenbarte, dass er weder Texte noch Griffe vergessen hatte: Kurz entschlossen war er nämlich für seinen Nachfolger Oliver Brandt eingesprungen, der durch ein am Vortag abgegebenes Ja-Wort zu einer lebenslänglichen Verpflichtung verhindert war (an dieser Stelle nochmals die besten Wünsche auch von FFM-Rock an das Brautpaar!).Da kommt einem doch spontan in den Sinn: Könnte hier nicht mal in Erwägung gezogen werden, künftig vielleicht mit drei Gitarren aufzuwarten? Wäre doch mal was Neues … Übrigens: Dass Metal sogar doch tanzbar ist (und auch langhaarige Metaller tanzen können), stellte außerdem eindeutig ein Pärchen unter Beweis, das ohne Scheu in der ersten Reihe mit sichtlichem Spaß sein diesbezügliches Können demonstrierte. Cool!

Dank der äußerst guten Vorarbeit ihrer Bühnenvorgänger wurden im Anschluss die Mannen von CUSTARD stürmisch begrüßt. Doch hoppla; ich musste feststellen, dass seit meiner letzten Begegnung mit denselbigen als Vorband von SABATON vor einigen Jahren sich hier einiges verändert hatte. Von wegen „Mannen“: Den Bass bedient nun ein Mädel. Außerdem hat der früher für den Rhythmus zuständige Klampfer jetzt die Rolle des Leadgitarristen übernommen. Auch der Sängerposten ist neu besetzt, was ich allerdings nur begrüßen kann, da mir die jetzige Stimme einfach mehr zusagt, als die des Vorgängers und diese auch hervorragend zum alten Songmaterial passt. So legte man hier powerful und donnernd vor einer inzwischen gefüllteren Halle los, und trotz an sich statischer Akteure konnte die Band doch 55 Minuten lang musikalisch überzeugen.

Mit der als nächstes auf der Running Order platzierten Combo RED CIRCUIT nahm an diesem Tag auch erstmals ein Keyboard seinen Platz auf der Bühne ein. Meine vor ca. zwei Jahren ausgesprochene Prophezeiung anlässlich des damaligen ersten Live-Auftritts der Band („ein Name, den man sich merken sollte“) hat sich inzwischen wohl bewahrheitet: Es handelt sich hier um keine Unbekannten mehr, denn offenkundig besteht gute Textsicherheit bei den Fans und Rufe nach Wunsch-Songs waren ebenfalls unüberhörbar. Und so wurde als Appetithäppchen auf das in Arbeit befindliche nächste Album sogar ein neuer Song - „Haze Of Nemesis“ - vorgestellt. Was die Band mit auszeichnet und interessant macht, ist, dass trotz der leichten Progeinflüsse der Stil melodisch bleibt, zwar anspruchsvoll, aber nicht zu „verfrickelt“ ist – und das harmonische, untereinander im Einklang befindliche Gesamtgefüge der Band wirbt für neue Sympathien, so dass auch an diesem Abend (die CD-Verkäufe am Merch-Stand beweisen es) während der einstündigen Spielzeit zweifellos neue Fans dazu gewonnen wurden.

So gut die Auftritte aller Bands und die jeweilige Stimmung bisher auch waren … Nun fieberte ich meinem persönlichen Highlight des Tages entgegen: EVERGREY, die melodisch-düsteren Schweden, die, im Gegensatz zu anderen skandinavischen Bands, leider nur seltene Gäste in deutschen Landen sind und auf deren Auftritt sich daher – wie ich in diversen Gesprächen mitbekam – nicht nur ich allein besonders freute. Bereits der Opener „Leave It Behind Us“ ließ verheißungsvoll eine brillante Setlist vermuten, untermalt durch ein dunkel düsteres, nebelgeschwängertes Bühnenbild. Tom S. Englund, dessen hünenhafte Gestalt eigentlich in krassem Gegensatz zu seiner wehmütig sehnsuchtsvollen Ausnahmestimme steht, hatte sein Publikum ohne Frage im Griff, und es ließ sich tragen, von einem Hammersong zum nächsten, alt und neu gemischt – wobei in einem (leider noch dazu gekürzten) 65-Minuten-Set natürlich noch jede Menge Wünsche offen blieben.„Monday Morning Apocalypse“, „The Masterplan“, „Frozen“, „Broken Wings“ -hämmernde Drums, wummernder Bass, Gänsehaut erzeugende Keys gepaart mit eingängigen Gitarrenriffs und melancholischen Vocals; der Inbegriff des sog. Dark Melodic Metal stand vor mir auf der Bühne, ließ mich in andere Sphären abgleiten. Auch wenn der Sound nicht ganz so gut wie bei meinem ersten EVERGREY-Erlebnis vor einem Jahr war, war ich erneut von der charismatischen Ausstrahlung, die diese sympathische Band mit ihrer Musik verbreitet, gefangen. Und mit mir wohl auch der Großteil des restlichen Publikums, das nach Abschluss des Sets eifrig nach Zugaben verlangte.

Doch schließlich war der Abend noch nicht zu Ende, denn ein weiterer skandinavischer Leckerbissen stand für die nächsten 90 Minuten auf dem Programm: Die finnischen Metalvirtuosen STRATOVARIUS machten ihre Aufwartung, und mit „Under Flaming Skies“ startete der abschließende Höhepunkt des Festivals. Ruckzuck verwandelten der souveräne Frontmann Timo Kotipelto und seine fingerfertigen Kollegen den Saal in einen Hexenkessel. Sowohl neuere Songs wie der bereits erwähnte Opener oder „Darkest Hours“ und natürlich die Alltimeklassiker „Kiss of Judas“ und„Black Diamond“ gab es zu hören, und die Menge schüttelte eifrig ihre Köpfe, betätigte sich textsicher als Chor. Augenmerk richtete sich vor allem auch auf Neuzugang Rolf Pilve an den Kesseln. Schon aufgrund seines sehr jungen Alters ist er natürlich noch weit von der Klasse eines Jörg Michael entfernt, zu soft ist sein Spiel, doch solide sein Werkeln, wie auch der gesamte Auftritt der Nordlichter an diesem Abend als solide zu beschreiben ist. Immer wieder sehens- und hörenswertes Highlight auf jeden Fall das Keyboard-Solo in mittelalterlicher Spinett-Manier. Ein Erlebnis der besonderen Art dürften übrigens einige Zuschauer dadurch erhalten haben, dass sie den unverzichtbaren Zugabe-Song „Hunting High And Low“ durch zwei Vocals intoniert bekamen: EVERGREY-Shouter Tom Englund hatte sich mit Bandkollegen nämlich unters Volk gemischt und sang begeistert mit.

So fügte sich ein harmonisches Gesamtbild des ganzen Abends zusammen: Spielfreudige Musiker, denen ihr Spaß anzumerken war, nicht nur vor, sondern auch IM Publikum; ein super aufgelegtes Publikum selbst, das bei jeder Band uneingeschränkt Stimmung machte – alles in allem also ein rundrum schön gelungenes, friedliches Festival, ohne Ausfälle, das auf ganzer Linie überzeugte. Ich freue mich schon auf nächstes Jahr!!

Fotos by Carina Reich

 

 

 

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