SABATON - Gießen, Hessenhallen
Konzert vom 15.09.2012
Support: Eluveitie, Wisdom
Homepage:
www.sabaton.net
Als derzeit angesagtester Schweden-Import im Powermetal ist zweifellos SABATON zu nennen, die bereits im 7. Jahr in Folge auf ihrem Eroberungsfeldzug rund um den Globus ziehen, lediglich unterbrochen durch Studioausflüge zur Kreation neuer Schlachtpläne in Form von Albumveröffentlichungen. Dass ein solches Vorgehen zwangsläufig auch Opfer mit sich bringt, zeigte sich im letzten Frühjahr, als kurz nach Veröffentlichung der ersten Termine auf deutschem Boden zur geplanten „Swedish Empire Tour“ der Ausstieg von gleich vier Bandmitgliedern bekannt gegeben wurde. Meine insgeheime Hoffnung, es handele sich hier möglicherweise um einen Aprilscherz, bewahrheitete sich leider nicht, und so sah ich dem Fortlauf der Dinge doch zunächst recht skeptisch entgegen, entschied mich aber, nachdem der erste Schock verdaut war, doch letztlich dafür, mir selbst ein Bild zu verschaffen. Dass der Großteil der Fangemeinde diese drastische Veränderung ihrer Band wohl ebenfalls nicht dauerhaft übel nimmt, zeigen die zahlreichen ausverkauften Shows, so wie es auch hier in Gießen der Fall war.
Zur Verstärkung des Feldzugs waren zwei interessante Supports mit relativ unverbrauchten Namen angeheuert worden – so ist die aus Ungarn stammende Band WISDOM, die den Anfang machte, bisher gänzlich unerkannt an mir vorbeigegangen. Der Einstieg des Fünfers ließ mich musikalisch an FREEDOM CALL oder EDGUY erinnern, nur als härtere, druckvollere Variante. Fronter Gabor Nagy, mit gewaltiger Stimme ausgestattet, trat als solcher gut in Erscheinung, wenn auch seine Posen zeitweise etwas zu einstudiert wirkten. Aber das Publikum ließ sich mitreißen und setzte seine Aufforderung „Scream for me Gießen“ tatkräftig um. Der kraftvolle, aber auch melodische Powermetal machte Stimmung im Saal, was man vor allem bei dem Iron Maiden-Cover „Wasted Years“ deutlich merkte, und so gingen bei guten Sound- und Lichtverhältnissen die ersten knapp 40 Minuten schnell vorüber.
Mit der zweiten Band des Abends wurde die Bühne dann richtig voll, als die sieben Schweizer Eidgenossen namens ELUVEITIE diese bevölkerten. Mir zwar namentlich bekannt, so muss ich doch zugeben, dass auch diese Band für mich heute Neuland bedeutete. Folk-Metal ist nicht direkt mein Metier. Faszinierend war auf jeden Fall die Vielfalt der zum Einsatz kommenden Instrumente, allein schon durch Sänger Chrigel, der zunächst mit Dudelsack die Bühne betrat, später eine kleine Harfe zur Hand nahm und außerdem zwischen kleinen und großen Flöten abwechselte. Außerdem war seine Bühnenpräsenz sehr ansprechend, da er seine Songs sehr authentisch, mit viel Herzblut lebt. Seine Growls stehen dann wieder im krassen Gegensatz zu den hohen Mittelaltertönen, die durch die beiden weiblichen, mit Geige und Drehleier ausgestatteten Bandmitglieder hervorgerufen und durch eingespielte Chöre unterstrichen werden. Dafür kamen mir die weiblichen Gesangsparts an sich live etwas zu blass herüber. Vorgestellt wurde außerdem noch der neue Gitarrist Rafael, und auch hier war die Vorstellung nach 40 Minuten wieder vorüber.
Jetzt hieß es eine gute halbe Stunde warten, bis endlich während des „finalen Countdowns“ seelenruhig die letzten Plektren an den Mikroständern angesteckt wurden und SABATON unter Riesenjubel zu „Ghost Division“ nicht nur die Bühne, sondern die gesamte Hessenhalle in Besitz nahm. Da waren sie, die schwedischen Imperatoren, mit ihren neuen Rekruten. Und schon beim nächsten Song „Gott mit uns“ offenbarte sich auch die Integrität der neuen Bandmitglieder: So übernahm Thobbe Englund (git) die auf CD durch Produzent Peter Tägtgren gesungenen Parts, natürlich unterstützt durch die sangesfreudige Fanschar, die sofort nach Beendigung der letzten Textzeile ihre nicht mehr wegzudenkenden „Noch ein Bier“-Rufe anstimmte. Da sich Joakim inzwischen aber Sorgen wegen seiner Figur macht, ist nun ein Wetttrinken, an dem er selbst sich ebenfalls einmalig beteiligt, ins Leben gerufen worden: Becher werden ins Publikum gereicht und die Zeit gestoppt, was natürlich sehr zu einer weiteren Erheiterung führt, ebenso wie die gegen Ende des Auftritts stattfindenden Tauschgeschäfte, als Joakim seine Weste gegen die von einem der Fans wechselt. Kontakt und Spaß mit den Fans wurde im Hause SABATON ja schon immer groß geschrieben. Auch wurde das Publikum in die Songauswahl miteingebunden; so bekam einmal „White Death“ und dann „Uprising“ jeweils den Zuschlag. Fehlen durfte auf keinen Fall der Titelsong des neuen Werkes „Carolus Rex“, das live hinsichtlich Dynamik und Bombast meine Erwartungen voll erfüllte, und sehr gut kam auch die auf schwedisch vorgebrachte Version „Karolinens Bön“ an, da gerade hier das Treibende des Songs durch Joakims Muttersprache druckvoll zur Geltung kommt. Überhaupt waren die Songs vom neuen Album (bis auf „Poltava“, das live nicht meinen Geschmack traf, dafür kam „The Lion From The North“ äußerst kraftvoll) gut ausgewählt und fügten sich mit dem bekannten Material passend zusammen, auch wenn ich einige Songs der ersten Stunde vermisst habe. Textsicher wie immer fungierte die Fangemeinde und sang als einstimmiger Chor wie bei „Cliffs Of Gallipoli“. Basser Pär wirbelte mit seinen zwei neuen Gitarren-Kumpanen über die Bühne, und die seitlich neben dem Schlagzeug montierten Laufpodeste wurden eifrig benutzt. Und dann zeigten die starken Recken auf einmal auch eine andere, eine sentimentale Seite: Joakim intonierte am E-Piano, im Hintergrund stimmungsvoll begleitet von zwei Akustikgitarren, „The Hammer Has Fallen“. Das war mal etwas anderes – doch schon brauste der Sturm wieder auf und beendete das offizielle Set mit einem donnernden „Attero Dominatus“. Es ist zwar noch etwas ungewohnt, die fremden Gesichter auf der Bühne zu sehen, die Gitarren klingen auch anders wie früher, die Keys kommen vom Band, und in meinen Augen ist Robban Bäck hinter dem Schlagzeug kein wertiger Ersatz für Daniel Mullback – aber die SABATON-Armee marschiert weiter: Der Spaß und die gezeigte Spielfreude ist offensichtlich, und man kann eigentlich nicht sagen, wer von wem mehr begeistert ist: die Band von den Fans oder umgekehrt. Und Joakim bedankte sich dafür auch immer wieder, für das fantastische Publikum und für das Willkommenheißen der neuen Mitglieder überhaupt. Bei „Primo Victoria“ jumpt schließlich die ganze Halle, und ich fragte mich insgeheim grinsend, ob jetzt gerade in Mittelhessen unerklärliche seismographische Ausschläge registriert wurden. „Metal Crüe“ als Schluss-Song mit einem sich von den Fans auf Händen tragenden Frontmann beendete schließlich nach 95 Minuten die grandiose Metal-Party. Die ersten Fan-Reihen wurden noch einmal belohnt: Die Schweden-Jungs sprangen in den Fotograben, schüttelten Hände, gaben Autogramme … Es wird zwar nie mehr die kleine Armee sein, die mich vor ca. 6 ½ Jahren in ihrer ersten Schlacht erobert hat, aber mein Blick in die verschwitzten, abgekämpften, aber glücklichen Gesichter der Fans überzeugten mich, dass SABATON ihren glorreichen Siegeszug weiterführen werden.
Setlist Sabaton:
(Intro: The March Of War)
Ghost Division
Gott Mit Uns
Poltava
White Death
Carolus Rex
Karolinens Bön
40:1
Cliffs Of Gallipoli
Uprising
(Dominium Maris Baltici)
The Lion From The North
The Hammer Has Fallen
Attero Dominatus
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The Art Of War
Primo Victoria
Metal Crüe
Fotos by Carina Reich - Weitere Fotos vom Konzert findet Ihr >HIER<