LIEDER AM SEE - Spalt-Enderndorf
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Festival am 16.07.2022
Bands: DEEP PURPLE, SAGA, THE HOOTERS, UFO, STINGER, CIRCUS ELECTRIC und BLIND DATE
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LIEDER AM SEE
Auch hier hatte Corona zwei Jahre lang Hausrecht und verhinderte die Durchführung sowohl 2020 als auch 2021. Doch die Macher hinter dem Festival in der fränkischen Seenplatte ließen sich nicht nur nicht unterkriegen, sondern konnten ihr großartiges Line-Up beibehalten. Endlich konnte das zehnjährige Jubiläum mit dem größten Headliner der eigenen Geschichte gefeiert werden. Leider machte die Seuche kurzfrisitg doch noch einen Strich durch die Rechnung, denn THE SWEET mussten wegen der Infektion von Paul Manzi absagen. Trotzdem war logischerweise viel los im beschaulichen Dörfchen Spalt-Enderndorf, als sich am Morgen die Menschen in Scharen in erstmals fünfstelliger Zahl von den Parkplatzen runter zum wunderschönen Festivalgelände bewegten. Nicht umsonst war Bademode das vorherrschende Bild die typischen Bandshirts wurden erst am Abend ausgepackt.
Denn gemäß des Namens konnten die Zuschauer vom Gelände aus im Brombachsee schwimmen. Wobei die Wiese als Erstes belagert wurde, bevor sich am Nachmittag der Sandstrand übervölkerte und im Zusammenspiel mit der dahinter befindlichen Bühne ein geniales wie irrwitziges Bild abgab. Das Konzept ging wie immer auf, in dem Jahr besonders, weil das Wetter ideal mitspielte und nicht zu heißen Badespaß zuließ, was vor allem jüngere Besucher begeisterte. Der Schwimmponton weiter draußen war permanent von Festivalbesuchern belagert, am Rande der Badezone fanden sich immer mehr Segelboote ein, um dem entspannten und bunten Treiben zuzusehen.
CIRCUS ELECTRIC
Das wirkte sich etwas auf den Zuspruch bei den frühen Bands aus, aber es waren ja noch lange nicht alle Leute da, als die Berliner loslegten. Ihnen wird ja derzeit die Ehre zuteil den mächtigen Hauptact durch die gesamte Republik begleiten zu dürfen. Ohne Verzögerung von zwei Jahren wäre das selbstbetitelte Debüt womöglich noch besser gelaufen, welches seinerzeit zu dem Anlass veröffentlicht wurde. Schon beim Entern der Bühne war klar, wohin die Reise geht, nämlich musikalisch dorthin, wo die meisten der Acts an dem Tag beheimatet sind. Optisch war der Retro Chic bestimmend, wobei Gitarrist und Sänger Adrian Dehn lässig mit Cowboyhut daher stiefelte.
Neben Songs vom Erstling wie „All The Way“ oder „Rolling On“ kamen auch neuere Stücke wie „Magic Medicine“ zum Einsatz, die in Zwischenzeit komponiert wurden. Die rockten alle in bester Manier der damaligen Zeit, kamen recht direkt und ohne Schnörkel auf den Punkt und luden die ersten zum Mitwippen ein. Neben seinem guten Gesangsbeitrag konnte Dehn auch mit seinen Soli überzeugen, für die er sich neben sein Mikro platzierte und näher zu den Zuschauern kam.
Das wirkte alles wunderbar sauber, tangierte in „Where The Wind Blows“ auch mal den konventionellen Hard Rock, trieb entweder schön nach vorne oder riffte angenehm dick. Größter Pluspunkt war aber ihr Groove, der sich durch alle Titel zog und für den Drummer Leonard Vaessen verantwortlich war. Wie er seine Sticks über die Becken tänzeln ließ, immer wieder explosiv ausbrach war eine Augenweide. Obendrauf verfügte er über die auffälligste Erscheinung, seine Locken schwangen wild im Takt, sein mehr als knappes Hemdchen legte das Brusthaar frei.
Nur konnte ich mich dem Eindruck nicht erwehren, dass alles etwas zu sehr durchgestylt war, die Outfits der Modeboutique auf dem Ku´Damm entsprangen. CIRCUS ELECTRIC wirkten sehr cool und lässig, spielten ebenso fein trocken und gut zusammen, aber das kam alles zu glatt, zu konstruiert rüber. Mag vielleicht an der hohen Stimme des Frontmannes liegen, wobei der sich meist auf seiner linken Seite aufhielt, während Oskar Pursche auf rechts sein Langholz hin und her schwang. Interaktion untereinander sollte nur wenig aufkommen, was in der Konstellation den Schlagzeuger noch präsenter machte. So klasse das handwerklich war, es fehlte einfach das rohe, wilde Element, das viele Retroacts herüber retten.
STINGER
Mit dem Problem mussten sich auch die kurzfristig ins Programm gehievten Hard Rocker auseinandersetzen, denn auch hier habe ich den Spirit etwas vermisst, obwohl einige der Musiker die Zeiten miterlebt haben. Nicht schwer vorzustellen, dass die Formation mehrere Preise einheimste, denn was sie auf die Bühne brachten war genau das was man erwarten konnte. Irgendwie berührte es aber nicht vollständig, wobei sie aus einem anderen musikalischen Lager als der Opening Act entstammen. Hier wurde Sleaze Rock der späten Achtziger gelebt, was schon alleine die Optik deutlich machte.
Bassist Tim Heerwagen kam mit strubbeligen dunklen leicht punkigen Haaren daher, Jeans bestimmte die Szenerie, Frontmann Matthew Sting hatte eine Kutte mit mehreren bandeigenen Patches drauf. Den Job bekleidete er nur interimsmäßig, weil Martin Schaffrath verhindert war. Auch die breitbeinige Attitüde war ideal für diese Mucke. Würde man es nicht besser wissen, man könnte meinen 33 Jahre früher vor einer Bühne zu stehen, sogar der Bass war knackig heraus gemischt wie einst bei GUNS´N´ROSES.
Hier war Adrain Seidel das Zugpferd, der als Leadgitarrist die meisten Spots hatte und unentwegt auf der Bühne unterwegs war. Bei seinen Soli warf er sich in alle erdenklichen Posen und erntete viel Szeneapplaus. Das jüngste Mitglied nahm auch immer seine Mitstreiter mit, so dass die große Bühne mehr als ausgefüllt wurde und ihm öfter zu eng war. Da musste sich der Bandboss richtig strecken um mithalten zu können, was ihm gelang, weil auch er die Klaviatur des Stageacting beherrschte.
Spielerisch war das ebenso ein Genuss einer eher noch unbekannten Band, die einige Reaktionen im Publikum auslöste, auch weil die beiden Aktivposten es immer wieder aufforderten. Mächtig drückten die Riffs aus den Boxen, wobei das Wort angesichts der Riff Rock-Nähe Programm war. Nicht selten hatten die Intros Züge von AC/DC, einen gewissen Blues-Touch verbuchten STINGER ebenso auf der Habenseite. Dem Gegenüber standen wieder Gangshouts, welche ebenfalls gut auf den Punkt getroffen wurden.
Dabei stand nicht nur das aktuelle Album „Expect The Unexpected“ im Vordergrund, von dem es Nummern wie „Monkey“ oder das eingängige „Roller Coaster“ gab. Das Debüt „Disadavantaged“ wurde mit „Up To The Limit“ oder „Devil Rides Out“ gleichwohl berücksichtigt wie „Colourblind“, von dem es „Mashed Potatoes“ und „My Girl“ zu hören gab. Mit dem breiten Spektrum wurde die Spielzeit von mehr als einer Stunde gefüllt, in welcher die Formation eine große Chance zu nutzen wusste.
UFO
Ihnen musste man nicht mehr sagen, wie das geht, diese Herren haben den Hard Rock mit aus der Taufe gehoben und ihm einen großes Melodiereichtum verpasst. Mit diesem Selbstverständnis fiel sofort der eigentliche Startschuss für das Festival mit den vier verbliebenen Legenden. Interessanterweise legten die mit einem Song vom letzten Werk mit Michael Schenker los, wobei sie noch tiefer hätten in den Archiven graben können. Dafür haben sie aber zu viele Hits, die gespielt werden müssen, wobei mit „Run Boy Run“ vom letzten Album „A Conspiracy Of Stars“ einer technischen Verzögerung zum Opfer, wobei nach hinten Luft gewesen wäre.
Möglicherweise auch der Kondition von Phil Mogg geschuldet, der seinen starken Gesangsbeitrag über die komplette Spielzeit aufrechterhalten will. Ein wenig musste er sich anstrengen, um seine Melodiösität auszuspielen, anmerken ließ er sich dabei wenig. Wie immer der elegante urbritische Gentleman, der spitzbübisch lächelnd durch das Programm führte, bei seinen Ansagen zwischen Höflichkeit und Witz wandelte. Seine leicht gebückte Haltung mit dem Mikroständer ist ebenso sein Markenzeichen wie sein charakteristisches Timbre. Natürlich beherrscht er so einige Posen immer noch, seinen Mikroständer riss er immer wieder nach oben, wenn er die Euphorie seiner Anhänger mitnahm.
Für seine 74 Jahre immer noch beeindruckend war der Dreh – und Angelpunkt seines über all die Jahre exzellent eingespielten Ensembles. Rechts schienen sich Rob De Luca und Neil Carter regelrecht zu jagen, weswegen sich der langjährige GARY MOORE-Sidekick beeilte, um von seinem Keyboard-Riser runterzukommen und an der Rhythmusgitarre mit dem Bassisten zu rocken. Links war Vinnie Moore nicht ganz so wild unterwegs, trat mehr als Rockstar mit breitgeschwellter Brust auf.
Die muss auch breit sein, wenn man als bei den Leads an diese Vorgaben dran muss, welche durch die Bank zur Creme de la Creme gehören. Und der US-Amerikaner ist einer, welche die tatsächlich hinbekommen, dass es Michael Schenker zu Ehren gereicht. Die schnellen Passagen liegen dem einstigen Varney-Shredder ohnehin, doch auch bei den weichen, gefühlvollen Passagen traf er Ton und Dosierung sehr gut. Dazu poste er wie wild herum, schleuderte seine Axt umher und spielte sogar mal hinter dem Kopf.
Auch nach all den Jahren rocken die Klassiker immer noch jeden Platz, so stimmte die Mischung aus Melodie und Drive mit dieser engagierten Truppe, die so exakt auf den Punkt kam. Hinten trieb der jüngst siebzig gewordene Andy Parker immer noch mit kraftvollem Punch an, die peitschenden Beckenschläge knallten nur so. Dabei hielt er immer Kontakt zu seinen Vorderleuten, die Harmonie in der Band lässt sie immer weitermachen, wobei die Frage ist wie lange noch.
Immerhin sollte die Abschiedstournee 2020 über die Bühne gehen, aber in UFO steckt noch so einiges, auch wenn sie nicht mehr über die volle Distanz gehen können. Dafür ist die Intensität dieses Materials so hoch, selbst wenn von „Force It“ nur ein Song und von „No Heavy Pettin´“ gar keiner kam. Damit holte man das nun zahlreiche Publikum zum ersten Mal richtig ab, das lauthals mitsang, sogar die Leadmelodie ihres größten Songs.
Setlist UFO:
Fighting Man
Only You Can Rock Me
Cherrie
Lights Out
Love To Love
Rock Bottom
Too Hot To Handle
Doctor Doctor
Shoot Shoot
THE HOOTERS
Die Stimmung sollte sich bei der folgenden Band noch steigern, wobei nicht so geradlinig nach vorne rockte, dafür aber in Sachen Mitsingkompatibilität an dem Tag klar die Nase vorne hatte. Vom ersten Moment an sprühten die Philadelphia-Boys nur so vor Spielfreude, das herrliche Wetter tat sein Übriges zum sonnigen Gemüt ihrer Kompositionen im Spannungsfeld zwischen Rock und Folk. Als absoluter Strahlemann entpuppte sich Frontmann Eric Bazilian, der stramm auf die siebzig zugeht aber dennoch mit fast jugendlichem Elan und ebensolchem Charisma die Menge mühelos im Griff hatte. Auch wenn in den letzten Jahren wenig neues Material kam, das vorhandene erwies sich als ebenso ewig jung.
Dabei eröffnete mit „I´m Alive“ ein Stück vom letzten Longplayer den Reigen, der Titel ist nur programmatisch zu sehen. Alle Musiker waren am vorderen Bühnenrand aufgereiht, was bei drei Gitarristen eng wurde, zumal Rob Hyman seine Keyboards ebenso an der Rampe positionierte. Wenn sie nicht für ihren mehrstimmigen Gesang an ihren Mikrofonen gebunden waren, waren sie viel unterwegs, bevorzugt, um Kontakt mit den Mitstreitern zu suchen, die Kommunikation war allgegenwärtig, auch ins Publikum.
Da waren Turnschuhe gefragt statt Stiefeln, um die Meter runter zu spulen, die Garderobe war eher amerikanisch lässig statt britisch adrett wie bei der Formation zuvor, ohne den Stil vermissen zu lassen. So geschmackvoll wie man auftrat wurden die Songs dargeboten, bis auf Tommy Williams ist man seit 1988 zusammen, dementsprechend dicht war der Sound. Nicht nur partymäßige Smasher wurden perfekt gezockt, im atmosphärischen Bereich wusste man auch zu glänzen wie „All You Zombies“ darlegte, zu dem Williams feine Slides beisteuerte.
Neben eigenen Songs bauten sie noch einige Cover ein, welche sie in ihren ureigenen Stil übersetzten. Emotionaler Höhepunkt für den Verfasser dieser Zeilen war der DON HENLEY-Evergreen „Boys Of Summer“. Überraschenderweise funktionierte auch der krönende Abschluss, wobei Bazilian die deutschen Lyrics gut rüber bekam. Zuvor wurde die Menge mit dem Triple aus „Satellite“, „Johnny B.“ und „And We Danced“ endgültig steil geschickt. Alles tanzte wild, hüpfte, klatschte, doch bei „Major Tom (Völlig Losgelöst)“ brachen alle Dämme. Selbst die Besatzungen der Boote vor Anker dürften da aus Leibeskräften mitgesungen haben, so geht Festival.
Nun sind die HOOTERS sicher keine Spaßkapelle, einige Lyrics haben einen ernsten Hintergrund. Und vom musikalischen Standpunkt war das hochprofessionell, trotz der vielen Bewegung und wechselnden Instrumenten waren sie extrem tight. Egal was für Saiteninstrumente Bazilian, Williams und Lilley in die Hand nahmen, ob nun Mandoline, Ukulele oder den Telecaster. Das sorgte für ebenso interessante Klangfarben wie die fast wie Kinderspielzeug anmutenden Blaskeyboards. Es sprach für ihre überragende Musikalität, dass die nahtlos integriert wurden wie die Blockflöte beim schon erwähnten Megahit „Johnny B.“. Eine in jeder Hinsicht außergewöhnliche Band, die auf der Bühne zu ihrer wahren Bestimmung findet.
SAGA
Bereits vor ein paar Wochen konnte ich die kanadische Prog-Institution live erleben. Sie stand vor dem selben Problem wie mit ACCEPT beim SwedenRock nach einer Band auf die Bretter zu müssen, welche diese zuvor zerlegt hat. Im Gegensatz dazu lösten sie diese Aufgabe weitaus besser als dort, was schon beim Gang dorthin deutlich wurde. Ob es am Wetter lag oder der Stimmung vor Ort, die gute Laune schien backstage von den HOOTERS konserviert.
Ian Chrichton hatte die ganze Zeit ein Lächeln auf den Lippen, das Strahlen sah man auch die Sonnenbrille, mit der sich an dem Tag viele Musiker wappnen mussten. Gerade um die Uhrzeit stand die Sonne sehr tief, viel von ihren Fans dürften sie nicht gesehen haben, dafür aber gehört, denn das Level sank nicht ab, was angesichts der anspruchsvolleren Musik bemerkenswert war.
Vom Set unterschied sich nicht viel die Fixpunkte der Tour wurden alle gebracht, neben welche immer ein paar Überraschungen eingebaut wurden. Natürlich haute man an dritter Stelle einen Hit raus, während man zuletzt nach dem Einstieg mit einer der besten Songs im Anschluss damit etwas zu sehr sparte. Das sind einfach die Dinger, bei denen man die Meute integrieren kann, bei der diese mitgehen konnte. Diese folgte den Aufforderungen zu den Singalongs des Frontmannes nur zu gerne.
Jenem Michael Sadler, der an dem Tag nicht zu sehr in weiten Gesten mit gesenktem Kopf verfiel, sondern sehr agil war. Was er auch musste, da es galt permanent zwischen Tastenburg und Rampe zu wechseln. Auf seinen Wegen drehte er unzählige Pirouetten, warf sich mit ausladenden Gesten in viele Posen, auch wenn er am vorderen Rand entlang schritt. Wie mühelos dirigierte er von dort aus die Klatschspielchen und lehrte die Zuschauer ihren Part.
Stimmlich war er ebenso in Hochform, vermochte die Melodien mit Emotionen zu füllen und schaffte selbst die ganz hohen Töne. Ihm zur Seite stand Jim Gilmour, der viele Backgroundvocals beisteuerte und die Ballade von „Heads Or Tales“ wie immer alleine bestritt. Jene würde ich mal gerne wieder puristischer ohne die programmierten Spuren hören. Seinen vier Synthesizer entlockte der Mann feine sphärische Klangwelten, wobei auch er sichtlich Spaß an seinem Spiel hatte und immer wieder Blickkontakt zu seinen Vorderleuten hielt. Besonders mit Dusty Chesterfield, der wie Sadler viel hin – und herswitchen musste, teilweise den kleinen Synth und die dicken Saiten gleichzeitig bediente.
Auf der Seite von Chrichton wurde eher gefrickelt, wobei der Gitarrist etwas kerniger zur Sache geht als im Studio. In all den Jahren hat sich der Mann seinen völlig eigenständigen Sound geschaffen, sowohl beim Riffing als auch bei den Soli, die meist flächig angelegt sind. Hinter ihm ließ Mike Thorn die Stöcke ebenso versiert kreisen und streckenweise einen Jazzbackground erkennen.
Wie er aus sehr filigranen Rolls heraus plötzlich die Becken fordernd anschlug war schon großes Kino, das er in einem Solo beweisen durfte. Seine Kunst war wieder schön für die Zuschauer zu sehen, da er seitwärts saß und viele Einblicke gewährte. SAGA schafften es einmal mehr sich über die Zwänge ihrer progressiven Strukturen hinweg zu setzen und eine ungewöhnliche Eingängigkeit zu präsentieren, welche die Hände bis weit nach hinten hochgehen ließ.
Setlist SAGA:
Careful Where You Step
Framed
On The Loose
Days Like These
Trust
Amnesia
Humble Stance
The Pitchman
-Drumsolo-
Scratching The Surface
You´re Not Alone
Don´t Be Late
--------------------------------
Wind Him Up
DEEP PURPLE
Bei der Hauptattraktion des Tages konnte man in vielerlei Hinsicht gespannt sein. Nicht nur wie sich das alte Flaggschiff des Hard Rock im immer weiter voran schreitenden Alter schlägt, die Blicke waren auch auf den Ersatzmann an der Gitarre gerichtet. Gerade bei dieser Truppe, die ja rockigen Drive und anspruchsvolle Arrangements wie keine zweite vereint ein immens wichtiger Faktor. Gerade in der ersten Disziplin konnte der Jungspund deutlich Akzente setzen und gab sich agiler als er Steve Morse je war.
Ihn hatte man selten so weit vorne vor den Augen des Publikums gesehen, Simon McBride war da eine ganz andere Hausnummer. Er genoss den Zuspruch der Anhänger sichtlich, wenn er seine Soli abziehen konnte, wobei er speziell im Signatursolo des Openers eine klasse Figur abgab. Man kann jetzt darüber streiten, ob die leicht abgewandelte Improvisation von Morse nun künstlerisch wertvoller war, so ein Monument will der geneigte Fan möglichst originalgetreu.
Zum Improvisieren war ohnehin genug Gelegenheit, während er vor der von ELP popularisierten Fanfare ran durfte, kam Keyboarder Don Airey die Ehre zweimal zuteil. Es gelang ihm neue Klangfarben einzubringen, schon alleine weil er erstmals in der Bandhistorie eine Les Paul auf die Bühne holte. Selbst wenn sich der Ersatz eher im Hintergrund hielt, fiel er durch sein Stageacting auf, da wurde das Spielgerät auch mal hochgerissen oder die Luft gekickt, da war einfach Feuer dahinter.
Ein Feuer, das seine Nebenleute mitnahm, Roger Glover war sehr gut aufgelegt und bearbeitete die linke Hälfte der Bühne im Alleingang, tänzelte viel umher. Mit Airey harmonierte er auch sehr gut, ließ ihm den nötigen Raum, um seinen typischen Kurzweil-Sound zur Entfaltung zu bringen oder die Orgel röhren zu lassen. Dem guten Don stand die Spiellaune im Gesicht, das Grinsen ging in den mehr als eineinhalb Stunden nicht von den Lippen.
Wie ein großer Konzertmeister gingen seine Hände umher, passend dazu ließ er öfter klassische Anwandlungen aufblitzen oder entlockte seinen Tasten irre Sounds. Und was Ian Paice in seinem Alter an Power hinter die Kessel brachte war unglaublich. Selbst die kompliziertesten Breaks knallten nur so, während er die Kompositionen nach vorne peitschte. Unermüdlich wie in seiner Karriere, die ihn mit der Coverband PURPENDICULAR auftreten lässt, wenn seine alten Kumpel sich ausruhen.
Da konnte Ian Gillan nicht mehr ganz mithalten, auch weil seine Stimme mit dem Alter mehr nachlässt, welches sich bedrohlich der Achtzig nähert. Zwar steht er noch immer gerne im Rampenlicht, doch überließ er es weitestgehend seinen Kollegen, wenn sein Gesang nicht benötigt wurde und platzierte sich zwischen Drumkit und Keyboards, wo er sein geliebtes Tambourin schlug. Wie schon Phil Mogg am Nachmittag musste auch er sich sichtbar anstrengen, wobei er noch höhere Töne treffen muss.
„Child In Time“ ist ja schon lange nicht mehr im Set, was er aber lieferte hatte immer noch den Glanz alter Tage, wenn er auch mehr investieren musste, weswegen heutzutage die Spielzeit knapper ist. Da nutzte es wenig, dass er mit wieder längeren Haaren frischer aussah, seine Bewegungen waren schwerfällig. Dafür hat er immer noch seinen Humor und seine Entertainerfähigkeiten, um zu unterhalten, das wird zum Glück nie vergehen.
Witzigerweise war das Set eigentlich gar nicht nach seinem Geschmack, das von Gillan favorisierte „Fireball“ kam gar nicht zum Zug. Gut, den Vorwurf seit fünfzig Jahren Promo für „Machine Head“ zu machen müssen sie sich gefallen lassen, sechs der acht Lieder standen auf dem Programm. In der großartigen Ballade, die seinerzeit nur B-Seite war konnte er nochmal sein Timbre unter Beweis stellen. Witzigerweise baute man einige eindeutigen Blackmore-Titel ein wie den Beitrag von „The Battle Rages On“, was den Autor dafür umso mehr freute. Die Instrumentalisten hatten ihren Spaß am Medley der aktuellen Cover-Scheibe „Turning To Crime“, welches die Zugabe eröffnete.
Ein weiterer Bonus inmitten des üblichen Hitfeuerwerks zum Ende hin, das wie in Stein gemeißelt scheint. Apropos Feuerwerk, das hat man vermisst, analog zum traditionelle Ende des regulären Sets hätte man eines auf dem See platzieren können, um die Stimmung der Mutter aller Rockriffs zu untermalen. Gespannt sein darf man jetzt wie es mit DEEP PURPLE weitergeht, vielleicht kann McBride noch mehr Einfluss nehmen, die Strukturen weiter aufbrechen, auf die Rückkehr von Morse würde ich keine allzu hohe Summe setzen. Zu stark war die Bandperformance, auch weil er sich bei allem Vorwärtsdrang in das Bandgefüge zu integrieren wusste.
Setlist DEEP PURPLE:
Highway Star
Pictures Of Home
No Need To Shout
Nothing At All
-Gitarrensolo-
Common Man
- Keyboardsolo-
Lazy
When A Blindman Cries
Anya
-Keyboardsolo-
Perfect Strangers
Space Truckin´
Smoke On The Water
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Caught In The Act
Hush
-Basssolo-
Black Night
BLIND DATE
Wer von der Musik nicht genug bekommen konnte, für den war im Biergarten auf der Halbinsel rechts der Bühne hinter dem Badestrand noch eine weiter kleine Bühne aufgebaut. Dort spielten in jeder Pause die Coverband BLIND DATE aus dem nahen Hof. Die sechsköpfige Formation wartet auch mit drei Gitarren auf, nicht das einzige Indiz einer thematischen Nähe zu den Südstaaten. So hing die US-Flagge auf der Bühne, man war in Zeiten verhaftet, als es wirklich noch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten war.
Nicht verwunderlich wurde in jedem Set ein CCR-Titel eingebaut, während man sich sonst durch die komplette Geschichte des Rock, vornehmlich der Siebziger und Achtziger spielte. Ob nun „You Give Love A Bad Name“, „Gimme All Your Loving“ oder Don´t Stop Believing“, für die Freunde des Classic Rock gab es Vollbedienung. Als Ersatz für den ausgefallenen Gig von THE SWEET hatte man auch Stücke von ihnen im Gepäck wie etwa „Action“. Damit ging die Party fast nonstop durch und erntete auch dort regen Zuspruch.
Interessant war die Kapelle wegen ihres singenden Schlagwerkers Maertel Monroe, dessen Headset leider ab und an Übertragungsschwierigkeiten hatte. Bei den Gitarristen Tat sich Ronnie Himes hervor, der auch mal die Talk Box benutzte. Die Sechs konnten den Songs auch einen eigenen Anstrich verpassen und alles ein wenig Southern-mäßig arrangieren. „Davy´s On The Road Again“ bekam so einen Boogie-Einschlag, der ihm gut zu Gesicht stand. Nur in Sachen Stageacting waren die Herren auf der kleinen Anhöhe nahe des Ufers etwas eingeschränkt.