SwedenRock Festival - Sölvesborg - Freitag, 10.06.2022
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Freitag, 10.06.2022
ERIC GALES (Sweden Stage)
Als ich das Gelände am nächsten Tag betrat musste ich mich erst einmal vergewissern nicht auf einem Hip Hop-Festival gelandet zu sein. Denn auf der Bühne direkt hinter dem Eingang fanden sich Musiker ein, die vom Look her stark daran erinnerten. Ein kahlköpfiger Drummer mit Stirnband, der im Rockbereich höchstens bei einer NYHC-Combo vorzustellen wäre. Ein Keyboarder mit Schirmmütze, und Bassist James „Smokeface“ Ross mit Kopfsocke und Maske, unter der es ständig heraus rauchte. Einzig Gales´ Ehefrau LaDonna im schwarzen Lederkleid hinter den Percussions hätte man nicht zwingend in der musikalischen Ecke verortet.
Den Chef im Ring dafür ebenso wieder, sein Goldbehang war ähnlich exzentrisch wie sein ganzes Auftreten. Ausladend seine Schritte, mit denen er die ganze Bühne abschritt, während seine Begleiter die gesamte Zeit ihre Positionen hielten. Kurz halten konnte er sich bei den Ansagen ebenfalls nicht, war um dicke Sprüche nicht verlegen. Immer wieder schien auch die ernsthafte Bewältigung seiner Vergangenheit durch, was seine Großmäuligkeit wieder sympathisch machte.
Ständig war er sogar zwischen den Songs damit beschäftigt die Zuschauer zu Applaus zu animieren, er bekam ihn auch. Nicht nur für sich, auch für das Tamburin-Solo seiner Frau, welches in seiner typischen Art ankündigte. Die hektischen Bewegungen dabei, das Rudern mit den Armen wären ihm in der NFL womöglich als Taunting geahndet worden. So hatte er die Zuschauer schnell auf seiner Seite, welches den verrückten Vogel gern hatte.
Auch weil dieser so toll aufspielte, selbst wenn er das Spielen gerne übertrieb. Zwei Intros, von dem in eines das Thema des Klassikers „Smokestack Lightning“ eingebaut wurde benötigte Gales, um mit „You Don´t Know The Blues“ erstmals zum Mikro zu schreiten. Viel Songs sang er nicht, meist von seinem neuen Album „Crown“ wie den Titelsong“ oder das funkige „Put It Back“. Am meisten berührte er hier mit der Ballade „My Own Best Friend“, die von seiner Läuterung erzählt.
Das Interessante in seinem Spiel ist, wie er die Songs im eher kleinen Rahmen neu arrangiert, die Orgel übernimmt die Backgroundchöre der Studioversionen. Das macht alles ein wenig rauer, gibt seinen Saiten noch mehr Präsenz, die er meisterlich tanzen ließ. Sein Talent schien immer wieder durch, leidglich als Songwriter hätte er sich mehr profilieren können. ERIC GALES jammte lieber eine Runde über das legendäre Riff von „Don´t Fear The Reaper“, was daran denken ließ, dass BLUE ÖYSTER CULT leider abgesagt hatten.
Dass er von Hendrix inspiriert ist, hätte keiner Erwähnung bedurft, das hörte auch der Laie schnell heraus. Schon wie er die Saiten aufzog, war ganz im Stile des Großmeisters, der die Rechtshändergitarre ebenfalls links spielte. Dennoch bat er gegen Ende einen Song von ihm spielen zu dürfen, nachdem er seine eigenen darbieten durfte. Wie gehabt leistete er sich bei „Voodoo Chile (Slight Return)“ einige Freiheiten und baute Beethoven´s „Pour Elise“ mit ein, was dem Redakteur ein Déjà Vu bescherte. Man muss den Mann einfach mögen, der so prima unterhalten kann, der eine fast kindliche Freude am Musizieren hat, nur beim nächsten Mal mehr Songs.
D-A-D (Festival Stage)
Wer die Dänen kennt, weiß, dass sie sich für keine Verrücktheit zu schade sind, gerade bei so einem großen Festival konnte man gespannt sein, was sie sich nun wieder einfallen lassen. Vielleicht haben sie deswegen sicherheitshalber ein ganzes Karussell um das Drumkit von Laust Sonne gebaut, weil er seines beim letzten Gastspiel auf dem SwedenRock abfackelte. Das herrlich gelb-bunte Gebilde setzte sich in einem großen Bogen über die gesamte Backline fort. Wenn man schon Zirkus macht, dann trug natürlich Jacob Binzer den Dompteurszylinder.
Mit dem Bühnenbild konnte ja schon gar nichts mehr schief gehen, zumal der Drummer in einem pinken Anzug mit kurzen Ärmeln hinter einem gleichermaßen gefärbten Schlagzeug saß. Und was Stig Pedersen jedes Mal an Bässen aufbietet ist immer wieder höchst amüsant, wer baut so was eigentlich? Die Rakete, die er quasi versteckt spielen muss, kannte man ja, den gläsernen Viersaiter ebenso. Aber das Ding mit dem Gitarrenkopf als Korpus und der Korpus als Kopf ist jetzt schon Kult, zumal der Typ mit den kajalumrandeten Augen wieder herrlich schräg unterwegs war.
Mit dem Titelsong ihres erfolgreichsten Werkes ging es direkt los, Jesper Binzer hing lässig hinter seinem Mikro und haute ein paar kernige Riffs aus seiner Flying V. Wenn sein Gesang nicht gefragt war, war er viel unterwegs und animierte immer wieder die Fans. Das wäre nicht nötig gewesen, die Skandinavier verstehen sich untereinander, so dass er das Auditorium schnell im Griff hatte. Kein Wunder wenn man „Jihad“ vom Durchbruchsalbum „No Fuel Left For The Pilgrims“ schon an dritter Stelle raus haut.
Überhaupt wurden auf der laufenden Tour viele alte Kamellen aufgewärmt, aus der Zeit davor, etwas das sehr countrylastige „Riding With Sue“. Aus den letzten zwanzig Jahren gab es nur zwei Stücke vom aktuellen Album „A Prayer For The Loud“, dessen lässiges Titellied gut kam. Mit den beiden größten Hits „Bad Craziness“ und „Sleeping My Day Away“ ging das reguläre Set spektakulär zu Ende, die Show nahm kein Ende.
So ein Karussell steht ja nicht nur herum, es fing auch an sich zu drehen, während Sonne munter weiter spielte. Alleine er ist schon außergewöhnlich, von der Griffhaltung eher ein Jazzer lässt er die Arme munter kreisen, obwohl sein Groove eher ein simpler ist. Weil sich das Karussell so schön drehte, nahm auch mal Jacob Binzer dort Platz und spazierte der Drehbewegung entgegen, während er munter weiter auf der Stelle laufend sein Solo weiter zockte. Bruder Jesper zog es später vor die Fahrt in vollem Umfang zu genießen.
Zugabe war bei einem der unterhaltsamsten Gigs des Festivals Pflicht, wobei sie erst einmal Fahrt heraus nahmen. Ob es daran lag, dass der eher melancholische Fanfavorit „Laugh ´n´ A ½“ nicht ganz zum übrigen Material passt und deswegen lange selten gespielte, kann ich nur schwer sagen. Jedenfalls war die Begeisterung groß als die Binzer-Brüder nur mit der Stromlosen bewaffnet zurück kamen und alleine einstiegen.
Streckenweise haben die dann nur noch gespielt und das eigene Singen gänzlich eingestellt. Tausende Kehlen waren ohnehin lauter, jedes einzelne Wort wurde mit Inbrunst mitgesungen. Hier waren wieder alle eins, jeder fühlte das selbe, Momente die nur Musik schaffen kann und den Rezensenten tief berührten. Mit dem schweren „I Won´t Cut My Hair“ verabschiedeten sich D-A-D endgültig.
KINGDOM COME (Sweden Stage)
Beim folgenden Act weiß ich wirklich nicht, was ich sagen oder schreiben soll, ob es nun traurig oder doch erfüllend war, zu viele Nebenkriegsschauplätze eröffnete diese Band, auf welche ich so lange gewartet habe. Nicht nur ich, jeder mit dem ich zuvor redete zählte mindestens dreißig Jahre runter, damit der Moment endlich kommt. Der erste Eindruck war optisch nicht wirklich erbaulich, gut gealtert sieht definitiv anders aus.
Das Bild schreckte nicht nur auf, sondern auch das Fehlen von James Kottak, bis zu dem Zeitpunkt als ebenjener vorgestellt wurde. Ich habe den Mann noch vor sechs Jahren mit den SCORPIONS gesehen, seitdem muss er extrem mit seiner Gesundheit zu kämpfen gehabt haben. Die Haare dünn und grau, der Körper noch die Hälfte von damals. In ein paar Ansagen merkten Johnny B. Frank und Keith St.John schon derartige Dinge an und sprachen offen den Kampf gegen Krebs an.
Umso bemerkenswerter dass diese Truppe auf der Bühne stand, das Schicksal meinte es sicher nicht gut mit den Jungs. Die Zukunft schien golden, und bis heute sind zumindest die vier Originalmitglieder befreundet, doch nach zwei Alben beschloss ihr früherer Frontmann alle zu feuern und sich stilistisch anderweitig zu versuchen. Bis auf Kottak hat keiner von der einst so talentierten Band wieder einen Fuß auf die Erde bekommen. Das Leben schien es auch nicht immer gut mit ihnen zu meinen, aber kein Wunder wenn man nur seinem Traum hinterher jagt.
Jene Reunion hätte Lenny Wolf vor fünfzehn oder zwanzig Jahren vollziehen müssen, als die Zeiten gut standen für jene Musik. Oder einfach für die anderen den Weg frei machen sollen, als bei seiner Version von KINGDOM COME kaum etwas lief. So hinterließ der Auftritt einen zwiespältigen Beigeschmack, wobei ich sicher bin, die Band hat ihr Bestes gegeben was sie hatte. Zwischendurch durfte jeder Saitendehner ein Solo zocken, wobei die improvisiert und wenig inspiriert wirkten, währenddessen die anderen Musiker scherzten und das Publikum filmten. Es schien als wolle man Kottak Zeit zur Regeneration geben, immerhin war sein Punch noch da, wenn er gebraucht wurde.
Genau das war eben die Tragik, dass die Songs großartig dargeboten wurden, wenn die Band mal ins Grooven kam, selbst wenn man von der Livepräsenz wenig eingespielt wirkte. Danny Stag hat immer noch die feurigen Riffs am Start und viel Gefühl in seinem Spiel, Johnny B. Frank war viel unterwegs und heizte die Fans an. Keith St.John scherte sich wenig um den ewigen Vergleich mit LED ZEPPELIN und hatte die selben Rockstarposen drauf wie Robert Plant. Den Einfluss können sie nicht abschütteln, trugen ihn allerdings besser in die Achtziger als die Originale.
Da durfte eine kurze Einlage mit „Black Dog“ nicht fehlen, wobei sich die meisten Anwesenden einfach mehr Songs gewünscht hätten. Das populärere erste Album kam gut zum Zuge, doch vom besseren, raueren und vielschichtigeren „In Your Face“ blieb man vieles schuldig. Der Gig bewies, dass in besseren Zeiten eine Sternstunde möglich gewesen wäre, so gab es nur eine Ahnung davon. Glücklich gemacht hat es dennoch, dass sich die Herren aufrafften uns diese Lieder zu bescheren, die man gemeinsam feiern konnte.
Setlist KINGDOM COME:
Shout It Out
Perfect ´O`
Living Out Of Touch
-Gitarrensolo Rick Steiert-
Do You Like It
-Bassolo-
17
-Gitarrensolo Danny Stag-
What Love Can Be
Pushin´Hard
Get It On
SAXON (Festival Stage)
So langsam scheinen sie zum Inventar zu gehören, ihre Teilnahmen am SwedenRock kommen in immer kürzeren Abständen, denn im Prinzip waren sie bei der letzten Ausgabe schon dabei. Wenn nicht gerade JUDAS PRIEST oder IRON MAIDEN vorbei schauen, sind sie die erste Adresse für NWOBHM-Stoff. Mittlerweile auf die Hauptbühne hochgebucht wurde der Wunsch von Frontmann BIFF nicht Wirklichkeit, dass seine Gruppe dieses Mal headlint. Man muss es vorweg nehmen, verdient wäre es allemal gewesen, wie ACCEPT am Tag zuvor boten sie einfach am meisten Power auf der Bühne.
Dabei ist der gute Biff nun keiner, der wie wild auf der Bühne rumrennt, aber diese graue Eminenz des Metal gehört zu den ganz großen Sympathieträgern, der mit seinem Charisma alles vereinnahmen kann. Aktivposten war wie immer der nimmermüde Nibbs Carter, der immer noch ohne Furcht auf den Frontmonitoren stand und dabei wild seine Matte schüttelte. Von den Kollegen an den sechs Saiten war Dog Scarratt der umtriebigere, bangte aber lieber von rechts nach links, mit sehr weit ausholenden Bewegungen.
Was SAXON anbieten ist mittlerweile egal, weder die Musiker noch ihre Fans werden die unvermeidlichen Standards müde. So kamen die Titeltracks der „Holy Trinity“ ebenfalls wieder recht früh, dafür hat man ja genug in der Hinterhand. Seltsamerweise hatte man das aktuelle Werk „Carpe Diem“ außen vor, oder soll das erst bei der Tour vorgestellt werden. Danach gefragt hat jedenfalls keiner, Hauptsache es ging direkt nach vorne los und rockt ordentlich.
In eineinhalb Stunden kann die Formation eh nicht alles spielen, was möglich wäre, allerdings sind die Zeiten von ein paar Überraschungen länger vorbei. Ein bisschen Spielzeit ging wie immer für die Skandierungen des Bandnamens drauf, welche die Fünf immer noch mit Freude entgegen nahmen und gar nicht erst versuchten, die Meute einzubremsen. Einmal startete Byford das Spiel die rechte und linke Seite gegeneinander grölen zu lassen. Das klappte mit dem Teiler bis zum FOH ganz gut und das Publikum macht sich auf beiden Seiten des Grabens noch den Spaß sich gegenseitig anzustacheln.
Da ist über die Jahre eine Einheit gewachsen, weil SAXON immer grundehrlich ablieferten und nie Allüren zeigten. Erst im Herbst ihrer Karriere ernten sie die Lorbeeren, die andere früher bekommen, dann oft verblassen. Biff konnte die Menge nach Belieben dirigieren, seine Autorität basiert aber darauf, dass er einer von uns ist. Und wie gute Freunde treibt man auch mal Scherze, und der Mann im Armeemantel ist ein Schelm vor dem Herrn.
Selbstredend wurde die Kreuzfahrerhymne wieder permanent gefordert, als Beweis dass sie nicht auf der Setlist stand wurde die hochgehalten. Also doch wieder zerreißen, runterschlucken und die Leute selbst entscheiden lassen. Das Lied vom Flughafen ohne Strom wurde auch gefordert, aber natürlich wurde es der Titelsong vom 84er Album. Zwei Lieder später war eigentlich noch Zeit für zwei Songs, da SAXOM immer überziehen dürfen.
Angekündigt wurde die Nummer, ohne die man die Bühne nie verlässt, Paul Quinn stieg in das schnelle Kultriff ein, dann grätsche Biff dazwischen „Next song is „747 (Strangers In The Night)““. Er hat uns wieder mal dran gekriegt und amüsiert sich köstlich über die Finte, während Scarratt und Quinn sich die Leads um die Ohren peitschen. Das Publikum freute sich ebenso über zwei weitere Klassiker und hüpfte bis zu den Sitzplätzen mit.
Setlist SAXON:
Motorcycle Man
Battering Ram
Wheels Of Steel
They Played Rock´n´Roll
Strong Arm Of The Law
Thunderbolt
Denim & Leather
Heavy Metal Thunder
Never Surrender
Broken Heroes
Dogs Of War/Solid Ball Of Rock
Crusader
And The Bands Played On
Power And The Glory
747 (Strangers In The Night)
Princess Of The Night
PRAYING MANTIS (Rockklassiker Stage)
NWOBHM, Klappe die zweite! Direkt im Anschluss an das große Flaggschiff konnten Fans zur melodischeren Variante ins Zelt gehen, die aber kein bisschen leiser war. Im Gegenteil, denn seit der Hinzunahme des niederländischen Sängers „John „Jaycee“ Cuijpers ist die Combo aktiver denn je. Angesichts der Qualität der jüngsten Scheiben fragt man sich, was gewesen wäre, wenn man nach dem grandiosen Debüt nachgelegt hätte. Falsche geschäftliche Entscheidungen verhinderten leider höhere Weihen, Liebhaber verleihen ihnen heute gerne das Etikett „unterbewertet“.
Gerade auf der Bühne verabreichte ihnen Cuijpers einen echten Energieschub, weil er die Frontmann-Rolle endlich gebührend ausfüllt und somit die Verbindung zum Publikum herstellt. Den Troy-Brüder Chris und Tino fehlte das stets ein wenig. So tänzelte Chris wie gewohnt etwas verträumt am Bass auf der Bühne rum, während Tino wild umher sprang, seine Leads und Soli spektakulär abzog, damit für Schauwerte sorgte. Als Motor fungierte da lange Andy Burgess, der mit Riffs vorne an der Rampe antrieb.
Nun haben PRAYING MANTIS nicht nur eine verdammt dicke Röhre in ihren Reihen, der den Kompositionen mehr Kraft und Rauheit verleiht, sondern auch mit Präsenz zu glänzen wusste. Schon zu Beginn forderte er die Zuschauer auf beim mächtigen Refrain der Bandhymne mit einzusteigen. Die ist zwar offiziell nie auf einem Album erschienen, doch nach der zweiten Strophe wusste jeder worum es geht. Mit einem der härteren Tracks von besagtem „Time Tells No Lies“ bog man anschließend auf die Siegerstraße ein.
Klar wären mehr Zuschauer wünschenswert gewesen, im Zelt war noch ausreichend Platz, aber die Anwesenden können davon zeugen, hier eine trotz aller Rückschläge immer noch vitale Band erlebt zu haben. Spielerisch passte das alles zusammen, der gute Jaycee lässt mit seiner Art seine Mitstreiter mehr zu einer Einheit finden, die erhöhte Spielpraxis der letzten Jahre mündete in einen sehr kompakten druckvollen Beitrag. Gerade das Markenzeichen, die mehrstimmigen Vocalarrangements, saß an dem Abend perfekt und erhöhte mit den massiven Chören die Eingängigkeit.
Die Jungs taten auch gut daran nicht als reiner Nostalgieact daher zu kommen, ein reines Set mit dem Debüt kann man vielleicht auf dem „Keep It True“ bringen. So gab es mehrere Tracks aus den Comebackzeiten in den frühen Neunzigern, so wie Auszüge der letzten Scheiben, die sich nahtlos einreihten. Als besonderes Bonbon für die langjährigen Anhänger legten sie noch den Track vom sagenumwobenen „Metal For Muthas“-Sampler nach.
Emotionaler Höhepunkt, vielleicht des gesamten Festivals war die Ballade des Abends, die einen ermutigt seine Ziele nie aus den Augen zu verlieren. Am Ende bescherte der Klassiker mit dem derzeit so aktuellen Thema, das vor vierzig Jahren schon die Menschen bewegte, Musikern wie Fans einen umjubelten Ausklang. Es wäre großartig, wenn diese Formation endlich mal größere Bühnen spielen könnte, wo sie noch mehr aus ihrem Repertoire zaubern können, die Fähigkeiten dazu haben sie bewiesen.
Setlist PRAYING MANTIS:
Praying Mantis
Panic In The Streets
Highway
Keep It Alive
Cry For The Nations
Dream On
Time Slipping Away
Captured City
Let It Go
Children Of The Earth
IN FLAMES (Festival Stage)
Auch bei den Lokalmatadoren ist es nicht so lange her, dass sie das Festivalbilling angeführt haben, auch wenn der letzte Auftritt einige Fragen offen ließ. Eine wurde beantwortet, Keyboarder Niels Nielsen blieb, bekam einen eigenen Riser, so dass sich die Melodic Deather in die Riege der Acts einordneten, deren Schlagzeug dezentral steht. Die nächste Frage war, ob das tatsächlich Chris Broderick ist, und da ja, seit wenn er dabei ist. Mitbekommen habe ich es nicht, den immer noch gut muskelbepackten Shredder schon mit JAG PANZER, NEVERMORE und MEGADETH erlebt.
Sein Spiel passte auf jeden Fall rein, weil auch IN FLAMES stets eine Mischung aus Melodien und Staccato hatten. Da passte der Opener „Alias“ schön in das Bild, die Harmonien peitschten über die Bucht und brachten die dicht gedrängte Masse direkt in Bewegung. Die Schweden erwiesen sich als erstaunlich textsicher, obwohl den zunehmend psychotischen Gesangslinien von Anders Fridén nur schwer zu folgen ist. Gerade bei dem Longtrack „The Chosen Pessimist“ vom selben Studiowerk „A Sense Of Purpose“.
Broderick brachte auch mehr Bewegung auf die Bühne, nahm auf seiner Seite Bryce Paul mit, der lässig unter der Baseballmütze bangte. Die Anordnung mit einem Riser am kompletten vorderen Bühnenrand war etwas seltsam, neben dem Frontmann war es der neue Gitarrist, der diesen am öftesten erklomm. Björn Gelotte rockte mittlerweile völlig ergraut auf der rechten Seite vor sich hin. Bei den Soli, die sich beide teilten präsentierte er sich etwas mehr. Fridén hingegen war viel unterwegs, hatte zwar immer den Kopf etwas gesenkt, suchte dennoch viel den Kontakt zu den Leuten.
Schwedisch verstehe ich nur sehr begrenzt, aber die Handzeichen nach zwei Dritteln des Sets konnte auch ich deuten. Immer wieder schwor er beide Seiten vor der Bühne ein, bewegte dabei seine Hand auf und ab, um anzuzeigen wie er es gerne hätte. Klar kam dann „Only For The Weak“, der Dauerbrenner bringt immer noch ein komplettes Festival zum kollektiven Hüpfen. Da klatschten die durchschwitzten Leiber aneinander, rieben sich und ging auf und ab, immer wieder ein Erlebnis in dieser Masse.
Von „Clayman“ wurde mit „Pinball Map“ noch ein weiterer Song gespielt, am Ende einer ganzen Strecke alter Songs. Das versetzte die alten Fans in Verzückung, als von „Behind Space“ vom Debüt „Lunar Strain“ über „The Hive“ von „Whoracle“ bis zum jenem Titel je ein Song ausgegraben wurde. Wer die Historie der Band kennt, weiß, dass anschließend der Stilwandel kam, von „Reroute To Remain“ gab es lediglich „Clouds Connected als recht frühen Höhepunkt. Bis auf „Soundtracks To Your Escape“ wurde jedes Werk bedacht, mir fehlte unter den drei Auszügen von „Sounds Of A Playground Fading“ erneut der Titeltrack. Die neueren Lieder wurden alle munter dazwischen gemischt.
Am Ende ging es dann bei „Take This Life richtig ab“, doch es drehten sich schon zuvor einige kleine Pits. Den munteren Treiben auf dem schon arg strapazierten Rasen setzte die Band auch etwas mehr Show entgegen, wenn die Bühne samt Bühnenbild mit riesigen herunterhängenden schwarzen Weben in ein dunkles Licht getaucht wurde. Zum Glück erinnerte man sich wieder der Bedeutung des Bandnamens und feuerte mit den Feuersäulen aus allen Rohren. Im Ablauf gab es wenig Reibungen, hier wurde auf Songs gesetzt, die alle schön schnörkellos runter geballert wurden. Schön zu sehen, dass diese innovative Truppe nach vielen Umbesetzungen immer noch einen würdigen Headliner gab.