SWEDENROCK - Sölvesborg - Fazit:
Beitragsseiten
Fazit:
Das SwedenRock bestätigte sich einmal mehr als eines der führenden Festivals des Kontinents, die Modernisierung führte nicht zum Verlust der Identität. Zumal sehr viele einheimische Künstler auftraten, was ein zusätzliches Alleinstellungsmerkmal war. In Tagen, in denen immer mehr solche Events in Schieflage kommen wankte auch die zweiunddreißigste Ausgabe nicht im Seewind des Meeres direkt nebenan. Wobei Letzterer die diesjährige Ausgabe zu einer der kältesten machte, in den letzten Jahren war man ja vom Wetter regelrecht verwöhnt, was ein Bad im nahen Meer zu einer Herausforderung machte. Aber da sich der Regen von oben sehr in Grenzen hielt gab es wenig zu meckern.
Negativ fiel da eher eine Diebesband ins Gewicht, die am ersten Tag mehr als einhundert Smartphones erbeutete. Ich frage mich was das soll, was bringt so ein Ding am Schwarzmarkt, ist es das wert? Am Ende wurde die Polizeipräsenz vor allem um die engen FOS-Bereiche verstärkt, was glücklicherweise eine abschreckende Wirkung hatte. Was aber viel schwerer wog als der materielle und auch ideelle Verlust, immerhin sind da viele Dinge mit Erinnerungswert gespeichert: Es herrschte irgendwo ein gewisses Misstrauen unter den Besuchern, weil jeder ja im Prinzip verdächtig war. Ihr zerstört mit solchen wenig gewinnstiftenden, dafür kriminellen Aktionen einen Zusammenhalt, der über Jahrzehnte aufgebaut wurde, und von dem das Festival lebt.
Was ebenfalls streckenweise negativ ins Gewicht fiel, was bislang immer einer der großen Pluspunkte war die Verpflegung auf dem Festival. Inflation hin oder her, aber da wollten sich wirklich einige auf Kosten der Besucher bereichern, wenn Restaurantpreise erreicht werden geht das zu weit. Dazu war die Qualität nicht immer das, was ich da gewohnt war, da wurde auch mal vergessen das Bun für den Döner aufzubacken. Ich weiß, dass gutes Personal heute schwer zu finden ist, aber dann sollte man diese besser schulen. Da sollte bei den Kontrollen ein wenig mehr Wert auf Qualität gelegt werden, wobei es gut ist, dass diese durchgeführt wurden, das ist man den Besuchern schuldig.
Überhaupt hat mir der Döner – und Hamburgeranteil zu sehr zugenommen, die Vielfalt macht es doch aus, den Kroppkakor-Stand habe ich diesmal vergeblich gesucht. Pastastände machten sich ebenfalls rar, wobei diejenigen, die ich aufsuchte sehr gut waren. Im großen Ganzen stimmte die Auswahl immer noch, neben dem Grillstand, bei dem alles mit der beliebten Sauce Bernaise gereicht wurde, waren mediterran, Balkan und Griechisch zu finden.
Die Pizzen gab es wieder als komplettes Rad, wobei einige direkt im Holzfofen backten. Am Eingang zur Wein-Lounge gab es endlich frisches Obst zu kaufen, das ich lange vermisst habe, eine nicht ganz so kalorienreiche Nachspeise wie die reichloch verzierten Donuts und Berliner. Mir rettete der Toast-Stand neben der SwedenStage das Leben, wo wir in der Unterkunft keine Küche hatten. Nie lange Wartezeiten und sehr zu empfehlen schmissen drei junge Damen den Wagen die vier Tage alleine.
Komfort wird beim SwedenRock groß geschrieben, auch wenn größere Taschen wieder draußen bleiben mussten, viel Grund Regenklamotten mitzuschleppen gab es nicht, das meiste fing der übliche Hoodie ab. Dafür fand man Wasser überall, sei es an den Zapfstellen gegen den Durst als auch in den Spültoiletten, die über das Gelände verteilt ausreichend zur Verfügung standen.
Mit rein durfte aber der Klappstuhl, mit dem man sich selbst in der ersten Reihe während der Wartezeit zwischen den Bands bequem machen konnte. Meist fand man diese auf den zwei kleinen Geländeerhöhungen zwischen den beiden größten Bühnen. Da blieben viele wie im Kino einfach sitzen und drehten ihren Sitz nur beim Changeover herum, um das Geschehen beidseitig gut beobachten zu können.
Die fielen mit fünfzehn Minuten üppig aus, so dass niemand Probleme hatte es sich an der nächsten Bühne einzuleben. Daneben waren die Spielzeiten mit mindestens einer Stunde, mit Ausnahmeder Zeltbühne, ebenso umfangreich dass viele Formationen ein reichhaltiges Set aufbieten konnten. Die langen Zeiten die sich als Bühnenpausen ergaben wurden genutzt, um teilweise ein massives Setting auf die Bühne zu schleppen, welches viele Acts nicht einmal bei ihren Headlinershows auffahren.
Auch soundtechnisch hat das Bühnenpersonal genug Space, um alles auf Herz und Nieren zu prüfen und einzuregeln. Das hörte man den Klangergebnissen auch an. Wenn dann alles fertig eingerichtet ist, erscheinen die TV-Moderatoren Mattias Lindeblad und Melker Becker auf der Bühne, um die Menge mit dem wohlbekannten „Satan´s People“ zu begrüßen und den nächsten Gig anzukündigen. Jedes Mal ein herrlich schräger Spaß, wie auch mit Filmkritiker Ronnie Svensson in seinen Hawaii-Hemden.
Das SwedenRock ist längst ein Volksfest, zu dem Menschen aus allen Teilen der Erde kommen, zum Teil innerhalb Schwedens längere Strecken zurücklegen als der Rezensent. Mit den Jahren trifft man auch viele bekannte Gesichter wieder, tauscht sich aus, feiert zusammen. Da sind schon ein paar wunderbar skurrile Charaktere darunter, in ihrer Art alles sehr liebe Leute, die sich gerne gegenseitig aushelfen und diese gute friedliche Stimmung verbreiten. Außerhalb des Geländes, wo die Wege kurz sind geht die Party weiter, viele vermieten alles was geht, die Gärten sind voll von Zelten und Wohnwägen, es wurde sogar ein Dixie in einem Vorgarten gesichtet. Manche bieten auch Essen an, oder laden gleich Musiker mit Klampfe auf die Terrasse ein, um der Gartensause einzuheizen.
Zu dieser einzigartigen Atmosphäre tragen neben den vielen Annehmlichkeiten und einer gewaltigen Bandauswahl vor allem die Security bei. Das sind keine typischen Aufpasser, sie verstehen ihren Job, für die Fans da zu sein. Auch wenn sie klar einem Protokoll folgen wirken sie sehr entspannt, was die Umgebung ebenfalls entspannt, selbst das Reichen von Trinkwasser wird exerziert. Den Besuchern werden viele Freiheiten gelassen, wobei manche Dinge wie auf den Schultern sitzen dann unterbunden werden. Die Damen und Herren sind immer Ansprechpartner und haben Augen und Ohren für die Bedürfnisse des Publikums. Sehr empathisch werden Stimmungslöcher oder auch körperliche Schwäche erkannt und Hilfe angeboten.
Dabei sind viele keine ausgebildeten Security-Leute, sondern werden von Vereinen in der Umgebung angeworben, ebenso wie viele weitere Helfer wie das fleißige Reinigungsteam, das sofort nach jedem Konzert den Kehraus erledigt. Alle haben riesige Freude an der Arbeit, speziell mit den besonders enthusiastischen Fans, die mit einer Mischung aus Verwunderung und Begeisterung beobachtet werden. Gerade an der SwedenStage mit Hendrik, Pia oder vor allem Gateguard Anette entstand eine ganz besondere Bindung zwischen Publikum und Pit-Personal. Aber auch auf der Rockstage kenne ich Marie oder Sven schon länger, mit denen man sich auch über Musik austauschen kann, und die auch mal gerne mitsingen.
Was deren Chefs auch nicht verübeln, schließlich sind wir alle in erster Linie Fans. Conny Olsson selbst fand man öfter singend durch den Graben spazieren, während er via Headset alles im Griff hat. Wenn man jemand so lange kennt wie Johan von der Blåkläder Stage, dann ist der Umgang schon herzlich, jeder liebt das Event. Und am Eingang des VIP- und Pressebereiches trifft man stets Ordningsvakt Johnny, den ich schon Tage zuvor in Malmö beim BÖC-Konzert begrüßen konnte. Sogar er als hauptamtliche Sicherheitskraft legt immer eine Lockerheit an den Tag. Weil durch diese Nähe ein Respekt gewachsen ist, läuft das SwedenRock auch jedes Jahr so reibungslos, ihr seid die Besten!